Wer kennt sie nicht, die Sitzungen, die einen schon fast agressiv machen? Unklare Zielsetzungen, schlecht vorbereitete Teilnehmer und Sitzungsleiter, Unpünktlichkeit, Wichtiges und Unwichtiges nehmen gleich viel Zeit in Anspruch, keine Ergebnis- und Entscheidprotokolle.
Dabei führt jede neue Umfrage seit Jahren zum gleichen vernichtenden Verdikt: Es steht schlecht um die Schweizer Sitzungskultur. 61% der Meetings sind gemäss einer aktuellen Studie der Netviewer Schweiz AG ineffizient und unproduktiv. 71% der Befragten sehen «enormes Optimierungspotenzial bei der Vorbereitung von Besprechungen».
Gemäss einer Untersuchung von Demoscope verbringen die befragten Führungskräfte durchschnittlich sage und schreibe 47% ihrer Zeit in Meetings und fast zwei Drittel finden, dass es generell zu viele Sitzungen gibt. Dieser Leerlauf kostet die Schweizer Wirtschaft Millionen. Ein Beispiel gefällig?
Für 100 Kadermitarbeiter entstehen einem Unternehmen Personalkosten von angenommenen 15 Mio Fr. Rund 50% der Zeit verbringt das Kader in Meetings, wovon rund 30% verschwendet sind. Damit sind rund 15% der effektiven Arbeitszeit unproduktive Meetingzeit. Durch ein besseres Sitzungs-Management könnten nicht weniger als 2,25 Mio Fr. eingespart werden.
Es herrscht also dringender Handlungsbedarf. Das von den beiden Autoren René Marchand und Stefan Boëthius verfasste kompakte Büchlein «Aktion gegen ineffiziente Meetings» gibt diverse Tipps und zeigt Wege zur Besserung auf.
Das A und O
Gemäss Marchand und Boëthius beginnt alles mit der sorgfältigen Planung und Vorbereitung. An den Anfang gehört deshalb die lapidare Frage, ob die Sitzung überhaupt notwendig ist oder ob es allenfalls bessere Alternativen gibt (E-Mail, Telefon, Einzelbesprechungen).
Dann gilt es, die Frage zu klären, ob das Sitzungsziel klar ist. Dieses muss präzise und schriftlich festgelegt werden. Stets ist die Regel einzuhalten, dass zu keinem Meeting ohne Traktandenliste und der vorgesehenen Besprechungszeit pro Punkt eingeladen wird. Ein weiterer Knackpunkt ist zu oft, dass die Teilnehmer die nötigen Unterlagen zur optimalen Vorbereitung nicht rechtzeitig erhalten. Es ist nicht ratsam, entscheidende Materialien erst zu Beginn der Sitzung auszuteilen.
Oftmals kranken Sitzungen an zu hoher Teilnehmerzahl. Die Meetingdauer steigt erfahrungsgemäss im Quadrat zur Anzahl Teilnehmer. Deshalb muss geklärt werden, ob die richtigen Teilnehmer ausgewählt wurden, alle einen entscheidenden Beitrag leisten können und die Sitzung ihnen einen echten Nutzen bringt. «Prestige, Gefälligkeiten, Diplomatie, Politik oder Vorschriften können dazu verleiten, zu viele Teilnehmer einzuladen», sagen Marchand und Boëthius.
Unterschätzt wird überdies der richtige Zeitpunkt eines Meetings. Startet eine Sitzung um 9 oder um 14 Uhr, dauert sie erfahrungsgemäss länger als nötig. Beginnt sie um 11 oder um 16 Uhr wird in der Regel zügiger gearbeitet. Die meisten Menschen haben ihr Leistungshoch am Vormittag, weshalb die wichtigen Besprechungen in diesem Zeitraum stattfinden sollten.
Gut geführte Meetings
Ein gut geführtes Meeting gibt allen Anwesenden das Gefühl der Zufriedenheit, spart Zeit und bringt bessere Ergebnisse. Diese Punkte gilt es zu beachten:
- Die Vorbereitung der Teilnehmer überprüfen und Fehlbare bewusst blossstellen.
- Die Zielsetzung der Veranstaltung mündlich zu Beginn wiederholen.
- Dafür sorgen, dass ein Sofort-Protokoll erstellt wird.
- Extrovertierte sollen in ihren Wortmeldungen eher begrenzt, Introvertierte in ihren Äusserungen eher gefördert werden.
- Bei langen Sitzungen unbedingt kurze Pausen einschalten.
- Dafür sorgen, dass die Trennung der Sach- von der Beziehungsebene aufrechterhalten bleibt. In Sitzungen keine Plattform für persönliche Angriffe bieten.
Zum befriedigenden Meeting gehört am Schluss, dass die Entscheide klar sind und jeder weiss, wer welche Arbeiten bis wann zu erledigen hat. Die Verantwortlichkeiten sollen möglichst breit gestreut sein, damit sich jede Person engagiert.
Kaffeeautomaten-Syndrom verhindern
Nach vielen schlechten Meetings ist die Gefahr gross für das «Kaffeeautomaten-Syndrom», wie es René Marchand und Stefan Boëthius nennen: Vor dem Kaffeeautomaten trifft sich die Belegschaft innert Minuten nach Sitzungsende wieder, um sich über die katastrophale Sitzung auszulassen - ein Paradebeispiel der Ineffizienz. Deshalb raten Marchand und Boëthius allen Sitzungsleitern, regelmässig schriftliche Feedbacks einzuholen zum Verlauf der Meetings und deren Moderation. Und das nicht etwa anonym. Denn: Anonymität verhindert eine auf Verbesserung ausgerichtete Diskussion.
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So wirds effizienter: Die grössten Sitzungs-Killer und die geeigneten Massnahmen dagegen
- Keine klaren Zielsetzungen oder keine eindeutige Agenda.
Massnahme: Verlangen Sie Traktanden und Zielsetzungen mindestens drei Tage im Voraus.
- Schlecht vorbereitete Teilnehmer.
Massnahme: Den Ablauf von Sitzungen frühzeitig gedanklich durchgehen. Wenn mehrere wichtige Teilnehmer schlecht vorbreitet sind, verlangen Sie, dass betroffene Gesprächspunkte später behandelt werden.
- Es wird zu oft vom Thema abgewichen
Massnahme: Als Sitzungsleiter brechen Sie die Diskussion ab, als Teilnehmer halten Sie sich an die Traktandenliste.
- Wichtige Infos werden erst im Meeting abgegeben.
Massnahme: Akzeptieren Sie keine neuen, wichtigen Infos und Unterlagen während der Sitzung, zu denen Stellung genommen werden muss. Sitzungen sind keine kollektiven Leseübungen.
- Nach dem Meeting ist unklar, wer was bis wann zu tun hat.
Massnahme: Wiederholen Sie am Schluss sämtliche getroffenen Entscheide und Massnahmen.
- Unkonstruktive Streitereien und Hahnenkämpfe.
Massnahme: Haben Sie den Mut, das Problem des schlechten und destruktiven Meeting-Klimas mit allen Beteiligten offen zu diskutieren. Machen Sie es sogar zum offiziellen Traktandum.
Quelle: «Aktion gegen ineffiziente Meetings»,
Time / System Verlag (2. überarbeitete Auflage: 2002) Internet: www.timesystem.ch