Rolf Wiengeier, der für den Hotelbereich der Klinik Hirslanden zuständig ist, muss nicht lange überlegen. Im Vorfeld von Weihnachten und Neujahr ist er an Anlässen interessiert, die nicht «more of the same sind», wie er es formuliert. Im Klartext: Ein gutes Essen, kegeln und tanzen sind längst nicht mehr das Nonplusultra von Firmenveranstaltungen. «Wenn wir etwas für unsere Kaderleute, unsere Ärzte und wichtige Gäste tun wollen, möchten wir ihnen etwas Besonderes bieten. Wir laden sie zu einer Vorführung in den Zirkus Conelli auf dem Bauschänzli in Zürich ein. Diese Veranstaltung werden sie in Erinnerung behalten.» Diesen «Erinnerungswert» lässt sich das Unternehmen etwas kosten. Wiengeier rechnet mit Kosten von gut 250 Fr. pro Person. Rund 400 Gäste sind jeweils dabei.
Viel Freizeitarbeit gehört dazu
Wie die Klinik Hirslanden schwört auch die Credit Suisse Group auf Herbi Lips vom Zirkus Conelli. Er begeistert zusammen mit Conny Gasser um die Weihnachtszeit Tausende mit einer Mischung von akrobatischen, zirzensischen und komödiantischen Darbietungen. Eine geschlossene Vorstellung bei Herbi Lips das sind rund 900 Plätze kostet je nach Wochentag und Tageszeit zwischen 15000 und 45000 Fr. Für eine geschlossene Galavorstellung mit 500 Personen muss ein Gastgeber etwa 100000 Fr. auslegen. «Wenn ich ein spezielles Fest planen muss», sagt Wiengeier, «fahre ich zu Herbi Lips, und in einer Viertelstunde ist der ganze Anlass organisiert.»
Aus Lips Buchhaltung geht hervor, dass die Ausgaben für die Saison 2003/04 3,88 Mio Fr. und die Einnahmen 4,28 Mio Fr. ausmachen. Wobei er viel Freizeitarbeit nicht berechnet. «Die Begeisterung der Gäste ist ein Mehraufwand wert», findet er.
Auch die Elektrizitätswerke (EWZ) Zürich setzen auf eine Weihnachtsshow: Die Vorstellung «Himmel auf Erden» in der Radrennhalle Zürich Oerlikon begeistere Kundinnen und Kunden mehr als irgendeine herkömmliche Veranstaltung, sagt Pressesprecher Harry Graf.
Essen in einem Spiegelzelt
Coop ist zum dritten Mal Hauptsponsor der 4,8 Mio Fr. teuren Show. «Es gibt Parallelen zu Coop bei dieser Weihnachtsshow. Sie steht für Lebensfreude, Dynamik und Frische, sagt Christopher Hug, Sprecher von Coop Region Zentralschweiz-Zürich. Die Organisatoren der Show liessen sich vieles einfallen, um ein spezielles Ambiente zu erzeugen: So zum Beispiel essen die Gäste in einem Jugendstil-Spiegelzelt und werden, wie in allen Weihnachtszirkus-Spektakeln, kulinarisch verwöhnt. Herbi Lips und Conny Gasser verlassen sich auf das Zürcher Bahnhofbuffet, wenn es um Gaumenfreuden geht. Und im Zirkus Palazzo Colombino in Basel wird der Spitzenkoch des «Les Quatre Saisons», Peter Moser, eingeflogen. Je nach Wochentag kann man die gebotenen kulinarischen Lustbarkeiten samt Variété-Darbietungen für einen Preis zwischen 168 oder 198 Fr. geniessen.
Artisten servieren
Lebensfreude wird auch im «Salto Natale, dem zauberhaften Circus der anderen Art», von Rolf und Gregory Knie vermittelt. Preise für Menü und Eintritte liegen je unter oder knapp über 100 Fr. Und wie bei den meisten Veranstaltern sind Getränke nicht inbegriffen. Wer essen und sich gleichzeitig zirzensisch verwöhnen lassen will, muss wohl mehr als 200 Fr. hinblättern.
Zu den wohl eigenwilligsten vorweihnächtlichen Veranstaltungen gehört «Clowns und Kalorien», wo man während mehreren Stunden für einen Eintrittspreis von 110 Fr. mit Shows, Gags und auserlesenen Mahlzeiten verwöhnt wird auch von Artistinnen und Artisten: Sie bedienen zwischendurch die Gäste.
Einen geografisch betrachtet anderen Weg haben die Organisatoren von «Gassers Olympia Weihnachts-Zirkus» gewählt. Sie treten nicht im Grossraum Zürich auf, sondern in Aesch, Bern und Solothurn. Ihre Preise sind dementsprechend tiefer. Erwachsene bezahlen sogar auf den besten Plätzen Loge, Mitte oder Sperrsitz gerade mal 55 beziehungsweise 50 Fr. Allerdings sind weder Essen noch Trinken inbegriffen. Die Küche bietet Fondue Chinoise für 38 Fr. an. Vegetarier kommen noch billiger weg: Ein Bamigoreng kostet 24 Fr. Die Preise freuen jeden Finanzchef eines Unternehmens.
Wer es exklusiv haben möchte, kommt beim Zirkus Monti auf die Rechnung: Er bietet Seminarien an, die Fest, zirzensische Darbietungen und Teamarbeit für Mitarbeitende in Unternehmen verbinden. Die Kurskosten pro Person betragen 460 Fr. Und auch der Zirkus Royal nützt eine Nische aus. Mit allerlei Getier und wie die meisten Zirkusse Samichläusen, schönen Frauen und Komödianten hat er sich im Kreuzlinger Schifffahrtshafen einen festen Platz erobert. Das Essen ist einfach, aber beliebt. Es gibt nur Spaghetti-Gerichte in allen denkbaren Varianten für unter 100 Fr. Muss die Klinik Hirslanden einmal stärker aufs Budget achten, müsste die Weihnachtsshow nicht gestrichen werden.