21 Branchen, 250 Unternehmen, über 20 000 befragte Arbeitnehmer und insgesamt mehr als 95 000 Beurteilungen: Das Online-Portal Statista hat in Kooperartion mit dem Bewertungsportal Kununu ermittelt, was Schweizer Angestellte an ihren Arbeitgebern schätzen – und ob sie diese weiterempfehlen würden (siehe Methodik unten).

Die Digitalisierung, der demografische Wandel oder die Ansprüche und Wünsche der neuen Generationen an ihren Arbeitsplatz sind die Treiber für Veränderungen, welche die Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen. New Work oder Arbeitswelt 4.0 sind Begriffe, die den Arbeitsplatz von morgen prägen und Führungskräfte wie Personalabteilungen fordern – Stichworte sind flexible Arbeitsmodelle wie Homeoffice oder Teilzeit, aber auch Open-Office-Lösungen und geteilte Arbeitsplätze. Die Transformation hat schon längst begonnen. Wie gut schaffen es Schweizer Unternehmen, ihre Mitarbeiter bei diesem langwierigen Veränderungsprozess mitzunehmen?

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In die Top 10 des Rankings der besten Schweizer Arbeitgeber haben es unter anderem Unternehmen aus Bildung und Forschung, der Uhren- und der Bankenbranche geschafft – eine breite Palette. Es liegt also offensichtlich nicht an der Branche, ob die Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber zufrieden sind oder nicht.

Rolex setzt Goldstandard

Die Spitzenposition hält Rolex. Der Genfer Uhrenkonzern mit rund 6000 Angestellten wurde von seinen Mitarbeitern so gut bewertet, dass er zum Gesamtsieger avancierte. Besonders lobten sie die Arbeitsbedingungen und die Ausstattung mit der neuesten Technik. Ebenfalls positiv ins Gewicht fielen das Image, das die Firma bei ihren Mitarbeitern hat und das diese nach aussen kommunizieren, sowie die Bereitschaft des Unternehmens, ins Wachstum zu investieren.

Hierzu gehört auch, dass die Unternehmensführung loyal zu ihren Mitarbeitern ist. «Loyalität wird immer wichtiger», sagt Christoph Negri. Der Professor am Institut für Angewandte Psychologie (IAP) der ZHAW hat sich in der Studie «Der Mensch in der Arbeitswelt 4.0» den Herausforderungen, Wünschen und Bedürfnissen der Angestellten von heute gewidmet. Die Digitalisierung verunsichere viele Angestellte, viele bangten um ihren Arbeitsplatz. In diesem Kontext könnte die Loyalität des Arbeitgebers gegenüber seinen Angestellten an Bedeutung gewinnen. Was Rolex konkret für die Mitarbeiter tut, ist jedoch unklar, der verschwiegene Uhrenkonzern gibt auf Anfrage keine Auskunft.

Innovative Mobiliar

Bei der Mobiliar herrscht hingegen Aufbruchstimmung: Seit drei Jahren baut der Versicherungskonzern seine Büroräumlichkeiten um. 2015 entstand an der Bundesgasse in Bern als Pilotprojekt eine «Multispace-Arbeitswelt»: Shared Desks und offene Arbeitsräume. Die Einzelbüros wurden abgeschafft. Selbst CEO Markus Hongler sitzt inmitten seiner Kolleginnen und Kollegen. «Wenn die Spitze nicht vorangeht, dann ist man als Unternehmen nicht glaubwürdig», sagt Claudia Giorgetti Del Monte, Leiterin des Kompetenzcenters Organisations- und Kulturentwicklung. In Bern habe man bewusst testen und lernen wollen, ob das neue Modell auch zum Unternehmen passe. Zwar gab es von einigen Seiten Gegenwind – es hiess, das Grossraumbüro schränke die Produktivität ein – doch die Mehrheit habe die Veränderung gut angenommen.

Arbeitsplätze bei der Mobiliar

Platz 2: Die Mobiliar befindet sich mitten in einer Transformation: Die Büroräume werden zu «Multispace-Arbeitswelten».

Quelle: ZVG

Das Konzept wird nun an allen anderen Standorten angewandt; in rund zwei Jahren soll dieser Teil der Transformation beendet sein. Auf Flächen von 2000 Quadratmetern arbeiten gut 200 Angestellte – wobei nie alle gleichzeitig dort seien. Die Mitarbeiter danken es ihrem Arbeitgeber: Die Mobiliar belegt hinter Rolex Platz 2 des Rankings. Image, Wachstum und Ausstattung am Arbeitsplatz sowie die Work-Life-Balance sind aus ihrer Sicht die Stärken des Versicherers.

Künstlicher Lärm

Den Trend zu Open Offices und geteilten Arbeitsplätzen sieht auch Christoph Negri vom IAP. Wer seinen Mitarbeitern den eigenen Arbeitsplatz nehme, müsse aber mit Widerstand rechnen, denn dies sei ein Eingriff in die Intimität der Mitarbeiter. Man nehme ihnen in erster Linie etwas weg, so der Professor. Es sei ausserdem schon vorgekommen, dass eine künstliche Geräuschkulisse geschaffen werden musste, weil es in den Grossraumbüros zu leise war. «Diese Prozesse müssen vom Unternehmen sehr gut begleitet werden.»

«Wir stehen am Anfang»

Flexible Arbeitsmodelle sollen Mitarbeiter produktiver machen. Die Firmenkultur ändert sich trotz New Work aber noch lange nicht. Das Interview mit Personalexpertin Antoinette Weibel über die Arbeitswelt 4.0 lesen Sie hier.

Bei der Mobiliar ist es vor allem die Digitalisierung, die das Unternehmen vor Herausforderungen stellt. Um die Mitarbeitenden auf dem Weg der Transformation zu begleiten, bietet die Mobiliar diverse Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten an, entsprechend den persönlichen Bedürfnissen. Ein weiteres Entwicklungsangebot gibt den Mitarbeitern die Gelegenheit, für einige Zeit den Job innerhalb der Firma zu wechseln und so neue Erfahrungen zu sammeln und in anderen Bereichen Erkenntnisse zu gewinnen. Das Angebot werde bisher nur zögerlich angenommen, berichtet Giorgetti Del Monte. «Viele machen sich Sorgen, dass der Entscheid falsch aufgefasst werden könnte.»

Schweizer Mitarbeitern sind das Miteinander im Team und das Vorgesetztenverhalten sehr wichtig.

Ein wesentlicher Treiber dafür, dass die von Statista und Kununu befragten Mitarbeiter ihr Unternehmen weiterempfehlen würden, waren das Miteinander im Team und das Vorgesetztenverhalten. Schweizer Mitarbeitern sind diese zwei Dimensionen sehr wichtig. Genau diese sind bei der Mobiliar jedoch etwas schlechter bewertet als die anderen – insgesamt zwar immer noch sehr gut, aber dennoch auffallend.

Giorgetti Del Monte sieht einen möglichen Grund darin, dass sich die Führung und das gesamte Umfeld im Wandel befinden. «Den Ansprüchen aller Mitarbeiter gerecht zu werden, ist nicht immer möglich. Am Ende sind unsere Führungskräfte auch nur Menschen», sagt sie. Die Vorgesetzten mit auf den Weg der Transformation zu nehmen und für die neuen Herausforderungen fit zu machen, sei ein langer und gemeinsamer Prozess.

RhB profitiert vom Image

Auf Platz drei rangiert die Rhätische Bahn (RhB). Ihre Mitarbeiter schätzen vor allem das gute Image, die Loyalität der Vorgesetzten gegenüber ihren 1307 Mitarbeitern und die Investitionsbereitschaft des Bündner Unternehmens mit Sitz in Chur. «Pro Jahr investieren wir über 200 Millionen Franken in die Erneuerung unserer Infrastruktur und unseres Rollmaterials», sagt Andreas Bass, Geschäftsleitungsmitglied und Leiter Stab und HR. Die Digitalisierung spielt auch beim Bahnunternehmen eine grosse Rolle und verändert die Arbeitsprozesse. «Wir versuchen unsere Mitarbeiter mitzunehmen und bieten hierzu Weiterbildungen an», sagt Bass. Veränderungen gibt es vor allem in den Vertriebssystemen, vorangetrieben durch das Kundenverhalten – immer mehr kaufen ihre Tickets online.

Rhätische Bahn (RhB)

Platz 3: Die Rhätische Bahn setzt gerade alles daran, junge Leute zu rekrutieren und die Führungskräfte von morgen auszubilden.

Quelle: Keystone

Auch die Arbeitsbedingungen und -ausstattung bewerten die Mitarbeiter der RhB sehr positiv. Das Unternehmen versucht, mit der aktuellen Entwicklung zu gehen, hat seine Gebäude saniert und die Mitarbeiter mit Laptops und Tablets ausgestattet. Eine neue interne Plattform, welche das heutige Intranet ablösen wird, soll die Kommunikation im Unternehmen verbessern. «Man spürt Aufbruchstimmung», sagt Andreas Bass. Zudem verwischen die Grenzen zwischen Privat- und Arbeitsleben durch flexible Arbeitsmodelle wie Homeoffice immer mehr. Verschiedene Modelle und Teilzeitstellen gebe es zwar bereits, doch nur unter bestimmten Bedingungen. «Hier wollen wir die Möglichkeiten in Zukunft ausbauen.»

Mitarbeiter müssen neue Kompetenzen erlernen

Damit das funktioniert, seien Unternehmen und Mitarbeiter gleichermassen gefragt, sagt Christoph Negri. Neue Modelle erforderten neue Kompetenzen, die viele Angestellte erst erlernen müssten. «Führungskräfte müssen sich bewusst sein, dass sie diese Verantwortung nicht einfach abdelegieren können – alle sind gefordert», sagt er. Die Beziehung zwischen Chef und Angestellten bekomme in Zukunft eine noch grössere Bedeutung, denn flexible Arbeitsformen führten dazu, dass Mitarbeiter nicht immer vor Ort seien. «Jeder Chef muss sich überlegen, wie die Kommunikation von morgen aussehen kann», so Negri.

«Vorgesetzte sollen ein Energiespender sein. Sie sollen Wertschätzung zeigen und offen auf ihre Mitarbeiter zugehen.»

Andreas Bass, HR-Leiter Rhätische Bahn

Doch die grösste Herausforderung sei es, die Mitarbeiter in der digitalen Transformation zu begleiten, sagt HR-Leiter Bass. Die RhB setze alles daran, junge Leute zu rekrutieren, die zur Unternehmenskultur passten, und die Führungskräfte von morgen auszubilden. «Vorgesetzte sollen ein Energiespender sein. Sie sollen Wertschätzung zeigen und offen auf ihre Mitarbeiter zugehen.»

Flexible Arbeitszeiten

Die hochmoderne Ausstattung, faire Löhne und ein gutes Image schätzen die Mitarbeiter am CERN in Genf. Im gesamten Ranking belegt die Europäische Organisation für Kernforschung damit Platz vier der besten Arbeitgeber. «Beim CERN arbeiten wir nur mit Spitzentechnologie», sagt Jean-Marc Saint-Viteux, stellvertretender HR-Leiter. Einzig bei der Ausstattung der Büros herrsche Nachholbedarf: «Wir haben noch nicht einmal eine Klimaanlage.» Was die Mitarbeiter des CERN weniger zu stören scheint.

Finanziert wird das Laboratorium für Teilchenphysik von seinen 21 Mitgliedstaaten, zu denen neben der Schweiz unter anderen Deutschland, Finnland oder Ungarn gehören. Die Gelder fliessen also vor allem in die technische Ausstattung und nicht in neue Arbeitsplatzmodelle. Laut Saint-Viteux herrsche am CERN in Genf eine Campus-Atmosphäre wie an einer Universität. Die Arbeitszeiten sind flexibel, je nach Arbeitsaufwand kann jeder kommen und gehen, wie es ihm passt.

Ebenfalls den öffentlichen Geldern geschuldet ist die Lohnpolitik: «Am CERN liegen die Gehälter näher beieinander als in der Privatwirtschaft, und wir sind definitiv weit unter dem Lohnverhältnis von 1:12», so Saint-Viteux. Ausserdem können sich die Mitarbeiter extra Ferientage kaufen, was auch fast die Hälfte in Anspruch nimmt.

CERN in Genf

Platz 4: Beim CERN in Genf arbeitet man viel, kann sich aber als Ausgleich extra Ferientage kaufen. Auch die moderne Ausstattung schätzen die Mitarbeiter.

Quelle: Claudia Marcelloni

Zeitmanagement wird am CERN grossgeschrieben. Bei rund 18 000 Mitarbeitern, von denen 2600 fest angestellt sind, kann das schnell zur Herausforderung werden. Besonders, wenn es um die Pensionierung geht: «Neue Mitarbeiter gehen erst mit 67 Jahren in Rente, der Rest regulär mit 65.» Viele würden aber gerne länger arbeiten, und so ist es nicht selten, dass pensionierte Mitarbeiter unentgeltlich weitermachen. Sowieso arbeiteten viele Angestellte zu viel und überschritten die reguläre Arbeitszeit. «Sie schreiben die Überstunden auch nicht auf, das ist wirklich ein Problem», sagt Jean-Marc Saint-Viteux. Für die HR sei das eine Herausforderung. Es liege an ihnen, zu informieren, wie zum Beispiel Burnouts vermieden werden können. Dennoch schneidet die Work-Life-Balance am CERN im Ranking sehr gut ab.

Gefragte Beraterrolle

Der demografische Wandel wird Firmen in den kommenden Jahren vor immer grössere Herausforderungen stellen: Es gehen immer mehr Menschen in Pension, als neu in den Arbeitsmarkt eintreten. Was dem CERN mit den pensionierten Gratis-Angestellten möglich ist – nämlich das Wissen im Unternehmen zu halten –, wird andere Unternehmen zunehmend unter Druck setzen. «Das Thema Wissensmanagement wird in den nächsten Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen», sagt Christoph Negri vom IAP. Unternehmen müssten bewusst ältere Mitarbeiter als Coaches und Berater einsetzen. Das könnten sich jedoch wahrscheinlich nur grosse Unternehmen leisten, so der Professor.

Dass der Wunsch nach beratenden Tätigkeiten existiert, zeigt die aktuelle New-Work-Studie 2018 von der Fachhochschule St. Gallen. Sebastian Wörwag und seine Kollegin Alexandra Cloots haben untersucht, was sich die Angestellten von morgen wünschen. Sie haben gefragt: «Durch welche Tätigkeiten ist Ihr bestehendes und soll Ihr gewünschtes Arbeits-/ Stellenprofil massgeblich geprägt sein?» Das Ergebnis: 78 Prozent der 56- bis 60-Jährigen wünschen sich im Alter eine Beraterrolle. Im Alterssegment der 61- bis 65-Jährigen sind es sogar 82 Prozent. Zudem wünschen sich 81 Prozent der über 50-Jährigen, dass Wissensvermittlung in Zukunft eine grössere Rolle innerhalb ihrer Tätigkeit ausmacht. Jetzt liegt es an den Unternehmen, die passenden Modelle zu finden.

Beste Arbeitgeber 2018 – Methodik

8.59 von möglichen 10 Punkten – das ist der Wert, den der beliebteste Schweizer Arbeitgeber erhalten hat: Rolex. Nahe dran ist die zweitplatzierte Mobiliar mit 8.44, nur knapp dahinter folgen die Rhätische Bahn und das Genfer CERN mit 8.41: vier Spitzenbewertungen. Doch wie kommen sie zustande?

Das exklusive Ranking der 250 besten Arbeitgeber der Schweiz basiert auf einem Zusammenzug diverser Befragungen. Erstellt hat es das Hamburger Statistik-Unternehmen Statista in Kooperation mit der Bewertungsplattform Kununu. Befragt wurden, online und anonym, Mitarbeiter der zu bewertenden Arbeitgeber, BILANZ- und «Le Temps»-Leser sowie Mitglieder der Karriere-Netzwerke Xing und Kununu. Auch Bewertungen auf der Kununu-Website wurden herangezogen.

In einem ersten Schritt ermittelte Statista auf Basis eines umfangreichen Desk-Researchs mit Quellen wie Unternehmensdatenbanken, Branchenverbänden und Geschäftsberichten jene Firmen in der Schweiz, die für eine Bewertung in Frage kamen – dabei gab es, aus Gründen der Relevanz der Ergebnisse, eine Mindestgrösse von 200 Mitarbeitern. Aufgeteilt wurden die so identifizierten über 1500 Firmen in 21 Branchen.

Mehr als 95 000 Bewertungen flossen insgesamt in das Ranking ein. Erhoben wurden sie über vier Bewertungskanäle. Zunächst wurden, zufällig ausgewählt und unter Berücksichtigung einer breiten regionalen und sozio-demografischen Streuung sowie zweisprachig auf Deutsch und Französisch, über 7000 Arbeitnehmer in einem Online-Access-Panel gefragt, ob sie ihren Arbeitgeber weiterempfehlen würden. Bewertet wurde von 0 bis 10 (0 bedeutete «würde ich auf gar keinen Fall weiterempfehlen», 10 «würde ich auf jeden Fall weiterempfehlen»).

Darüber hinaus wurden Mitglieder des Online-Netzwerks Xing, die in einem der vorab definierten Unternehmen arbeiten, die Kununu-Community und die Leser von BILANZ eingeladen, an der Befragung teilzunehmen. Daraus flossen gut 2850 Urteile in die Bewertung ein. Berücksichtigt wurden auch über 11 000 Bewertungen zu Arbeitgebern auf Kununu.com. Ergänzend wurden alle Befragten gebeten, weitere Arbeitgeber derselben Branche zu bewerten, die sie beurteilen können (weil etwa Ehepartner dort arbeiten oder die Befragten selbst dort einmal arbeiteten und noch Kontakte haben), sodass insgesamt über 75 000 indirekte Bewertungen berücksichtigt wurden.

Am wichtigsten und einflussreichsten für das Gesamtergebnis war die Bereitschaft, den eigenen Arbeitgeber über das unabhängige Online-Access-Panel weiterzuempfehlen, dann folgen gleichwertig die Aussagen der Mitglieder von Xing und Kununu sowie der Leser von BILANZ. Die indirekte Bewertung floss mit einer geringeren Gewichtung in das Gesamtergebnis, den Score, ein.

Aus all diesen Daten wurden die 250 besten Arbeitgeber der Schweiz errechnet. Die Übersicht dazu finden Sie hier.