Nestlé-Chef Paul Bulcke wird vor ein hingepinseltes Alpenpanorama platziert. Credit-Suisse-Lenker Brady Dougan müsste dringend seinen Anzug glattstreichen, und Patrick De Maeseneire von Adecco verschiesst im Interview seine Erfolgsmeldungen hektisch wie ein Maschinengewehr – den Kopf von Bildrand und Textleiste eingeklemmt, im Hintergrund eine hässliche Holzwand. Zusehen ist in diesem Fall keine reine Freude.
Wenn Konzernleiter eine Botschaft haben, «denken sie oft ausschliesslich an den Inhalt», kritisiert Susanne Müller-Zantop, Gründerin der Zürcher Firma CEO Positions. Sie hat für BILANZ die Schweizer Konzernchefs unter die Lupe genommen. Seit Jahren screent sie regelmässig die Video-Auftritte der 100 grössten Konzerne Europas. Die Präsentationen der Schweizer Chefs bewertet sie erstens optisch, also ob ein CEO glaubwürdig, authentisch und souverän wirkt, sowie zweitens inhaltlich: Wie klar und wie verständlich ist die Botschaft? Einen Zusatzpunkt gibt es für Firmen, die auf ihrer Website ein Video für Interessenten aufgeschaltet haben.
Ganz vorne liegt Swatch-Vormann Nick Hayek; er agiert völlig unverstellt und ist einer, dem man gern zuhört. Novartis-Boss Joe Jimenez punktet mit perfekter Präsentation, ABB-Chef Joe Hogan ist lebhaft und sympathisch. Vertreter der Finanzbranche landen im Mittelfeld, und die hinten Platzierten, vor allem SGS-Lenker Chris Kirk und Actelion-Chef Jean-Paul Clozel, sind offensichtlich mit der Interview-Situation überfordert.
In Zeiten des Vormarschs visueller Medien und ständiger TV-Interviews kommt es immer mehr auf den Auftritt und weniger den Inhalt an: Studien zur Wahrnehmung besagen, dass die Wirkung eines Menschen zum grössten Teil vom Klang der Stimme und vom optischen Eindruck abhängt. Wer hier Fehler macht, läuft Gefahr: «Wenn solche Videos einmal online sind, vagabundieren sie für die Ewigkeit durchs Netz», sagt Müller-Zantop.
Bei einem TV-Kurzinterview hat man zwar nicht so viele Einflussmöglichkeiten wie bei der Produktion eines Imagefilms für die eigene Website. Aber seine optische Wirkung und Schokoladenseite zu kennen, sie gezielt einzusetzen und auf einen vorteilhaften Hintergrund zu achten – das «muss ein CEO heute können», sagt die Beraterin, er dürfe sich nicht auf den Interviewer oder auf Mitarbeiter verlassen.
Von Müller-Zantop stammen die folgenden Einzelkommentare; Internetlinks zu den Videos der Konzernchefs finden Sie unter TV-Test: Das Ranking (PDF)