Was das Wetter betrifft, kann die Schweiz mit Schottland mithalten: Tiefe Wolkenbänke ziehen sich den Hängen des «Üetli Hill» entlang, «Loch Zurich» ist in der Dämmerung kaum zu sehen. Stapft da vorne ein gälischer Recke mit seinem Zweihänder über die Strasse? Ist die weisse Gestalt, die dort durchs Gebüsch geistert, nicht Lady Macbeth? Die Scheibenwischer haben viel zu tun. Eine gute Einstimmung auf eine Degustation der besonderen Art.

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Eingeladen hatte das Schweizer Schnaps-Forum, eine «Geniessergruppe mit dem Ziel, die Qualität einheimischer Destillate zu fördern und deren Stellenwert zu erhöhen», wie es in den Statuten heisst. Bei René Zimmermann im Zunfthaus am Neumarkt stehen Schweizer Brände an, die in Holz ausgebaut worden sind, darunter auch Getreidedestillate.

Schweizer Korn, Schweizer Whisky gar seit wann gibts denn so was? «Früher genossen die Schweizer Brennereien faktisch eine Art Heimatschutz», erklärt Peter Dürr von der Forschungsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau Wädenswil, ein Praktiker, der selber schon alle Getreidearten gebrannt hat, die in der Schweiz angebaut werden. «Importierte Spirituosen wurden stärker besteuert als einheimische. Gemäss dem Gatt-Abkommen gilt in der Schweiz jetzt aber für alle Spirituosen ein und derselbe Steuersatz von 29%. Im Gegenzug ist es den Schweizer Gewerbebrennern seit dem 1. Juli 1999 erlaubt, Getreide zu verarbeiten. Damit ein Kornbrand sich Whisky nennen darf, muss er aber gemäss Lebensmittelverordnung mindestens drei Jahre im Holzfass gelegen haben.»

Ernst Bader war der Erste

Der schnellste Schweizer Brenner war Ernst Bader vom Holle-Hof, einem mit der grünen Knospe zertifizierten Biobetrieb in Lauwil im Süden des Kantons Baselland. Schon im Sommer 1999 brannte er gemälztes Getreide und kam im Juli 2002 mit seinem «Holle Single Malt» heraus. Die Innerschweizer Edi Bieri und Toni Z'Graggen fanden drei Jahre Lagerung in der Barrique für ihren Malzbrand zu viel, ihre Destillate sehen das kleine Eichenholzfässchen nur ein bis zwei Jahre von innen. Dementsprechend dürfen sie sich auch nicht Whisky nennen. «Ursprünglich wollten wir unsere Brände taufen, stiessen damit aber bei den Behörden auf taube Ohren», erzählt Edi Bieri. «Mit der Schreibung kamen wir dann durch, diesen Namen konnten wir auch schützen lassen. Ende August 2003 haben wir bei Claudio Bernasconi im Hotel Waldhaus in St. Moritz in einem Schau-Brennen auf 1800 m ü. M. gezeigt, wie der entsteht. Ein würdiger Rahmen, schliesslich darf sich dieses beste Dreisternehaus der Schweiz mit einer Bar von über tausend Bränden und damit der grössten Whiskysammlung weltweit rühmen.»

Single Malt aus Port bei Biel

Heinz Zürcher aus der Berner Seelandgemeinde mit dem schönen Namen Port bei Biel hat sich nicht etwa ein gebrauchtes Portweinfass, sondern eine dreijährige Sherry-Pipe gekauft und am 1. Juli 2000 mit 500 Litern Getreidebrand gefüllt. «Das Malz dazu haben wir von Rugenbräu in Matten bei Interlaken bezogen.» Am 1. Juli dieses Jahres wurde der Brand offiziell zum Whisky, strahlt Zürchers Neffe Daniel, der als gelernter Weinküfer bei Charles Steiner in Schernelz arbeitet und in rund einem Jahr die Brennerei seines Onkels übernehmen wird. Seit Mitte September ist der «Lakeland Single Malt» im Verkauf mit dezenten Aromen von Eiche, einem Hauch Vanille und Sherry. «Wir haben ihn zusammen mit waschechten Schotten blind degustiert, und er fiel überhaupt nicht ab», bestätigt Daniel Zürcher.

Der «Swiss Malt Whisky» von Lorenz Humbel hat stolze 50 Volumenprozent und zwei Jahre in einem ehemaligen Weissweinfass des Fläscher Starwinzers Daniel Gantenbein hinter sich. Die Holznote ist markant stärker kein Wunder: Die Barrique war zuvor lediglich einmal mit Süsswein gefüllt worden. Mit seinen weichen, wuchtigen Karamell- und Butterscotch-Aromen erinnert Humbels Brand eher an einen alten Bourbon, einen Whiskey aus Kentucky oder Tennessee.

Bieris acht Gerstenbrände

Edi Bieri beeindruckt mit einer Batterie von acht verschiedenen Gerstenbränden. Seinem Fass Nr. 2, einer gebrauchten Weissweinbarrique, hat er drei Proben entnommen: Die jüngste ist 6,5 Monate alt, extrem hell und unauffällig. Die zweite Probe hat 15 Barrique-Monate hinter sich, ist von hellstem Goldton und gefällt mit ihrer Wachs- und Holznote. Die dritte Probe war 17 Monate im Fass, schimmert in etwas tieferen Goldtönen und zeigt einen feinen Malzton in der Nase. Das Muster aus Fass Nr. 12 hat 8,5 Monate hinter sich, ist dunkler als alle vorherigen, auch weicher und würde in einer Blindprobe sicher spontan als Whisky identifiziert, ebenso die Probe aus dem Fass Nr. 14, die 8,5 Monate in einer gebrauchten Rotweinbarrique ausgebaut wurde. Sie unterscheidet sich in der Farbe kaum von Nr. 12, ist aber noch etwas weicher. Die Proben aus den Fässern Nr. 6 und 7 sind beide nur 4,5 Monate alt und überraschen mit einer Frucht, die an Williamsbirnen erinnert. Fass Nr. 21 ist aus neuer slowenischer Eiche geküfert, das 4,5 Monate alte Muster daraus erinnert an einen jugendlichen Bourbon.

Käsers Whisky Castle

Ruedi Käser aus Elfingen, an der Destillata 2002 als bester Brenner Europas ausgezeichnet, will im Fricktal eine komplette Whisky-Distillerie mit eigenem Potstill und eigener Mälzerei aufziehen das Whisky Castle. «Wir wollen ganz bewusst eine Boutique-Brennerei aufziehen, es geht uns nicht darum, mit den Giganten in Konkurrenz zu treten», kommentiert Käser. «Die Baueingabe ist gemacht, die Eingabefrist abgelaufen, das Projekt liegt zur Freigabe beim Gemeinderat.» Genussscheine zu je Fr. 500 können bei der Aargauischen Kantonalbank gezeichnet werden.

«Entscheidend für die Aromen ist ausser der Getreidesorte und der Holzart der Prozess des Darrens. Es kann für uns aber nicht darum gehen, hier die Schotten mit importiertem Seetang oder Torf zu kopieren. Ich denke eher daran, mit Buchenholzspänen zu darren. Wir müssen unseren Getreidebränden eine ganz eigene, unverwechselbare Schweizer Identität geben und ein Spitzenprodukt mit hohem Profil und entsprechendem Preis destillieren, bei einer Fassstärke von 53 bis 58 Volumenprozent, wie die . Also ein Nischenprodukt, etwas für echte Fans und Sammler. Eine Weltpremiere wird übrigens unser Whisky-Essig sein, den wir auf dem Whisky-Schiff vorstellen. 250 Flaschen haben wir davon gemacht.»

Wenn Käser seine Vision realisiert, können wir in ein paar Jahren bei genuinem Schweizer Schottenwetter mit einem kongenialen Swiss Seelenwärmer gleichziehen.

Whiskybrenner

Ernst Bader, Brennerei Holle, Lauwil BL, Tel. 061 941 15 41 Brennerei Bauernhof, EdiBieri, Talacher, Baar ZG, Tel. und Fax 041 711 80 70Schaubrennerei Z'Graggen, Tony Z'Graggen, Lauerz SZTel. 041 811 55 22;

Humbel-Spezialitäten-Brennerei Lorenz Humbel, Stetten AG, Tel. 056 496 50 60, www.humbel-brand.ch

Käsers Schloss: Ruedi Käser, Elfingen, Tel. 062 876 17 83, www.kaesers-schloss.ch Heinz Zürcher, Port BETel. 032 331 85 83