Die Aktienbörsen befinden sich im Jammertal. Auch hier zu Lande haben panikartige Verkaufswellen die Kurse auf Niveaus gedrückt, die seit langem nicht mehr erreicht wurden. Eine Anlagekategorie ist dabei besonders unter die Räder gekommen, nämlich die der klein- und mittelgrosskapitalisierten Werte. Bieten sich nun neue Einstiegsmöglichkeiten an? Ist die Zeit gekommen, sich wieder den Aktien im Allgemeinen und den Nebenwerten im Speziellen zuzuwenden?
Die künftige Börsenentwicklung dürfte weiterhin von Unsicherheit geprägt sein. Die Aktienbewertungen haben sich zwar normalisiert, von einer eigentlichen Bewertungsuntertreibung kann jedoch noch nicht gesprochen werden. Ausgewählte Schweizer Titel aus dem Bereich der Small und Mid Caps bieten aber auch in stürmischen Zeiten attraktive Investitionsmöglichkeiten.
GROSSE AUSWAHL
Beim SPI decken die 17 Large Caps gegenwärtig 87% des gesamten Indexgewichtes ab. Somit fallen auf die verbleibenden 230 Titel nur gerade 13% der gesamten Marktkapitalisierung der SWX Schweizer Börse von derzeit rund 650 Mrd Fr. Während die Auswahl bei den Blue Chips auf wenige Titel aus den Sektoren Pharma, Nahrungsmittel und Finanzen beschränkt ist, bietet der Bereich der Small und Mid Caps doch eine ansehnliche Vielfalt. Das Universum reicht von defensiven Werten aus den Sektoren Immobilien, Kantonal- und Regionalbanken bis hin zu Kraftwerken, während die Branchen Technologie- oder Medizinaltechnik das eher risikoreiche Wachstumssegment abdecken. Die Nebenwerte sind in der Regel deutlich zyklischer ausgerichtet. So haben Maschinen- oder Chemiewerte ein viel höheres Gewicht, während defensive Sektoren wie Pharma oder Nahrungsmittel nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Eine Studie über US-Aktien zeigt, dass die Jahresrendite von Small Caps in den letzten 75 Jahren durchschnittlich um fast 2% über jener der Blue Chips lag. Für Investitionen in Small Caps verlangen die Investoren eine erhöhte Risikoprämie. Die Gesellschaften sind fokussierter, im Extremfall auf ein Produkt ausgerichtet. Dies erhöht die Geschäftsrisiken. Während Blue Chips jederzeit problemlos gekauft oder verkauft werden können, muss die geringere Handelbarkeit der Small Caps über eine Liquiditätsprämie abgegolten werden.
Für die Small Caps schlägt allerdings positiv zu Buche, dass ihre Geschäftstätigkeit klarer abgegrenzt und für den Anleger leichter zu verstehen ist, sei es bezüglich der Produktepalette oder der Märkte. Bilanz und Erfolgsrechnung sind einfacher zu lesen, die Geschäftsberichte enthalten in der Regel keine überlangen Anhänge, die beim Anleger ein mulmiges Gefühl hinterlassen könnten. Die kleine Grösse erlaubt es einem Unternehmen, dank kürzeren Entscheidungswegen rascher auf Marktveränderungen zu reagieren. Viele kleine Firmen sind zudem in einer Nische tätig, wo sich längerfristig höhere Umsatzwachstumsraten erzielen lassen. Zudem sind Small und Mid Caps «underresearched». Analyseabteilungen konzentrieren sich auf Blue Chips, während exzellente Kleinunternehmen vom Markt gar nicht wahrgenommen werden.
Interessanterweise bestätigte sich die für die USA gültige Regel für die Risikoprämie in der Schweiz nicht. Der SPI-Index für Small und Mid Caps zeigt in den letzten zehn Jahren eine deutliche Unterperformance zum Gesamt-SPI. Der Hauptgrund liegt bei den Schwergewichten Nestlé und Novartis, die rund 40% des Indexes abdecken. Sie gehörten zu den konstanten Outperformern. Dies änderte sich auch im laufenden Jahr nicht. Die Performance des Small- und Mid-Cap-Indexes lag per Ende Oktober mit minus 26% rund drei Prozentpunkte unter derjenigen des umfassenden SPI.
Zu den grössten Verlierern an der Schweizer Börse gehörten in den letzten Monaten die hauptsächlich im Small- und Mid-Cap-Bereich angesiedelten Wachstumswerte aus den Sektoren Technologie und Medizinaltechnik. Sie konnten die ursprünglich hohen Erwartungen nicht mehr erfüllen und litten deshalb unter einem grossen Vertrauensverlust. Prominenteste Opfer sind Titel wie Card Guard oder Kudelski. Einige defensive Werte konnten aber auch in diesem garstigen Börsenumfeld Kursfortschritte verzeichnen. So legten die Aktien von Bell, Siegfried und der Luzerner Regiobank rund 20% zu.
Titel von Schweizer Unternehmen mit kleiner und mittlerer Börsenkapitalisierung sind in der Regel tiefer bewertet als Blue Chips. Die Grösse des Abschlages schwankt jedoch deutlich. Swissca achtet daher in ihrem Portfoliomanagement besonders auf das Preis-/Buchwert-Verhältnis einer Aktie, da der Buchwert im langjährigen Vergleich geringere Schwankungen aufweist als beispielsweise der Reingewinn. Der Buch- oder Substanzwert eines Titels bezeichnet das ausgewiesene Eigenkapital geteilt durch die Anzahl ausgegebener Aktien. Der Schweizer Aktienmarkt weist gegenwärtig ein durchschnittliches Preis-Buchwert-Verhältnis von 2,2 auf. Füllt man einen «Korb» mit allen kleinen und mittleren Unternehmungen, bis sie 10% der gesamten Marktkapitalisierung auf sich vereinen, so ergibt sich ein Preis-Buchwert-Verhältnis von lediglich 1,3. Dieses liegt weit unter dem Gesamtdurchschnitt und unter dem durchschnittlichen Wert für den 90%-Korb mit den grösseren und grossen Unternehmen.
Small und Mid Caps sind zwar in den letzten Monaten relativ billig geworden. Das relative Preis-Buchwert-Verhältnis bewegt sich aber erst etwa im Schnitt der letzten zehn Jahre. Anfang der 90er Jahre war es deutlich höher, ab 1996 meistens tiefer.
SUBSTANZPERLEN
Das heutige Umfeld ist für Höhenflüge der Small und Mid Caps zwar nicht geeignet. Sollten sich jedoch die ersten Anzeichen einer wirtschaftlichen Belebung abzeichnen, so dürften die konjunktursensitiven Small Caps deutlich besser als die Blue Chips abschneiden. Dieses Phänomen konnte bereits in früheren Aufschwungphasen beobachtet werden. Es erstaunt nicht, dass zu Beginn des laufenden Jahres, als man allgemein noch von einer Wirtschaftserholung im zweiten Halbjahr ausging, die Small und Mid Caps eine deutlich bessere Performance verzeichneten. In der Zwischenzeit musste der wirtschaftliche Aufschwung verschoben werden; entsprechend kamen auch die Small und Mid Caps stärker unter Druck.
Nach den Übertreibungen der vergangenen Jahre mit vermeintlichen Wachstumswerten werden Aktienanlagen wieder nüchterner analysiert. Buchwerte, Dividenden und Verschuldungskennzahlen geniessen wieder einen höheren Stellenwert. Die Swissca setzt im Schweizer Aktienmarkt auf Substanzwerte. Diese sind vor allem unter den Small und Mid Caps zu finden. Hinter Kurs-Gewinn-Verhältnissen von unter 10 für das laufende Jahr oder Preis- Buchwert-Verhältnissen von rund 1 können sich Substanzperlen verstecken. Beläuft sich die (gesicherte) Dividendenrendite zudem auf über 3%, lässt es sich mit einer solchen Investition umso besser schlafen. Gerade in unsicheren Börsenzeiten steht eine regelmässig hohe Dividendenrendite wieder vermehrt im Vordergrund. Sie schützt vor grösseren Kursrückschlägen und zeigt in der Regel, dass das Unternehmen ausreichend Gewinne erwirtschaftet. Weist das Unternehmen in diesem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld ein ansprechendes Gewinnwachstum aus und kann erst noch eine solide Bilanz vorweisen, umso besser.
Wo finden sich Aktien, die diese Voraussetzungen erfüllen? Unter diese Kategorie fallen zum Beispiel diejenigen Kantonalbanken, welche keine Altlasten mehr zu bewältigen haben, wie zum Beispiel die Berner, Luzerner oder St. Galler Kantonalbank. Zu den defensiven Anlagen aus den Bereichen Nahrungsmittel und Detailhandel gehören Titel wie Barry Callebaut, Bell und Valora. Sie erfüllen die Anforderung bezüglich Substanz. Ebenfalls eine tiefe Bewertung weisen Titel wie Gurit, Sika und Forbo auf. Diese chemie- und baunahen Werte bergen allerdings wegen der zyklischen Komponenten ein leicht höheres Risiko in sich. Geringer ist das Kursrisiko bei den Immobilienaktien. Hier bevorzugt Swissca PSP und Swiss Prime Site.
Peter Gachnang ist Portfoliomanager, Swissca Small and Mid Caps Switzerland, Zürich.