Möbelhäuser haben etwas währschaftes. Tische, Sofas, Schränke – das alles will der Kunde sehen, berühren und vergleichen, bevor er kauft. Und so haben die Händler lange kaum reagiert auf die Digitalisierung. Zwar eröffneten praktisch alle einen Online-Shop, das aber war es zumeist schon.

Einen Schritt vorwärts macht nun Möbel Pfister, bekannt für gutbürgerliche Einrichtungen im höheren Preissegment. Umsatzmässig laut dem Marktforschungsinstitut GFK in der Schweiz die Nummer zwei – hinter Ikea und vor Conforama. In den 15 grossen von insgesamt 20 Filialen installiert der Möbelhändler bis Ende Jahr 350 digitale Terminals und rüstet 200 Wohnberater mit einer Smartwatch aus. «Wir haben für das Projekt eine siebenstellige Summe investiert», sagt Christoph Zysset, Leiter Verkauf, am Hauptsitz in Suhr.    

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Kunde soll zufriedener sein

Das Möbelhaus will damit den Service verbessern. «Es soll kein Kunde mehr nach Hause gehen und das Gefühl haben, er sei nicht beraten worden, weil kein Wohnberater zu finden war», sagt Zysset, der in den Filialen die Digitalisierung vorantreibt. Denn in den grossflächigen Möbelläden ist nicht überall direkt ein Berater zugegen. Besonders zu Randzeiten nicht, wenn weniger Personal im Einsatz steht.

Die Lösung: Pfister stellt nun alle paar Meter einen digitalen Terminal hin. Im Schnitt 20 Stück pro Filiale. Findet der Kunde keinen Berater, kann er an den Terminals einen bestellen. Der Verkäufer erhält dann auf seiner Smartwatch ein Signal und erkennt, wo der Kunde wartet. Auf dem Terminal wiederum werden Name und Bild des kommenden Beraters angezeigt. Und sind alle Mitarbeiter besetzt, spukt der Automat einen Kaffeegutschein aus und weist den Kunden an, wo er auf den Berater warten kann. Ein weiterer Vorteil: «Der Filialleiter sieht zu welchen Zeiten wie viel Personal nachgefragt wurde und kann seinen Einsatzplan entsprechend anpassen.»

Ein altes Problem gelöst

In der Filiale in Suhr stehen seit zwei Monaten 25 solcher Stationen im Einsatz. Laut Zysset kommt das Angebot gut an bei den Kunden: Im letzten Monat wurde bereits 160 Mal ein Berater bestellt.  

Auf die Idee kam Zysset als er mit Kollegen aus dem Kader überlegte, wie sich ein altes Problem lösen liesse: «Kunden fühlen sich schnell bedrängt, wenn Verkaufsberater zu schnell fragen, was sie suchen.» Wenn jedoch jemand etwas wissen möchte, dann müsse es schnell gehen. Dieses Problem stelle sich nun nicht mehr.

Entwickelt hat Möbel Pfister das Projekt zusammen mit dem Berliner Startup Store Analytics. Die Idee ist zwar simpel, nicht so die Umsetzung. «Es war eine Herausforderung, überall in den Filialen eine WLAN- und GSM-Abdeckung zu bekommen für das Signal zwischen Terminal und Berater», sagt Zysset. Im vergangenen Jahr wurde das System in der Filiale in Pratteln BS getestet. Offenbar ist nun auch die Konkurrenz auf den Geschmack gekommen. So hätten einige bereits bei dem Berliner Startup angeklopft.

Schrumpfende Umsätze im Möbelmarkt

Der Möbelmarkt ist hart umkämpft. Erst im April wagte der österreichische XXXLutz, der zweitgrösste Möbelhändler Europas, den Markteintritt in der Schweiz. Und holte den ehemaligen Pfister-Chef Meinrad Fleischmann an Bord. Ziel: Eine flächendeckende Präsenz in der Schweiz. Nach aussen gibt man sich bei Möbel Pfister gelassen. Doch der Schweizer Möbelmarkt schrumpft: Vergangenes Jahr erwirtschaftete er mit 4 Milliarden Franken 1,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Geschuldet ist das nicht so sehr, weil die Nachfrage abnimmt. Vielmehr reagierten die Möbelhäuser mit Preissenkungen auf den Einkaufstourismus. Allein Pfister senkte in den letzten drei Jahren die Preise um 15 bis 20 prozent.

Zysset

Christoph Zysset: Der Leiter Verkauf von Möbel Pfister treibt in den Läden die Digitalisierung voran.

Quelle: ZVG

Digitale Massnahmen sollen nun die Effizienz steigern und Umsätze wieder ankurbeln. Pfister rüstet bis Ende Jahr schweizweit 450 Verkaufsmitarbeiter mit Tablets aus – damit sie überall im Laden den Kunden bedienen, Möbel nach Wunsch personalisieren und direkt eine Bestellung oder einen Verkauf abwickeln können. Dank neuer Software soll die Zeit für das Administrative halbiert werden. «Es bleibt mehr Zeit für die Beratung», sagt Zysset.

Möbel Pfister setzt auf virtuelle Wohnungsbesichtigung

Zudem legt Pfister den Fokus stärker auf die Einrichtung von ganzen Räumen, Wohnungen und Häuser. Dafür bildete das Unternehmen ein Team von 22 Inneneinrichter aus. Spezialisten, die den für Kunden massgeschneiderte Einrichtungs-Vorschläge zimmern.

Auf Wunsch erfassen die Inneneinrichter mit digitalen Messgeräte die Räume und Farben der einzurichtenden Räumen und erstellen dann eine 3D-Visualisierung. Der Kunde sieht dann am Computer, wie die fertig eingerichtete Wohnung konkret aussieht und kann sie virtuell begehen.

Onlineshops, Terminals, 3D-Technologie: Der Möbelkauf wird digitaler. Ikea etwa lancierte letzten Herbst eine App, mit der Kunden mittels Augmented Reality Produkte des schwedischen Möbelhauses in ihren Räumen platzieren können. Dass jedoch einst Möbelhäuser den digitalen Shops weichen müssten, glaubt Zysset nicht. Digitalisierung hin oder her: Die meisten Kunden wollen ihre Möbel vor dem Kauf noch immer vor Ort begutachten.