Der kolumbianische Goldlieferant C. I. J. Gutiérrez soll laut der örtlichen Staatsanwaltschaft Geld aus dem Drogenhandel gewaschen und illegale, bewaffnete Gruppierungen finanziert haben. Manager wurden verhaftet, Gold beschlagnahmt. Mitten im Schlamassel befindet sich ein Schweizer Unternehmen.
Argor-Heraeus, eine der grossen Goldraffinerien aus dem Tessin, soll von dem Goldlieferanten zwischen 2009 und 2018 jährlich fünf bis neun Tonnen Gold bezogen haben. Argor-Haereus sieht sich als Opfer. Laut dem Unternehmen fanden umfassende Prüfungen und Gespräche mit der Zentralbank von Kolumbien und anderen lokalen Behörden statt.
Zugang zum internationalen Finanzmarkt
Der Skandal ist kein Einzelfall. Immer wieder machen sich Schweizer Raffinerien in dem zuweilen recht dreckigen Goldgeschäft ihre weisse Weste ungewollt schmutzig. Die vier grossen Giessereien Argor-Heraeus, Metalor, Valcambi und Pamp spielen im globalen Goldgeschäft eine entscheidende Rolle. Sie schmelzen rund 70 Prozent des weltweit geschürften Goldes, als Rohprodukt Doré genannt, ein, bringen es auf den Reinheitsgrad und giessen es in Barren. Durch den Prozess wird das Gold nicht nur hochwertiger, sondern erhält auch Zugang zum internationalen Finanzmarkt.
Glänzt das Siegel der Schweizer Scheideanstalt vom Barren, ist das Gold selbst für Investoren, die sich ihrer guten Unternehmensführung rühmen, handelbar. Für die meisten Anleger spielt dann die Vorgeschichte, die mitunter menschliches Leid und häufig blei- oder cyanitverseuchte Landschaften umfasst, keine Rolle mehr. Als Qualitätssiegel ist die Schweizer Provenienz begehrt. Nicht zufällig wird illegales Gold mit gefälschtem Schweizer Siegel in Umlauf gebracht.
«Selbstregulierung funktioniert nicht»
Selbst der Bundesrat schloss im Goldbericht von 2018 nicht aus, «dass menschenrechtswidrig produziertes Gold in die Schweiz gelangt». Dennoch darf sich die Branche selbst regulieren. Der Erfolg ist umstritten.
«Die Selbstregulierung funktioniert nicht, weil sie nur zum nächsten Lieferanten zurückgeht und nicht zur Quelle. Zudem ist das Geldwäschegesetz für Material mit einem Reinheitsgrad von weniger als 995 nicht anwendbar», sagt Mark Pieth. Er ist Professor für Strafrecht an der Uni Basel und Antikorruptionsexperte. Im Juni kam sein Buch «Goldwäsche» auf den Markt.
Es fragt sich, warum die Schweiz für die hier ansässigen Raffinerien, die lediglich KMUs sind, Imageschäden in Kauf nimmt. Laut Pieth hat dies mit der Bedeutung des Bankensektors und der Rohstoffbranche zu tun: «Ich glaube, man schützt die Industrie, weil man Angst vor den NGOs hat. Das Thema Gold wäre nur der Anfang. Rufe nach stärkeren Regulierungen für Rohstoffhändler wie Glencore würden folgen.»
«Raffinerien kommen viel zu gut weg»
Sich auf die Prüfgesellschaften zu verlassen, macht laut Pieth wenig Sinn. «Die Prüfer gehen zu wenig in die Tiefe und nehmen Schattenprüfungen vor. Die Raffinerien kommen viel zu gut weg.»
Die Schweizer Raffinerien haben laut Pieth Angst vor Skandalen. Weil die Goldproduktion oft dreckig ist, lassen sich diese jedoch schwer vermeiden. Auch können die Firmen nicht allzu wählerisch sein. Jährlich werden bis zu 4000 Tonnen Gold aus dem Boden geholt. Alleine die Schweizer Raffinerien könnten 20 000 Tonnen verarbeiten. Der Konkurrenzkampf in der Branche ist entsprechend hart.
Dieser Artikel erschien in der Oktober-Ausgabe 10/2019 der BILANZ.