Unsere Haut vergisst keinen einzigen Sonnenstrahl», warnt die Krebsliga Schweiz. Sonnenbrand gilt als wichtige Ursache für vorzeitige Hautalterung und Hautkrebs. Schutz versprechen Sonnencreme, -öl, -sprays und -lotionen. Vor allem im Sommer floriert das Geschäft mit der gesunden Bräune. Nach Auskunft des Marktforschungsinstituts ACNielsen werden im Schweizer Detailhandel jährlich Sonnenschutzmittel für 25 Mio Fr. verkauft. Dazu kommen Après-soleil-Produkte für 3,5 Mio Fr. und Selbstbräuner für 2 Mio Fr. Weitere 13 bis 15 Mio Fr. gehen Brancheninsidern zufolge über die Ladentische von Apotheken und Drogerien.
Rund zwei Dutzend Produktlinien kämpfen um die Gunst der Sonnenanbeter. Klare Marktleader sind Nivea Sun (Beiersdorf) und Sun Look (Migros), die das Sonnenschutzgeschäft zu drei Vierteln beherrschen. Schaut man auf den Umsatz, haben die teureren Nivea-Produkte die Nase vorn. Nimmt man das Verkaufsvolumen als Massstab, liegt Migros an der Spitze.
Abhängigkeit vom Wetter
Die Nachfragespitzen werden jeweils in den Sommermonaten erreicht, der Geschäftsgang ist allerdings vom Wetter abhängig. So konnte der Detailhandel im Rekordsommer 2003 in den Monaten Mai und Juni Sonnenschutzmittel für fast 10 Mio Fr. absetzen. In der Vergleichsperiode des Folgejahrs sackten die Verkäufe auf 8 Mio Fr. zusammen. Der Schweizerische Kosmetik- und Waschmittelverband SKW bilanzierte fürs ganze Jahr 2004 einen Umsatzrückgang von 7%.
Auch heuer liegen die Sonnenschutzhersteller wegen der kühlen Temperaturen wieder hinter den budgetierten Umsätzen zurück. Erschwerend kommt hinzu, dass der Sonnenschutzmittelmarkt allmählich gesättigt ist, wie Migros-Sprecherin Monika Weibel einräumt.
Doch die massiven Forschungsinvestitionen der Kosmetik- und Chemieindustrie in neue Technologien zeigen, dass die Branche mit Produktinnovationen auch in Zukunft Wachstum generieren will. Dazu SKW-Geschäftsführer Bernard Cloetta: «Der Sonnenschutzmarkt ist sehr innovativ. Vor allem von anorganischen, mechanischen Sonnenfiltern auf Kleinstpartikelbasis erhofft man sich einen klaren Return on Investment.»
Diese Filterkomponenten werden von der Kosmetikindustrie nicht selbst entwickelt, sondern bei Chemieriesen wie Ciba, BASF, DSM oder Merck eingekauft. Nach Auskunft von Ciba-Sprecher Thomas Gerlach liegt der Forschungsfokus gegenwärtig bei den anorganischen Filtern im Mikropartikelbereich. Denn bei den noch kleineren Nanopartikeln sei die Wirkung im menschlichen Körper noch zu wenig geklärt.
«Klare medizinische Botschaft»
Mit der Entwicklung immer besserer Sonnenfilter reagiert die Chemie-, Kosmetik- und Pharmabranche nicht zuletzt auf die wachsende Sensibilisierung der Bevölkerung. Noch vor zehn Jahren standen beispielsweise die in Zusammenarbeit mit der medizinischen Forschung entwickelten Daylong-Sonnenschutzmittel des Pharmaherstellers Spirig als einsames Pionierprodukt in der Kosmetiklandschaft: «Wir stiessen damals in ein Vakuum vor. Doch inzwischen sind Hautkrebs und Hautalterung überall zu einem wichtigen Thema avanciert», meint Spirig-CEO Christian Pflugshaupt. Das Wissen aus der Medizin gelange allmählich in den Alltag. Daher rechnet man bei Spirig damit, dass der Markt für Sonnenschutzmittel in den nächsten fünf Jahren noch leicht zulegen wird nicht nur bei den Spezialpräparaten, sondern auch bei den Massenprodukten.
Eine Ausdehnung des Vertriebs der Spirig-Produkte von den Apotheken und Drogerien auf die Grossverteiler kommt für Pflugshaupt allerdings nicht in Frage: «Wir wollen weiterhin Spezialsonnenschutzmittel mit hoher Akzeptanz anbieten, hinter denen eine medizinische Botschaft steht.» Flankiert wird diese klare Positionierung im Fachhandel unter anderem mit Aufklärungsaktivitäten in Kooperation mit der Krebsliga.
Nischenplayer setzen auf hochwertige Cremes
Konkurrenz droht den Spirig-Produkten denn auch nicht aus den Regalen der Supermärkte, sondern von anderen Nischenplayern wie Louis Widmer oder Weleda, die in letzter Zeit vermehrt mit hochwertigen Sonnenschutzprodukten in den Fachhandel drängen. Beispielsweise konnte die neue, auf rein anorganischem Sonnenschutz basierende Edelweiss-Sonnenmilch 15 von Weleda vor kurzem den Naturkosmetik-Innovationspreis an der Nürnberger BioFach-Messe davontragen.
Auch Coop und Migros forcieren Qualitätsprodukte
Inzwischen versuchen auch die Grossverteiler, auf den Gesundheitszug aufzuspringen: «Krebsvorbeugung, Anti-Aging und Hautpflege werden beim Sonnenschutz immer wichtiger», bestätigt Coop-Sprecher Jörg Birnstiel. Entsprechend verlange Coop von seinen Lieferanten spezielle, auf diese Bedürfnisse zugeschnittene Produkte.
Sogar die Textilien für Coop-Sonnenschirme seien neuerdings mit einem Sonnenschutzfaktor ausgerüstet. Birnstiel: «Wir gehen davon aus, dass beim Sonnenschutz die Qualität an Bedeutung gewinnt. Die Kundschaft will keineswegs das Billigste.» Identisch argumentiert man bei der Migros. Sprecherin Monika Weibel verweist zudem auf die enorme Breite der Sun-Look-Palette, die für jeden Hauttyp das passende Sonnenschutzmittel bereithalte.
Trend zu immer höherem Schutzfaktor
Dank Qualitätsmarken, Sortimentstiefe und einer sensibilisierten Kundschaft hoffen die beiden Grossverteiler, sich beim Sonnenschutz gegen den Angriff der Harddiscounter Aldi und Lidl behaupten zu können. Support erhält diese Strategie von der Marktforschung. Gemäss ACNielsen-Daten wächst das Bewusstsein der Kundschaft für starke Sonnenschutzmittel sehr rasch. Kamen beispielsweise Produkte mit Sonnenschutzfaktor über 20 in der Jahresperiode 2000/2001 erst auf einen Marktanteil von 27%, lagen sie drei Jahre später bei 39%. Und in diesem Sommer machen sie bereits über die Hälfte des Umsatzes aus.
Allerdings ist die Vielfalt der Produkte und Bezeichnungen inzwischen dermassen unübersichtlich geworden, dass international auf eine Vereinheitlichung der Sonnenschutzkategorien hingearbeitet wird. Ziel ist eine konsumentenfreundliche Skalierung in «leicht», «mittel» und «stark».
Sonnenschutzmarkt in der Schweiz
Umsatz-Marktanteile im Detailhandel (2003) (in %)
Nivea Sun 38.5
Sun Look 35.1
Ambre Solaire 12.6
L'Oréal Solar Ex. 2.4
Andere 11.4
Volumen-Maktanteile im Detailhandel (2003)
Sun Look 42.6
Nivea Sun 33.5
Rest 23.9
Quelle: Migros/ACNielsen