Den Namen Santhera kennen höchstens ein paar Brancheninsider. Kein Wunder, denn die Basler Biotechfirma ist erst knapp zwei Jahre alt. Sie forscht nach Medikamenten gegen seltene Muskelerkrankungen, will einen alten Wirkstoff neu lancieren und erwartet frühestens in vier Jahren schwarze Zahlen.
Ganz anders die Firma Meyer Burger. Sie ist rentabel, wächst schnell und profitiert speziell vom Boom in der Solarindustrie. Trotz ihrer über 50-jährigen Geschichte sind aber auch die Thuner nur den absoluten Spezialisten ein Begriff. «In der Schweiz kennt uns niemand, aber in China sind wir auch in entlegenen Regionen schon länger im Geschäft», erklärt Peter Pauli, CEO des Schneidespezialisten Meyer Burger, an der ersten grösseren Präsentation an der Schweizer Börse SWX.
Beide Kleinfirmen sind daran, Geld von den Anlegern einzusammeln. Angesichts der internationalen Dimensionen bei Börsengängen geht es dabei aber um Peanuts. Rund 100 Millionen Franken will Santhera aufnehmen, Meyer Burger hat erst ihre Absicht des Börsengangs kundgetan. In den nächsten Wochen soll die Preisspanne festgelegt werden. Trotz stark wachsender Nachfrage nach hochpräzisen Sägen für die Herstellung von Solarzellen ist die Traditionsfirma mit knapp 60 Millionen Umsatz sehr klein. «Viele Investoren können wohl gar nicht einsteigen, weil ihre Vorgaben dies nicht erlauben», sagt ein Asset Manager einer Genfer Privatbank.
Bei anderen Börsengängen rennen die Investoren der schieren Grösse nach. Die chinesische Geschäftsbank ICBC erhielt aus dem IPO über 22 Milliarden US-Dollar, aus der ganzen Welt seien Bestellungen im Umfang von 400 Milliarden Dollar eingegangen. «Wenn die Leute so Schlange stehen, um zu zeichnen, ist das sicher nichts für uns», sagt ein Schweizer Value Investor. Hierzulande stehen weder die Investoren noch die Firmen Schlange, um an die Öffentlichkeit zu treten, und wenn, dann bekommt die Schweizer Börse meist nur Brosamen.
Ein grosser Brocken wird nach Redaktionsschluss offiziell angekündigt: Die holländische Raffinerie Petroplus bereitet ihren Börsengang in der Schweiz vor. Mit 10 Milliarden Umsatz und dem lukrativen Business wird der Börsengang bei einem moderaten Preis «ein Muss für Profis», wie ein Fondsmanager meint.
Die bisher servierten kleinen Brocken sind aber immerhin leicht verdaulich. Dies zeigt die Übersicht über die vergangenen drei Jahre (siehe Tabelle). Die allermeisten Publikumsöffnungen waren für die Anleger erfolgreich. Nur gerade bei zwei Aktien, Esmartec und New Value, liegen die Kurse heute tiefer als am Ende des ersten Handelstages. Alle anderen Frischlinge brachten den Investoren Kursgewinne, auch wenn diese nicht bei der Zuteilung zum Zug kamen, sondern zum ersten offiziellen Schlusskurs einkauften.
Die grössten Kursavancen erzielten die Anleger mit dem Initial Public Offering von Chiphersteller Austriamicrosystems. Aber auch bei den Biotechfirmen Basilea und Arpida hat sich der Einsatz mehr als verdoppelt. Logischerweise profitieren die Neulinge von der guten Stimmung an den weltweiten Aktienmärkten. Das Geld sitzt locker, und je höher die Börse klettert, desto grösser wird die Verlockung, noch schnell auf den fahrenden Zug aufzuspringen, sprich, die eigenen Anteile zu versilbern.
Bei der grössten Publikumsöffnung dieses Jahres nahm die Zuger Partners Group keinen einzigen Franken zusätzliches Kapital auf. Trotzdem fanden die Aktien reissenden Absatz. Nach zwischenzeitlicher Schwäche notieren die Papiere gut 40 Prozent über dem Preis des ersten Handelstages im März. Den Private-Equity-Spezialisten blieb fast nur der Weg über den Aktienmarkt, um ihre erfolgreiche Aufbauarbeit in bare Münze umzusetzen.
Viele andere Unternehmen planen erst einen Börsengang, nur um dann doch lieber und vor allem einfacher von einem Private-Equity-Spezialisten oder einem anderen Einzelinvestor übernommen zu werden. Gleich mehrere grosse Firmen flirteten in den vergangenen Monaten heftig mit einem Börsengang, liessen sich dann aber doch nicht mit dem Publikum und den kritischen Analysten ein. Spektakulär waren etwa die «Last Minute»-Übernahme von Kabelnetzbetreiber Cablecom, der Verkauf von SR Technics nach Saudi-Arabien oder der lange hinausgezögerte Verkauf der «Winterthur» an die Axa.
Bei einem Börsengang ist das Risiko für beide Seiten grösser. Der Verkäufer weiss nicht, wie viel er erhält, und die Käufer kennen die Firma nur oberflächlich. Wer eine Firma ganz übernimmt, schaut gewöhnlich genau hin. Das kostet viel und lohnt sich für grosse Private Equity Funds eigentlich nur bei grossen Deals. Allein 2006 hat die Branche laut Thomson Financial bereits mehr als 420 Milliarden US-Dollar für Firmenkäufe ausgegeben. Im ganzen Vorjahr waren es «bloss» 253 Milliarden Dollar.
Gerade die Private Equity Funds verfügen über scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten, dies dank günstigen Krediten und vollen Kassen bei den übernommenen Firmen. Besonders dreist ist der Umweg des Autoverleihers Hertz. Vor wenigen Monaten von drei Private-Equity-Gesellschaften gekauft, soll die Firma nun offenbar wieder an die Börse gebracht werden. Zuvor wurde eine Sonderdividende von einer Milliarde Dollar ausgeschüttet, und auch der Erlös aus dem IPO fliesst an die Private-Equity-Gesellschaften. Läuft der Deal wie geplant, dürften die Investoren eine Rendite von über 60 Prozent einstreichen, und dies in weniger als einem Jahr.