Die Schweiz ist ein vielversprechender Musikmarkt: Weltweit wird nur in 17 anderen Ländern mehr Geld für Musik ausgegeben als hier. Doch der grösste Streaminganbieter Spotify vernachlässigt Schweizer Musiker. «Weil Spotify den Markt komplett ignoriert, haben wir Mühe, neue Künstler zu etablieren», sagt Roman Camenzind, CEO der Zürcher Musikproduktionsfirma Hitmill. Auch wenn die Spotify-Einnahmen der Künstler bescheiden bleiben, spielt das Portal für sie als Marketingkanal mit 100 Millionen regelmässigen Nutzern eine zentrale Rolle.
Seit einiger Zeit versucht IFPI Schweiz, der Verband der Schweizer Musiklabels, Spotify davon zu überzeugen, das heimische Musikschaffen auf der Startseite und in den beliebten Playlists besser abzubilden. «Kürzlich wurden uns deutliche Verbesserungen in Aussicht gestellt, und wir rechnen damit, dass sich noch dieses Jahr etwas tun wird», sagt IFPI-Geschäftsführer Lorenz Haas zu «Bilanz».
Keine eigenen Angestellten für die Schweiz
Spotify fördert bislang nur die global grössten Märkte. Vier Personen sind zum Beispiel für Deutschland zuständig. Sie stellen Playlists mit deutschen Künstlern zusammen. Für die Schweiz sind keine eigenen Angestellten tätig. Die IFPI-Mitglieder erhoffen sich aber genau das. Sollte sich Spotify tatsächlich umentscheiden, könnte das Repertoire an Schweizer Musik auf dem Streamingportal wachsen.
Noch boykottieren viele Mundartkünstler Spotify, darunter Züri West, Polo Hofer oder Gölä. Ganz anders DJs im Bereich der Electronic Dance Music (EDM). Schweizer Vertreter wie DJ Antoine, Remady oder Nora En Pure, tauchen in Playlists auf, erreichen auf Spotify bis zu einer Million Zuhörer pro Monat und können mit der internationalen Konkurrenz mithalten.
Zwei Milliarden Euro Umsatz
Nur die ganz grossen Stars generieren auf Spotify anständige Einnahmen, die mit früheren CD-Verkäufen vergleichbar sind. Sie werden auf den beliebten Playlists am stärksten gepusht. Das schwedische Unternehmen macht zwei Milliarden Euro Umsatz, schreibt aber Jahr für Jahr rote Zahlen. Die Konkurrenz, etwa Google Play und Amazon, muss sich beim Marktanteil mit Brosamen abgeben. Die Nummer zwei ist Apple Music. Dort beschäftigt sich immerhin eine Person mit Schweizer Playlists. Deren Anzahl ist aber überschaubar.
Lesen Sie in der runderneuerten «Bilanz»: Noch nie waren Schweizer Künstler erfolgreicher. Noch nie ware es für sie schwieriger, Geld zu verdienen. Jetzt erfindet sich die Branche neu. Ab Freitag - im aufgefrischten Design, mit neuen Rubriken und erneuerter Blattstruktur - am Kiosk oder mit Abo jeweils bequem im Briefkasten.