Am Fusse des Rothorns entsteht Grosses. Die Lenzerheide wird um einen Dorfteil reicher. Fast 100 Wohnungen in Chalets warten ab dem Winter auf Gäste. Die Appartements sind luxuriös – mit Privatsauna, grosser Küche und Cheminée. Zu kaufen gibt es sie nicht. Gut betuchte Mieter sollen in der Privà Alpine Lodge jede Woche aufs Neue für warme Betten sorgen. Das Resort bietet vom Hallenbad über Restaurant und Shop bis zum Kinderklub eine komplette Infrastruktur. «Das Konzept überzeugt», sagt Jürg Schmid. Für den Direktor von Schweiz Tourismus ist klar: «Solch innovativen Hotelprojekten gehört die Zukunft.»

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Im Schatten der Grossen stehen kleinere Hotels und Pensionen. «Pöstli», «La Palanca», «Rätia» oder das Hotel Sporz Davains – eins nach dem anderen musste in der Lenzerheide in den letzten Jahren den Betrieb einstellen. Der Strukturwandel im Bündner Ferienort spiegelt einen gesamtschweizerischen Trend: Während die Grossen zulegen, verschwinden Familienbetriebe und kleine Kurhäuser. Zählte das Bundesamt für Statistik 2007 noch 1974 geöffnete Hotels mit bis zu 20 Betten, waren es fünf Jahre später über 200 weniger. Dabei blieb die Zahl der Hotelbetten landesweit ungefähr konstant.

Schuld am Hotelsterben sind nicht allein die schwächelnde Wirtschaft und der starke Franken, der dem Schweizer Tourismus zuletzt generell arg zu schaffen machte. Viele kleine Hotels haben es verpasst, sich zu erneuern. «Sie haben zu lange von ihrer Substanz gelebt», weiss Tourismus- Direktor Schmid. Statt sich auf eine Gästegruppe zu fokussieren und das Angebot darauf auszurichten, verkaufte der Hotelbesitzer die Wiese vor dem Haus und liess darauf Ferienwohnungen bauen. Mit den Erträgen finanzierte er den defizitären Gastbetrieb quer. «In solchen Hotels hängen noch Plastikvorhänge», sagt Schmid. «Der Marktaustritt ist der letzte Schritt.»

Zu viele Einzelkämpfer
Oft sind solche Hoteliers auch Einzelkämpfer. Sie arbeiten zu wenig mit anderen zusammen und profitieren damit auch nicht von Mengenrabatten beim Einkauf. «Die Hoteliers müssen innerhalb der Destination verstärkt zusammenarbeiten», sagt Hotelleriesuisse-Präsident Guglielmo Brentel. Eine kleine Pension hat Mühe, sich global zu vermarkten. Neue Märkte lassen sich im Pool besser erschliessen.

Doch auch kleine Betriebe, die sich klar positioniert haben, müssen kämpfen. Jedes Spielzimmer und jeder Veloraum wird für sie zum Kraftakt. Die Gäste erwarten aber immer mehr Extras und so werden die Anforderungen an Service, technische Ausstattung und Design laut dem Hotelsanierer Peter Bierwirth für kleine, oft familiär geprägte Betriebe zunehmend zum Handicap: «Sie bekommen die gestiegenen Erwartungen und die Preisvorstellungen der Gäste kaum unter einen Hut.»

Wer heute Ferien plant, vergleicht zuerst die Angebote im Internet. Das Tessin konkurrenziert dabei mit Mallorca. Billigflüge weiten den Reiseradius aus. «Durch das Internet gibt es eine Transparenz von Preis und Leistungen», sagt Bierwirth.

Das bedeute für kleine Hotels noch mehr Aufwand für Vertrieb und Verwaltung, was oft selbst durch die Freiwilligenarbeit der Familie kaum mehr aufzufangen sei. Marketing, Controlling und Mitarbeiterführung sind aber das A und O für einen erfolgreichen Hotelbetrieb: «Die drei Dinge müssen stimmen», sagt Bierwirth. Doch das beste Management nützt wenig, wenn der Ferienort schläft. «Die Attraktivität einer Region ist für das Hotel ein entscheidender Erfolgsfaktor», sagt Gastrosuisse- Präsident Klaus Künzli. Ein kleiner Betrieb kann diese kaum beeinflussen. In der Lenzerheide geben sich die Tourismusmanager Mühe, für alle Anbieter da zu sein. «Eine gute Mischung von grossen Resorts und Nischenanbietern macht eine Destination interessant», so Bruno Fläcklin. Grösser ist für den Chef von Lenzerheide Marketing und Support nicht zwingend besser. Auch bei Grossanlagen mit über 400 Betten gebe es Risiken, so Fläcklin. Die Privà Alpine Lodge wird alles daransetzen, zu den Gewinnern zu gehören.

Trends im Tourismus: Wo Schweizer Hotels investieren

Gesundheit
Einst war die Schweiz eine grosse Kurdestination. Heute macht die hiesige Luxushotellerie Medical Wellness zum Trend. Immer mehr Betriebe bieten ihren Gästen neben erstklassigem Hotelservice ein Top-Wellnessund -Fitness-Angebot. Die Besucher können auch medizinische Check-ups machen oder einen Termin beim Ernährungsberater buchen. Über die Organisation Swiss Health werben diverse Hotels und Spitäler auch um Gäste aus dem Ausland – etwa den Golfstaaten.

Familien
Jede zweite BergsommerÜbernachtung entfällt auf Familien. Damit sind sie die wichtigste Gästegruppe im alpinen Sommertourismus. Die Familien machen nicht nur drei Viertel aller Stammgäste aus. Oft verfügen sie auch über ein stolzes Budget. Jeder siebte Familiengast gibt laut Schweiz Tourismus 250 Franken oder mehr pro Tag aus. Kein Wunder, haben zwei Drittel der familienfreundlichen Hotels in der Schweiz vier oder fünf Sterne. Die Hotellerie weiss: Wer in Familien investiert, investiert in die Zukunft.

Neue Gäste
Die anhaltende Euro-Krise und der starke Franken halten die wichtigen Touristen aus Deutschland und Holland von Ferien in der Schweiz ab. Die Branche setzt daher vermehrt auf neue Märkte wie die Golfstaaten, Indien oder China. Mit Erfolg: Nie besuchten mehr Chinesen die Schweiz. Im ersten Halbjahr 2013 verzeichnete die Volksrepublik mit einem Plus von 22 Prozent bei den Logiernächten das stärkste Wachstum. Total wurden letztes Jahr 835000 Übernachtungen aus China registriert. In zehn Jahren sollen es 2 Millionen sein. Städte Zürich und Genf sind nicht nur zum Wohnen für viele Menschen erste Wahl. Auch auf Touristen wirken die beiden Städte wie Magnete. Während die Bergregionen wegen der Euro-Krise herbe Einbussen hinnehmen mussten, schlagen sich die Städte wacker. So vermeldete Zürich und Umgebung für das erste Halbjahr 2013 mit 92 000 zusätzlichen Logiernächten das stärkste Wachstum aller Schweizer Tourismusregionen – gefolgt vom Genferseegebiet.

Seminare
Fast jede fünfte Übernachtung verdanken die Schweizer Hotels Seminargästen. In den grossen Städten ist laut Schweiz Tourismus gar rund jede dritte Nacht auf ein Meeting oder einen Kongress zurückzuführen. So überrascht es denn auch nicht, dass sich im urbanen Raum besonders viele Anbieter auf Geschäftsreisende spezialisiert haben und grosszügige Konferenzräume mit perfekter Ausstattung präsentieren. Insgesamt generierte der Seminarsektor im Jahr 2011 laut dem Meetings-Report Schweiz rund 2,2 Milliarden Franken Umsatz.