In einem Reinraum der Silcotech werden gerade künstliche Mageneingänge produziert. Etwa ein Viertel des Umsatzes der Firma entfällt auf die Produktion im Reinraum, nun soll dessen Fläche 2005 verdreifacht werden. Hier, wo auch die Wertschöpfung höher ist, liegt zu einem guten Teil die Zukunft der Branche. «Reinräume in kunststoffverarbeitenden Betrieben sind ein starker Trend, der sich ganz besonders in der Medizintechnikbranche beobachten lässt», hielt ein Reinraumberater kürzlich im deutschen «Handelsblatt» fest.

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Brusthütchen und Handydichtungen

Die Medizinalbranche gehört zu den grossen Abnehmern der Silcotech, wobei diese zwar auch Implantate herstellt, aber nicht für die plastische Chirurgie. Für den wachsenden Bereich Baby Care produziert Silcotech unter anderem Stillhilfeprodukte, vom Brusthütchen bis hin zu Teilen für Milchabsaugpumpen. Auch im Auto, wo zum Beispiel die immer zahlreicheren Endschalter spritzwasserdicht sein müssen, ist Silcotech vielfältig präsent. Das Gewicht der Silcotech-Teile reicht von 0,0014 bis zu 220 g. Dichtungen für Handys, Duschbrausen, Ansaugrohre für Kaffeemaschinen mit ihren beinahe unzähligen Produkten ist die Silcotech inzwischen sehr breit abgestützt. Auch der Anteil der grössten Kunden liegt unter 10%. Das war in den Anfängen anders, als man zeitweise 60% des Umsatzes mit der Firma Eugster machte, die weltweit die führende Herstellerin von Haushalt-Kaffeemaschinen ist.

Die Palette der Vorteile, die der Werkstoff Silikon bietet, ist umfangreich: Wärme- und kältebeständig, witterungs- und alterungsbeständig, geruchs- und geschmacksneutral. Der Guss ist gratarm und muss daher nicht nachbearbeitet werden, Silikon ist auf alle Arten sterilisierbar, und man kann es einfärben. «Silikon hat auch eine gute Rückstellkraft», ergänzt Holger Lange, womit Dichtungen und Membranen länger halten. Die hohe Elastizität ermöglicht das Zwangsentformen von Hinterschnitten, bei denen der Durchmesser der Öffnung kleiner ist als der Gesamtdurchmesser. Andererseits ist Silikon teuer, weshalb sich seine Anwendung auf wichtige Teile beschränkt.

Es begann mit einem Nuggi

Für die Medizin- und Lebensmitteltechnik, wo die Ansprüche an die Reinheit am höchsten sind, braucht es entsprechende Zulassungen. Deshalb besitzt die Silcotech auch die Zertifizierung ISO/TS 16949, ohne die in der Autoindustrie immer weniger geht.

Begonnen hat die Silcotech-Geschichte, als 1982 ein Nuggi-Fabrikant, der seine Produkte aus Silikon herstellen wollte, die Formenbauerin Fostag in Stein am Rhein wegen eines entsprechenden Werkzeugs anfragte. Die damaligen Nuggi aus Latex wurden mit jedem Auskochen brauner und zudem spröde. Der Fostag-Angestellte Udo Lange fand eine Lösung und schaffte damit auch den Durchbruch des Flüssigsilicons. Zwei Jahre später gründete er mit der Silkotech ein eigenes Unternehmen. 1991 stiess sein Bruder, der gelernte Mühlenbauer Holger Lange, dazu. Kautschuk, Gummi und Thermoplastische Elastomere (TPE) sind weiterhin die Konkurrenzmaterialien.

Werkzeuge sind wichtig

Die Silcotech ist eine Lohnspritzgiesserin und versteht sich als Dienstleisterin. In den meisten Fällen, erklärt Holger Lange, kämen die Kunden mit ziemlich genauen Vorstellungen und ausreichend spezifizierten Produkten zur Silcotech. Die Werkzeuge in ihnen liegt gemäss Lange «etwa drei Viertel des Erfolgs» lässt die Silcotech nach ihren Vorgaben von ein paar wenigen Lieferanten in der Ostschweiz bauen. «Im Unterschied zu vielen Konkurrenten werden die Werkzeuge und die ganze Prozesstechnik aber im eigenen Hause eingefahren», erläutert Lange, «woraus eine hohe Lernkurve für neue Projekte entsteht.» In Stein am Rhein produziert die Silcotech mit 34 Spritzgussmaschinen, in der Gruppe sind es 60. «Wir sind sehr stark automatisiert», stellt Lange fest. Die Entnahme der Teile erfolgt weit gehend durch Roboter. Führend ist die Silcotech auch bei der relativ neuen Zweikomponententechnik, bei der selbsthaftende Silikontypen direkt auf Thermoplast gespritzt werden. Gegenwärtig ist man auch daran, Kleber auf Silikon haftend zu machen.

Spanien und Kanada

Seit 1996 hat die Silcotech ihren Umsatz im Stammhaus verdreifacht, der Personalbestand stieg von 22 auf gegen 60 Personen. 1993 nahm die Silcotech mit einem Joint Venture die Produktion in Madrid auf, 1998 kam ein weiteres Joint Venture in Toronto hinzu. Der Know-how-Austausch befruchtet gegenseitig. Die Tochter in Spanien, zu der gewisse Handarbeiten verlagert wurden, ist auch Lieferantin von Stein am Rhein. Die Gruppe ist weiter von Vorteil, weil es Kunden gibt, die aus Sicherheitsgründen einen zweiten Produktionsstandort verlangen. In diesen Fällen wird ein Reservewerkzeug bei einer Tochter deponiert, die sofort einspringen könnte.

Kooperationen und Akquisitionen sind bei der Silcotech kaum ein Thema. «Wir sind mit unserem eigenen Wachstum genug beschäftigt», sagt Holger Lange. Weil der Silikonmarkt eine Nische bleiben dürfte, ist er für Grosskonzerne vom Volumen her nicht wirklich interessant, obwohl auch in dieser Branche eine gewisse Konzentration stattfindet. Und Holger Lange fügt hinzu: «Um in unserer Branche Erfolg zu haben, muss man mit Herzblut dabei sein.» Das könne man nicht «so nebenher» machen.

Firmen-Profil

Name: Silcotech AG, Kaltenbachstrasse 46, 8260 Stein am Rhein

Gründung: 1984 von Udo Lange

Besitzer: Udo und Holger Lange

Geschäftsführer: Holger Lange

Umsatz: 25 Mio Fr.

Beschäftigte: 100 (Stammhaus 60)

Produkte: Präzisions-Silikonformteile

Kunden (Branchen): Medizin, Automobil, Elektrotechnik, Haushaltgeräte, Sanitärtechnik, Mobiltelefonie und andere

Internet: www.silcotech.ch