Die Zahl der Touristen aus Saudi Arabien in der Schweiz hat sich in den vergangenen fünf Jahren fast verdreifacht. Überhaupt zeigt der Trend Reisender aus mehrheitlich muslimischen Ländern stark nach oben. Für Schweizer Hoteliers und Gastronomen interessant sind diese Touristen wegen ihrer hohen Zahlungsbereitschaft, sie geben während ihres Aufenthalts hierzulande deutlich mehr aus als etwa Deutsche oder Chinesen.
Die Erfahrungen der Schweiz decken sich mit dem weltweiten Trend: Bis 2020 wird erwartet, dass die Zahl muslimischer Touristen auf 150 Millionen ansteigen. Das wäre ein kräftiges Plus von 39 Prozent. Der Marktwert dieses Sektors soll 200 Milliarden Dollar betragen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Reiseberaters Crescent Rating aus Singapur in Zusammenarbeit mit Mastercard.
Alkohol an Bord ist tabu
Angesicht dieses Wachstumspotenzials überrascht nicht, dass mit der malaysischen Rayani Air erst im Dezember eine vierte islamische Fluggesellschaft ihren Betrieb aufgenommen hat. Wie auch Saudi Arabian Airlines, Royal Brunei Airlines und Iran Air wird an Bord kein Alkohol ausgeschenkt, Halal-Essen angeboten und die Flugbegleiterinnen tragen den Tudung (Hidschab-ähnliche Kopfbedeckung). Gebete vor dem Abflug gehören ebenfalls zum Programm. Kurzum: Die Airline ist Scharia-konform.
Bislang fliegt die neue Airline Strecken im Inland an, internationale Flüge sollen ab 2017 dazukommen. Innert der nächsten zehn Jahre will die Fluggesellschaft Ziele in Europa ansteuern und muslimische Pilger nach Saudi Arabien bringen.
Alkohol an Bord ist tabu
Einfach wird die Aufgabe für Rayani Air nicht, wie ein Experte gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg festhält: «Die größte Herausforderung für Scharia-konforme Fluggesellschaften ist, den nichtmuslimischen Markt zu erobern».Vermutlich ist das der Grund dafür, warum auf den Webseiten dieser Airlines auf den ersten Blick wenig auf eine islamische Geschäftskultur hindeutet. Vielmehr stellen die Fluggesellschaften den guten Service in den Fokus. Die Passagiere der Fluggesellschaft unterliegen keinen Kleidervorschriften und es gibt keine Geschlechtertrennung in den Maschinen.
Bei Rayani Air weisen einzig die abgebildeten Flugbegleiterinnen mit Kopftuch auf den religiösen Hintergrund hin. Im Kleingedruckten findet sich aber überall der Hinweis auf das Alkoholverbot an Bord. Ein Vorteil wie die saudische Airline meint: «Besonders Alkohol kann zur Dehydrierung führen – da diese Getränke jedoch nicht an Bord angeboten werden, ist dies kein Problem.»
Ausserdem bieten Saudi Arabian Airlines und Iran Air spezielle Dienste für Pilger an und im Magazin der bruneiischen Fluggesellschaft findet sich eine Tabelle mit den Gebetszeiten.
Weitere Fluggesellschaft im Anflug
Nicht-muslimische Länder versuchen inzwischen immer mehr, auf dem Scharia-konformen Reisemarkt Fuss zu fassen. Firnas Airways, eine Scharia-Vorschriften befolgende Fluggesellschaft mit Sitz in Grossbritannien, die vom Geschäftsmann Kazi Shafiqur Rahman aus Bangladesch gegründet wurde, will in diesem Jahr den Betrieb aufnehmen und nach Südasien fliegen.
Vom grossen Marktpotenzial der muslimischen Touristen wollen nicht nur Fluggesellschaften profitieren, auch Reiseveranstalter oder Destinationen vermarkten sich für dieses Publikum. Halaltrip – eine Schwestermarke von Crescent Rating – und auch Irhal bieten verschiedene Services, die auf muslimische Reisende zugeschnitten sind.
Jederzeit in die richtige Richtung beten
Dazu gehört zum Beispiel auch ein Berechnungstool für die korrekten Gebetszeiten während Flugreisen. Bei Halaltrip kann der Reisende seine Flugdaten eingeben, dann wählt er zuerst aus sieben Methoden zur Gebetsberechnung seine bevorzugte. Ausserdem musss die gewünschte Art der Gebetszeitenberechnung unter zwei möglichen gewählt und die Flughöhe ergänzt werden. Im Anschluss erhält der Reisende die bis zu fünf Gebetszeiten und stündliche Abbildungen der richtigen Gebetsrichtung.
Auf einem Flug von Zürich nach Bangkok verändert sich die Gebetsrichtung wie folgt:
Weitere Funktionen helfen bei der Suche nach der nächstgelegenen Moschee oder nach Restaurants mit Halal-Angeboten.
Schweiz hat Marktpotenzial erkannt
Auch Hotels können sich auf muslimische Reisende einstellen. Korane und Gebetsteppiche in den Zimmern gehören dann zur Grundausstattung. Gewünscht werden auch geschlechtergetrennte Wellnessbereiche. Die Schweiz scheint hier einiges richtig zu machen, bei einem Ranking zur Muslimfreundlichkeit landet sie europaweit auf dem vierten Platz mit 45,2 Punkten.
Die beste Reisedestination für Muslime ist laut der Studie von Crescent aber Malaysia – das mehrheitlich muslimische Land erreicht beim Global Muslim Travel Index 2015 den ersten Rang mit 83,8 Punkte (bei 100 möglichen). Die Tourismusbehörde vermarktet das Land denn auch unter dem Slogan: «Discover Malaysia: your muslim-friendly destination.»
(jfr mit Material von Bloomberg)