Wie lebt eigentlich der CEO einer Grossbank? Sergio Ermotti (64) schildert im Interview mit dem «Migros-Magazin» gleich zu Beginn seinen Tagesablauf. Der UBS-Chef steht um 5.45 Uhr auf, trainiert zweimal pro Woche im Gym und arbeitet zwischen 12 und 14 Stunden. Das soll auch 2025 so weitergehen. Denn obwohl Ermotti im kommenden Jahr 65 wird, denkt er nicht daran, in Rente zu gehen: «Auch wenn ich bereits einiges erreicht habe: Ich muss mich hier erneut beweisen, und es ist eine grosse Verantwortung.»

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Dass er zur UBS zurückgekehrt war, nachdem die Grossbank die Credit Suisse übernommen hatte, sah er als seine Pflicht an. «Und es reizte mich, eines der wichtigsten Kapitel der globalen Finanzindustrie mitzuschreiben», so Ermotti.

UBS-Chef über seinen Mega-Lohn

Kritik musste Ermotti in diesem Jahr vor allem aufgrund seines Mega-Gehalts einstreichen: 14,4 Millionen Franken verdiente der Tessiner im Jahr 2023. «Ermotti hat noch gar nichts erreicht, die Integration ist noch in vollem Gang», sagte etwa Thomas Minder (64), Vater der Abzocker-Initiative und ehemaliger Schaffhauser Ständerat (parteilos). Sogar FDP-Präsident Thierry Burkart (49) teilte auf dem Kurznachrichtendienst X aus und schrieb als Reaktion auf den Ermotti-Lohn: «Die anmassenden Boni-Exzesse einiger Top-Manager zerstören das Vertrauen der Bevölkerung in die Wirtschaft als Ganzes. Gerade bei Banken, deren Geschäftsrisiken faktisch die Bevölkerung trägt, wäre mehr Bescheidenheit angebracht.»

Warum nimmt Ermotti den Imageverlust in Kauf und zahlt sich ein Mega-Salär aus? «Mein erster Monatslohn als Lehrling betrug 350 Franken. Ich kenne den Wert des Geldes und verstehe, dass mein heutiger Lohn vielen nicht normal erscheint», antwortet der UBS-Chef im Interview mit dem «Migros-Magazin». Er gibt zu, sich über die Kontroverse gewundert zu haben: «Manchmal frage ich mich schon, warum hohe Löhne in der Wirtschaft so viel Aufmerksamkeit erhalten, während dieselben Summen in Sport und Entertainment kein Thema sind.»

Muss der Steuerzahler im Krisenfall dran glauben?

Bei der Integration der Credit Suisse sieht sich Ermotti auf gutem Weg. Die grösste Herausforderung sei die IT-Migration. Er betont die Stärke der neuen UBS: «Die Bilanzsumme von UBS und Credit Suisse kombiniert ist heute rund 60 Prozent tiefer als vor der Finanzkrise 2008.» Seine Bank verfüge aktuell über fast 200 Milliarden US-Dollar an Kapital, um allfällige Verluste abzufedern – viermal so viel, wie sie in den Jahren nach der Finanzkrise verloren hatte. Ermotti: «Selbst wenn die UBS ein Problem hätte, wäre es höchst unwahrscheinlich, dass der Steuerzahler einen Franken verlieren würde.»

Kritik aus dem Gewerbe und KMU an einer zu mächtigen UBS weist der Chef zurück: «Es gibt in der Schweiz mehr als 200 inländische und ausländische Banken. Der Wettbewerb spielt.» Ermotti unterstreicht weiter den Beitrag der UBS für die Schweiz, von Arbeitsplätzen bis zu Steuern. Zur Regulierung meint er: «Wir befürworten viele der vorgeschlagenen Massnahmen, aber sie müssen gezielt und verhältnismässig sein.» Eine Überregulierung würde den Finanzplatz schwächen.

Ermotti zeigt sich überzeugt und zuversichtlich am Ende des Jahres – und kann die Ängste vor einem Crash nicht verstehen: «Insgesamt haben die Grossbanken weltweit ihre Lehren gezogen. In Krisen sind sie heute ein Stabilitätsfaktor und nicht ein Problem.»