PCPC fliegt via Kopenhagen. Le Président de la Confédération Pascal Couchepin – den das interne Protokoll mit dieser neckischen Abkürzung nennt – kann zu seinem Arbeitsbesuch in China nicht direkt aus der Schweiz anreisen. Denn die Swiss bietet seit Oktober keine Flüge nach Beijing mehr an.

«Wir schütteln hier in China alle den Kopf über diesen Entscheid», sagt Christian Gürtler, der Präsident der Handelskammer SwissCham China. Und die hochkarätige Wirtschaftsdelegation, die den Bundespräsidenten begleitet, schliesst sich seinem Unverständnis an. Denn das wichtigste Ergebnis des Besuchs ist die Anerkennung der Schweiz als offizielles Reiseland: Die Chinesen brauchen in Zukunft keine Einladung mehr, um auf dem Pilatus zu heiraten, aufs Jungfraujoch zu fahren oder auch in Genf nach ihrem Geld zu schauen.

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Die Tourismusbranche hofft, dass sie die ausbleibenden Japaner ersetzen; bis 2015 soll die Zahl ihrer Übernachtungen von 120 000 auf eine Million ansteigen. Aber fliegen müssen sie mit SAS, Lufthansa oder dereinst auch mit einer chinesischen Airline, wie PCPC maliziös anmerkt.

Johann Niklaus Schneider-Ammann
«Natürlich wollen die Chinesen immer abkupfern»


Johann Niklaus Schneider-Ammann, FDP-Nationalrat, Präsident des Branchenverbandes Swissmem und Vizepräsident von Economiesuisse, zählt zu den erfahrensten Schweizer Unternehmern in China. Seine Ammann-Gruppe verkauft seit 1995 Anlagen für den Strassenbau, die Werkzeugmaschinenspezialistin Mikron, die er 2003 übernahm, beschäftigt in Suzhou bei Shanghai 1500 Leute.


BILANZ: Ein Kollege von Ihnen sagt als Besitzer einer weltweit führenden Werkzeugmaschinenfirma, er erhalte von seinen Leuten in China dieselbe Qualität zu einem Sechstel des Lohnes. Es sei deshalb nur eine Temperamentsfrage, wie lange Unternehmer wie er noch in der Schweiz blieben.


Johann Schneider-Ammann: Es ist auch eine Temperamentsfrage, ob man in der Schweiz noch etwas erreichen will. Richten Sie das diesem Kollegen aus. Wer hier bestehen will, kann bestehen. Wir finden immer Auswege, indem wir die Kosten senken und die Innovation vorantreiben.


Sie senken die Kosten aber auch, indem Sie Arbeiten nach China verlagern.


Wir beschäftigen bei Ammann 20 Leute in China, bisher vorwiegend für Projektion und Verkauf. Aber wir evaluieren gegenwärtig drei Standorte für ein eigenes Werk. Im Frühling wollen wir den Grundstein legen und ab 2006 mit 120 Leuten beginnen. Unsere Anlagen werden vor Ort montiert, und wir brauchen dafür «local content», gleich wie in Deutschland, das dafür einen Anteil von 60 Prozent vorschreibt. Es ist aber unsere Politik, dass weiter aus Langenthal kommt, was wir als «noble parts» bezeichnen.


Fürchten Sie denn nicht, dass Sie sich damit Ihre eigene Konkurrenz aufbauen?


Natürlich wollen die Chinesen immer so schnell wie möglich abkupfern. Bei uns kommt es aber auf das Leitsystem an: Wenn eine Anlage steht, kostet das 100 000 Franken am Tag. Und unsere Elektronik lässt sich nicht so leicht kopieren.


Sie haben mit dem chinesischen Markt ja schon einige Erfahrung gesammelt.


Wir kamen 1987 erstmals an eine Messe in Shanghai. Damals sagten wir uns: Da öffnet sich eine grosse neue Welt. Sie braucht zuerst Kommunikationswege, muss also Strassen bauen, und das kann man mit unseren Maschinen. Wir luden deshalb auch Leute vom Innenministerium in die Schweiz ein, um ihnen Brückenbauten zu zeigen. Daraus wurde allerdings nichts: Wir hätten wohl schon damals in China produzieren müssen. Seit 1995 bearbeiten wir diesen Markt mit System. Inzwischen haben wir 70 Anlagen zur Asphaltaufbereitung verkauft, ein Drittel der Strassen in Shanghai ist mit unseren Maschinen gebaut worden.


Sie haben mit dem chinesischen Markt ja schon einige Erfahrung gesammelt. Und das ist erst der Anfang.


Die Unternehmen von Swissmem haben 2002 in China einen Umsatz von 1,5 Milliarden Franken erzielt und dabei gegenüber dem Vorjahr um 23 Prozent zugelegt. Wir rechnen damit, dass die Zuwachsraten in dieser Grössenordnung bleiben.


Ist China also die letzte Hoffnung für die Schweiz?


Nein, die letzte ist es nicht. Aber es ist ein riesiger Öffnungsmarkt, in dem natürlich jeder dabei sein will. Sonst arbeiten wir überall auf Verdrängungsmärkten, die uns vor allem zur Innovation zwingen. Es ist interessant, diese beiden Ansätze zu kombinieren.


Dann glauben Sie noch an eine Zukunft für den Werkplatz Schweiz?


Ja. Ich setze mich in der Politik für die Deregulierung des Binnenmarktes ein, damit die Kosten sinken und die Schweizer Exportprodukte die Wettbewerbsfähigkeit behalten. Denn wenn wir in Langenthal nicht mehr bestehen könnten, dann würde ich als Unternehmer lieber aufhören, als nur in den Osten zu gehen.

Die Lufthansa, weiss die Schweizer Kolonie, verdient mit ihren rund zwanzig wöchentlichen Flügen nach China Geld, gleich wie die Swiss, bevor ihr Sars eine Ausrede bot. «Noch in diesem Jahrzehnt», wettet denn auch ihr Vorsitzender Jürgen Weber, «wird die Lufthansa täglich mehr Passagiere nach China als nach New York transportieren.» Aber die Swiss feuerte ihren Asien-Chef, weil er für seine Strecken nach Beijing und auch Delhi kämpfte – drei Tage vor William Meaney, der für die Entscheide die Verantwortung trug.

Von den Fluglinien einmal abgesehen, pflegt die Schweizerische Eidgenossenschaft aber beste Beziehungen zu China. Das stellt die Delegation gleich beim Besuch bei Staatspräsident Hu Jintao fest, nachdem sie über die abgesperrten Stadtautobahnen von Beijing zum Tiananmen-Platz chauffiert worden ist, wo immer noch das riesige Porträt von Mao prangt. Auch das neue Staatsoberhaupt spricht die alten Verdienste der Schweiz an: Als einer der ersten Staaten anerkannte sie schon vor einem halben Jahrhundert die Volksrepublik; Schindler gründete, als weltweite Sensation, das erste Joint Venture mit einer chinesischen Firma, die «Winterthur» erhielt als erste Versicherung eine Lizenz. Mit Pascal Couchepin reist zum dritten Mal seit 1996 das Staatsoberhaupt nach China, und die Besuche von Micheline Calmy-Rey und Samuel Schmid im Frühling 2003, trotz Sars-Panik, kamen bei den Chinesen gut an. Neben den Nachbarländern, betont der Bundespräsident, tauscht sich die Schweiz mit keinem anderen Staat so gerne aus.

«Die Schweiz geniesst in China einen sehr guten Ruf», weiss Uli Sigg, der 1980 den Deal für Schindler einfädelte und von 1995 bis 1998 das Land als Botschafter in Beijing vertrat (siehe «Unsere Männer in China» auf Seite 91). «Alles, was wir als Klischee der Schweiz betrachten, ist für die Chinesen völlig intakt.» Sie glauben also noch an Verlässlichkeit, Vertragstreue und Qualitätsdenken der Eidgenossen, bestätigt UBS-Generaldirektor Urs Rinderknecht. «Unsere Ausgangslage ist deshalb hervorragend», betont er. «Wir machen es auch gut – besser als zu Hause.»

Seine Bank, die ehemalige SBG, betrieb als Erste schon vor dreissig Jahren Geschäfte in Renminbi («Geld des Volkes»): «Das haben uns die Chinesen nie vergessen.» Die UBS berät denn auch, von ihrem starken Sitz in Hongkong aus, die chinesische Zentralbank, vor allem beim gegenwärtig brisantesten Problem der Geopolitik: der starren Anbindung der chinesischen Währung an den Dollar, die zumindest gemäss dem Gezeter der Amerikaner zur Unterbewertung des Renminbi führt und deshalb den Chinesen beim Export angeblich unfaire Vorteile verschafft.

Um 40 Prozent müsste China den Renminbi aufwerten, um das Handelsbilanzdefizit der USA von 120 Milliarden Dollar auszugleichen. Dazu wird es trotz aller Wahlkampfrhetorik von George W. Bush nicht kommen – schliesslich weisen Ökonomen nach, dass viele US-Multis ihre Gewinne nur noch erzielen, weil sie billig in China einkaufen, so Wal-Mart 70 Prozent der Produkte. «Die Chinesen werden die Währung immer zu ihren Gunsten kontrollieren, da können die Amerikaner lange brüllen», weiss Urs Rinderknecht. Eine bessere Lösung, an der Banken wie die UBS arbeiten, ist das Anbinden des Renminbi an einen Währungskorb mit Dollar, Euro, Yen und allenfalls sogar Franken. «Das zeigt die Bedeutung unserer Handelsbeziehung», sagt der UBS-Generaldirektor im Vorstand von Economiesuisse, «und es zeigt auch, dass der Franken eine Zukunft hat.»

Eitel Harmonie also? Nicht ganz: Mit Schaudern erinnern sich die Beteiligten noch immer an einen der peinlichsten Momente der schweizerischen Aussenpolitik, 1999 beim Staatsbesuch Jiang Zemins. Nicht nur wegen demonstrierender Tibeter am Bundesplatz und angeblich defizitärer Geschichtskenntnisse von Ruth Dreifuss drohte der ehemalige BBC-Ingenieur, der auch seinen alten Arbeitsplatz in Birr besuchte, wutentbrannt vom Staatsbankett wegzulaufen, sondern vor allem wegen eines unverzeihlichen protokollarischen Affronts: Jiang Zemin wurde an den falschen Sitzplatz geführt. In China würde der Protokollchef dafür fristlos gefeuert, zürnte das Staatsoberhaupt – die Schweizer schämten sich aber nicht, sondern feierten die Bundespräsidentin für das Schulmeistern ihrer Gäste. Die Eingeweihten wissen: «Die Chinesen reden nicht mehr davon, aber sie vergessen es auch nicht.» Ein Gespräch mit
Jiang Zemin steht nicht mehr auf dem Besuchsprogramm, angeblich wegen des Protokolls, da er nur noch heimlicher Parteichef ist. Pascal Couchepin sei doch auch heimlicher Parteichef, wendet der Berichterstatter ein. FDP-Nationalrat Johann Schneider-Ammann findet das lustig.

Das Image der Schweiz in China sei sehr gut, hält ein vertraulicher Bericht des Aussenministeriums ebenfalls fest, umgekehrt gelte das allerdings leider nicht, vorwiegend wegen der Fragen um die Menschenrechte. Nicht nur weil es die Schweizer als Schulmeister der Welt von ihm erwarten, spricht denn auch der Bundespräsident bei Staatspräsident Hu Jintao und Regierungschef Wen Jiabao an, was die Chinesen «difficult matters» nennen: Immerhin bildet die Schweiz mit China zusammen Gefängnispersonal aus und besteht bei jedem Memorandum auf einer Klausel betreffend die Menschenrechte. Pascal Couchepin weiss, dass die Staatsführung auf Grund der traumatischen Erfahrungen in der jüngeren Geschichte und der latenten Spannungen im Riesenreich nichts so fürchtet wie das Chaos: «Denselben Horror haben wir Schweizer ja auch – wir sind wohl die Chinesen Europas.» Und als Liberaler meint er auch gegenüber den Journalisten vor Ort, die nur über Verhaftungen von Website-Betreibern sprechen mögen, der Markt werde für mehr Freiheiten sorgen: «Was ist denn der Markt? Doch die Verbreitung von Information! Der Markt wird die Menschen daran gewöhnen, Entscheidungen zu treffen.»

Dieser Markt zählt 1,3 Milliarden Menschen, die von einem besseren Leben träumen, also mögliche Konsumenten: Er verspricht allen gewaltige Chancen, die ihn erobern. Nestlé beschäftigt denn auch in China schon 10 000 Mitarbeiter in 21 Fabriken. Im letzten Geschäftsjahr übersprang der Umsatz eine Milliarde Franken – allerdings erst gut ein Prozent der Verkäufe des Giganten. Novartis, mit einer Produktionsanlage in Beijing, setzt 200 Millionen um: Der chinesische Markt ist damit gegenwärtig Nummer zehn, soll aber – da auch die Chinesen zunehmend an Zivilisationskrankheiten wie Kreislaufproblemen oder Krebs leiden – bis 2020 die Nummer eins werden.

Firmenich in Shanghai
Appetit auf Aromen


Wie das Genfer Unternehmen in China Fuss gefasst hat und die Chinesen mit Aromen eindeckt.


Ein Foto mit Couchepin in der Zeitung wäre ein Hit», sagt Richard Illi, «dann hätten wir ein Jahr lang keine Probleme mit Personalwechseln mehr.» Der Wunsch des Direktors für Produktion und Logistik ging nicht in Erfüllung; dennoch wirkte sich segensreich aus, dass der Bundespräsident der Schweiz mit seinem Gefolge eine halbe Stunde durch das neu erstellte Werk von Firmenich im Industriegebiet von Shanghai eilte. Denn nur so liess es sich zeitgerecht eröffnen.


«Sobald der Besuch bestätigt war, ging alles sehr schnell», stellt Richard Illi fest. Ein Schweizer, der in China bauen will, findet vertraute Verhältnisse vor: «Die Baugesetze sind so schwierig, dass es fast unmöglich ist, auf Anhieb alles richtig zu machen.» Planungs-, Sicherheits- und Umweltbehörden achten peinlich auf das Einhalten aller Vorschriften: «In der Schweiz gibt es zwei, drei Leute, die Sie kennen müssen. Hier sind es zehn – und die wechseln.» Obwohl Korruption in China ein Problem ist, lassen sich die Beamten nicht kaufen und auch nicht drängen. Eine Konkurrentin trat arrogant auf – statt im Februar anfangen zu können, erhielt sie erst im September eine temporäre Bewilligung: «Das ist in einem solchen Markt eine Katastrophe», sagt der Firmenich-Direktor.


Firmenich? Das unbekannte Unternehmen ist mit 1600 Beschäftigten einer der grössten Arbeitgeber Genfs und, nach der Schweizer Givaudan und der amerikanischen International Flavors & Fragrances (IFF), die drittgrösste Herstellerin von Aromen und Parfums weltweit. Der Konzern erzielte im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von 1,9 Milliarden Franken, führt aber in den Unterlagen für China immer noch die Zahlen von 1999 auf. «Die Chinesen sind einfach 40 Prozent Wachstum gewohnt», lacht Richard Illi, «auf Details wie ein paar Millionen mehr oder weniger kommt es ihnen nicht an.» Im Gegensatz zu den Konkurrenten ist Firmenich nicht börsenkotiert, sondern gehört der gleichnamigen Familie. Sie wünscht Diskretion – und die Kunden ohnehin.


Denn zu den wichtigsten Geschäftspartnern zählen die grössten Nahrungsmittelkonzerne der Welt, und diese mögen den Konsumenten nicht verraten, wer ihre Produkte appetitlich macht: Als bekannt wurde, dass Givaudan Aromen an Coca-Cola liefert, setzte es in Atlanta ein Donnerwetter ab. Diese Giganten erobern China, deshalb genügten auch die seit einem Jahrzehnt produzierenden Joint Ventures von Firmenich in Suzhou (Parfums) und Kunming (Aromen) nicht mehr. In Shanghai erwarb das Unternehmen das Baurecht auf 50 000 Quadratmetern für fünfzig Jahre. Zusammen mit den bisher noch geschlossenen dritten Stockwerken und einer Reservefläche von weiteren 43 000 Quadratmetern lässt sich das Werk auf die vierfache Kapazität ausbauen. Es wird nach Genf und Princeton das drittgrösste von Firmenich.


«Das wird unser Referenzprojekt», sagt Richard Illi. Das Werk ist auch in einer Architekturausstellung zu sehen, die das Schweizer Konsulat im 49. Stock des Bund Center veranstaltet, das mit seiner Krone die Skyline von Shanghai prägt. Gebaut hat der Stararchitekt Bernard Vichet strikt nach den Regeln von Fengshui. Aber er pflegt nicht nur chinesische, sondern auch eidgenössische Eigenheiten: Die gediegenen Vitrinen für das Product-Display haben die Form eines Schweizer Kreuzes. Sonst ehrt Firmenich in China das einheimische Schaffen. Sein gediegenes Chefbüro sei für 1500 Franken eingerichtet, stellt Richard Illi fest: «Wir werden in Zukunft auch in dieser Hinsicht global denken – ich mache mir Sorgen um die Schweizer Büromöbelindustrie.»

Dagegen kämpft Schindler darum, wieder den Anschluss zu finden: Dank ihrem Joint Venture bekamen die Liftbauer aus Ebikon in den stalinistischen Achtzigerjahren ihre Aufträge vom staatlichen Planungsministerium. In den kapitalistischen Neunzigern, trotz aufkommendem Wettbewerb, verhielten sich aber die chinesischen Partner wie einst so manche Schweizer Firma: «Wir sind ein Produktionsunternehmen – wir brauchen keinen Verkauf.» Von den fünf Werken betreibt Schindler deshalb heute nur noch eines als Joint Venture: Die lokalen Partner wehrten sich gegen den Auskauf, die Zentralregierung förderte ihn.

Wie viel Geld man verdienen kann, wenn man die echten Bedürfnisse entdeckt und befriedigt, zeigt Ringier: Der Verlag gibt nicht nur Inflight-Magazine für die chinesischen Airlines und Ausgehführer für Beijing und Shanghai heraus, sondern bringt mit «Betty’s Kitchen», Betty Bossi auf Chinesisch, den Einheimischen das Kochen bei.

Die Spülsysteme unter Putz von Geberit wollen sich die Erbauer der aus dem Boden schiessenden Hochhäuser zwar noch nicht leisten: «Die Chinesen sparen gern», weiss Felix Aepli, der CEO Asia Pacific. Er freut sich immerhin über einen Auftrag für 800 Villen in Beijing, während er die Beliebtheit der Technik aus Jona bei den einheimischen Konkurrenten weniger schätzt: «Sie schneiden Bildli aus unseren Katalogen aus», stellt er fest. Und die Wettbewerber liefern dann auch, was sie versprochen haben: «Sie werden verdammt gut.» Denn in Fragen des geistigen Eigentums haben Asiaten eine laxe Haltung, wie Uli Sigg erklärt: «Bei ihnen gilt es als Zeichen von Dummheit, viel Gehirnschmalz zum Erfinden von etwas aufzuwenden, das es schon gibt.»

Der ehemalige Chef von ABB China, Rolf Schaumann, der schon drei Jahre nach seiner Rückkehr in die Schweiz seine Strasse in Beijing kaum wiedererkennt, schwärmt von den Zahlen der Landesgesellschaft: Mit ihren 1,5 Milliarden Dollar Umsatz, erarbeitet von 6500 Beschäftigten, ist sie Klassenbeste weltweit. Vor acht Jahren musste sein Vorgänger als Chef von ABB Schweiz, Alois Sonnenmoser, noch darum kämpfen, mit Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz nach China mitreisen zu dürfen. Als die Delegation aus dem Flughafen Shanghai kam, empfing sie ein riesiges Plakat: ABB. Denn der Elektrokonzern betreibt das grösste Geschäft in China, vor allem dank dem Drei-Schluchten-Projekt. 25 Milliarden Dollar kostet das gigantische Wasserkraftwerk, das seit 1993 und noch bis 2009 gebaut wird. Mehr als eine Milliarde davon geht an ABB, darunter ein Auftrag von 112 Millionen für die Hochspannungs-Schaltanlage ausschliesslich an ABB Schweiz. Dagegen kommt der Konzern, wie Rolf Schaumann klagt, kaum auf den «richtigen chinesischen Markt», denn die Einheimischen schotten ihn mit ihrer eigenen Zertifizierung ab. Das machten die Schweizer ja auch, wendet ein Journalist ein. «Ja», sagt der Bundespräsident, «doch das ist ein Staatsgeheimnis.»

Was aber, wenn die chinesischen Spitzeningenieure nicht nur ihr Land unter Strom setzen, sondern ihre Produkte weltweit exportieren? Bedrohen sie dann den Werkplatz Schweiz? Walter Gränicher, Präsident von Alstom Schweiz, fürchtet sich noch nicht. Sein Unternehmen, die ehemalige Kraftwerkbau-Sparte von ABB, arbeitet auch am Drei-Schluchten-Projekt, und er weiss: «Jährlich kommt in China das Dreifache der installierten Leistung der Schweiz dazu.»

Peter Leupp, der Chef von ABB China, weist darauf hin, dass er für eine halbe Milliarde Dollar die Erzeugnisse von anderen Gesellschaften beziehen muss, so auch Halbleiter aus Lenzburg, Schaltanlagen aus Zürich oder Antriebe aus Dättwil: «Diese Produkte werden wir wohl nie in China lokal herstellen.» Denn der Automatisierungsgrad, beispielsweise beim Herstellen von Turbinenschaufeln in Birr, lässt sich kaum mehr weiter verbessern, wie Walter Gränicher betont: «Die Chinesen holen auf, aber nicht bis übermorgen.»

Wer nur die 1,3 Milliarden potenziellen Konsumenten sieht, muss sich allerdings auf den Boden zurückholen lassen. Er habe schon manchen Schweizer Unternehmern geraten, sich zuerst auf die Märkte der Nachbarländer zu wagen, sagt Uli Sigg: «Sie müssten ein Vielfaches der Ressourcen bereitstellen, um in China einen tauglichen Versuch zu machen. Mit zwei Flugtickets und drei Hotelnächten lässt sich dieser Markt nicht erschliessen.» Er ist riesig und trotz einheitlicher Sprache, Währung und Zeitzone höchst vielfältig.

Im Winter schlottern die Menschen im Norden bei dreissig Grad minus und schwitzen im Süden bei zwanzig Grad plus, weiss Erwin Lüthi vom Swiss Business Hub in Beijing: «Ihr Vertreter in Lappland bedient auch nicht Sizilien.» Selbst die Gigantin Nestlé führt deshalb ihre Glace vorerst nur in Tianjin, der Nachbarstadt von Beijing, ein.

Wie verschieden die Geschmäcker sind, erlebt der Bundespräsident mit seinem Gefolge vier Flugstunden westlich in Dunhuang, einer Oase an der Seidenstrasse in der Wüste Gobi. Auf dem Banketttisch stehen hier, zwischen einem Dutzend weiterer Gänge, gesottene Kamelfüsse, appetitlich in einem Ring aus geschlagenem Eiweiss angerichtet: «Wüsten-Gnagi», wie ein Journalist meint. In der Provinz Gansu suchen Schafe entlang den Strassen nach Gräsern und decken die Menschen ihre Hütten mit Ästen; dass die Staatsführung den Westen nicht vernachlässigen will, verraten nur Flugplätze, Autobahnen und Plakate von China Telecom an Lehmhütten. Das Volkseinkommen pro Kopf beträgt 2000 Franken im Jahr, jenes der Bauern ein Fünftel davon.

Die Schweiz leistet hier Entwicklungszusammenarbeit, eine Hilfe, welche die Chinesen zu schätzen wissen. Als der Konvoi, mit Schweizer Kreuz geschmückt, in der Provinzhauptstadt Lanzhou einfährt, stehen die Einheimischen winkend am Strassenrand. Und Pascal Couchepin freut sich über seine Popularität fern der Heimat: «C’est comme l’arrivée du Tour de France.»

Swiss-Chinese Chamber of Commerce
Das Spiel der Beziehungen


Wie Christian Gürtler in China hängen blieb und für die Schweizer Wirtschaft Türen öffnet.


Als er sich 1988 beim Fitnesstraining in Singapur in eine chinesische Schönheit verliebte, entschied sich, was Christian Gürtler heute macht: Er baute für Sandoz und SKW das Bauchemie-Geschäft in China auf; er gründete den Schweizer Verein in Shanghai; er führt die Swiss-Chinese Chamber of Commerce in China; er lieferte bis vor einem Jahr als Zuständiger für Asien bei der deutschen Degussa die Zusatzstoffe für ein Drittel des Betons, der sich in Shanghai nicht übersehen lässt. «Das ist mein USP», sagt der erfolgreiche Manager: «Mein Track-Record in einem sehr schwierigen Markt, mein kulturelles Einfühlungsvermögen, meine Beziehungen.»


Vor fünfzehn Jahren arbeitete er bei «einer Art interner Unternehmungsberatung» von Sandoz in aller Welt, auch – und nach der Begegnung im Fitnesscenter immer öfter – in Singapur. Und mit der Frau zusammen fand er sich plötzlich auf einem Pressebild wieder: Sie genoss als Filmschauspielerin bei den Chinesen Starruhm. In Zürich, wo Gürtler als Europa-Finanzchef der Sandoz-Tochter Master Builder Technologies (MBT) arbeitete, wusste
niemand etwas über die Qualitäten von Zhong Yaling Gürtler. Deshalb freute sich ihr Ehemann, als er 1994 als Geschäftsführer von MBT nach China gehen konnte.


«Mein Traumjob», sagt er, «weit weg von den Chefs musste ich das Vertrauen unseres chinesischen Partners gewinnen: Dabei räumte mir meine Frau alle Fettnäpfe weg.» Er geniesse jetzt die Reputation, lächelt Gürtler, er verstehe die chinesischen Geschäftspartner, wisse ihre Mimik, ihre Gestik, ihr Verhalten zu deuten. Inzwischen führt er Verhandlungen nur noch mit einfachen Dolmetschern – ganz allein wagt er es auch nach zehn Jahren noch nicht.


Bei Amtsantritt stand der von der japanischen Sandoz-Tochter aufgebaute Betrieb zwei Stunden ausserhalb von Shanghai inmitten von Reisfeldern: «Heute ist alles überbaut, rund herum sind Sulzer, Wander, Coca-Cola.» Als erste Amtshandlung schaffte Gürtler das von den Japanern eingeführte Frühturnen ab, das die Chinesen hassten. Und er fand auch zu den einheimischen Partnern und Kunden einen guten Draht. Dank einem neuen verbündeten Staatsbetrieb in einem Joint Venture, das im Gegensatz zu anderen wirklich etwas brachte, eröffnete sich ihm der Markt für Infrastrukturprojekte: «In Shanghai herrscht bei 42 Wettbewerbern nur für Betonzusatzmittel ein mörderischer Kampf – wir konnten die ausländische Konkurrenz ein für alle Mal aus dem Markt werfen.»


Nachdem Sandoz nach der Fusion mit Ciba-Geigy MBT an die deutsche SKW Trostberg verkauft hatte und deren Mutter Viag nicht mit der Alusuisse zusammengekommen war, landete der Geschäftsbereich nach der Fusion von Viag und Veba in der neuen Degussa. Damit wuchs auch Gürtlers Verantwortung: Geschäftsführer, Country Manager, Senior Vice President Asia/Pacific. Seit Mitte 2002 steht er Degussa als Senior Advisor Asia/Pacific zur Verfügung.


Er könnte sich auch vorstellen, in die Schweiz zurückzukehren, wo seine Frau edle Accessoires aus Seide vertreibt und wohin er seine beiden Kinder ins Wölflilager schickt: «Ich habe zwei Seelen in der Brust. Die Schweiz ist meine Heimat und China mein Zuhause.» Er möchte seine Beziehungen in und zu China auf jeden Fall weiter pflegen, besonders auch, nachdem der Bundespräsident ihm und der gesamten SwissCham China ein Gesicht gegeben hat. «Couchepin hat eine Lanze für uns gebrochen, indem er die Vertreter der Handelskammer erstmals als vollwertige Mitglieder in die Delegation aufnahm», sagt Gürtler. «Nach dem Staatsbankett und den Empfängen stehen wir auf allen Listen: Wenn die Chinesen merken, dass die Schweizer uns akzeptieren, dann akzeptieren sie uns auch.»

Dass sich die Schweiz gerade in der Provinz Gansu engagiert, dürfte ihr Image bei der neuen Führung in Beijing noch verbessern, denn sowohl der Staatspräsident als auch der Regierungschef verbrachten entscheidende Jahre hier. Hu Jintao meldete sich 1966 während der Kulturrevolution freiwillig zu einem Dammbauprojekt und schlug da seine steile Funktionärslaufbahn ein, die ihn schliesslich zum Schützling des Wirtschaftsreformers Deng Xiaoping machte; Wen Jiabao arbeitete als Geologe in der rohstoffreichen Provinz.

Gansu hat die zehnfache Fläche der Schweiz, aber eine ähnliche Geografie mit 70 Prozent unfruchtbarem Gebirge und ein ähnliches ethnisches Problem bei 38 Nationalitäten und starken Minderheiten wie Kasachen, Mongolen und Tibetern. Und was Wen Jiabao sagt, könnte auch von einem Schweizer Volkswirtschaftsminister im Wahlkampf stammen: «Die Landwirtschaft und die ländlichen Regionen allgemein sollen die wichtigste unter den wichtigen Fragen sein.» Die Schweiz hilft aber nicht bei der Ausbildung von Subventionsempfängern, sondern von Staatsmanagern. Im Kaderausbildungszentrum der Provinzpartei, das mit der Fachhochschule Solothurn zusammenarbeitet, findet sich PCPC auf dem PC wieder – als Bildschirmschoner.

Aus der Steppe, wo die Bauern Peperoni in Treibhäusern aus Lehm und Plastikfolien ziehen, fliegt die Schweizer Delegation drei Stunden in den Dschungel von Shanghai: in die Weltstadt des 21. Jahrhunderts, einen exaltierten Mix aus London, Los Angeles und Las Vegas. Bei den Staatsempfängen in Beijing fühlten sich die Wirtschaftsvertreter wie Hofschranzen aus dem 19. Jahrhundert; ihre Anliegen verpufften vermeintlich, in diplomatische Watte verpackt. In Shanghai geht es nur ums Business: Hier sitzt ein Drittel der 580 Schweizer Unternehmen in China, die Importe der Region aus der Schweiz nahmen in den letzten zwei Jahren um je 40 Prozent auf mehr als 800 Millionen Dollar zu. Und die Wirtschaftsleute stellen fest, dass ihnen die ausgezeichneten politischen Beziehungen durchaus nützen.

Thomas Wagner, als ehemaliger Stadtpräsident und Stadtrat von Zürich in der chinesischen Kunst der Konfliktvermeidung erfahren, setzt sich hier für ein Projekt mit zwölf Wasserkraftwerken ein. Und schon in Beijing öffnete er Türen für Burckhardt + Partner: Ohne je in China gewesen zu sein, gewannen die Zürcher Architekten via Internet den Wettbewerb für das Sport- und Kulturzentrum Wukesong, das die Chinesen – wie das Stadion von Herzog & de Meuron – für die Olympischen Spiele 2008 erstellen. Die privaten Investoren drohen sie aber aus dem Projekt zu drängen; Thomas Wagner mit seinen vielfältigen Kontakten wehrt sich deshalb für die Interessen der Schweizer. «Man findet immer einen Weg», sagt er nach einem Gespräch mit dem chinesischen Chefarchitekten, bei dem er auch diskret auf die Unterredung mit dem Staatspräsidenten verwies.

Der Besuch des Bundespräsidenten sorgt dafür, dass sich das neue Werk des Genfer Aromenherstellers Firmenich in Shanghai zeitgerecht eröffnen lässt (siehe «Appetit auf Aromen» auf Seite 87). Und dafür, dass die Einweihung des Swiss Center, samt Alphorn und «Ranz des vaches», auch in die einheimische Presse kommt. Die Deutschen klotzten ihr German Center für 150 Millionen Dollar hin, ihre Handelskammer beschäftigt 80 Leute. Die Schweizer mieten sich bescheiden im Xinzhuang-Industriepark ein, und ihre Handelskammer arbeitet ehrenamtlich: «Wir wollen keine Subventionen», sagt Christian Gürtler, «aber wir wollen Akzeptanz.»

Der Bundespräsident anerkennt die Leistungen seiner Landsleute. Er nimmt als erstes Staatsoberhaupt die Vertreter der Handelskammer in seine offizielle Delegation auf, was ihnen die Akzeptanz bei den Chinesen verschafft (siehe «Das Spiel der Beziehungen» auf Seite 89). Und er hört sich, bevor er sich zum Einkaufen von Geschenken auf dem Bund, der Haupteinkaufspromenade, davonstiehlt, auch ihre Anliegen an. Insbesondere ihre Klagen über das wenig harmonische Verhältnis mit der staatlichen Exportförderin Osec, welche die Swiss Business Hubs in Beijing und Shanghai betreibt. Sie konkurrenziere private Anbieter, sagen die Vertreter der Handelskammer, und der abtretende Osec-Chef führte sich nicht eben kooperativ ein: «Balz Hösly flog mit einer unglaublichen Arroganz ein und kanzelte uns ab wie Schulbuben.»

Dabei liesse sich von den Schweizern in Shanghai viel lernen. Mit zehn Unternehmen auf 15 000 Quadratmetern vermieteter Fläche ist das Swiss Center der grösste Cluster von schweizerischen Firmen im Riesenland. In diesem geschützten Rahmen bekommen auch KMUs die Chance, sich auf den chinesischen Markt zu wagen. Und vor allem erfahren sie, was in China über den Erfolg entscheidet: Guanxi, das Spiel der Beziehungen. In dieser Hinsicht bringen die Schweizer viel Erfahrung mit. «Es ist hier wie bei uns zu Hause: Man muss die Leute in seinem Dorf kennen», weiss Philippe Zwahlen, General Manager des Swiss Center. «Das Dorf sieht einfach ein bisschen gross aus.»

An erfolgreichen Vorbildern mangelt es nicht: Valsider aus Yverdon, die hier das Wolframkarbid für ihre Messer und Klingen zum Schneiden von Zigaretten-filtern oder Windelhöschen beschafft. Lauener aus Boudry, die Präzisionsteile für die Telekom-Industrie dreht, mit einem Return on Investment von 20 Prozent. Oder Kuk Electronic aus Appenzell, die 2,5 Millionen Dollar in ihre Produktion von Mikrospulen für Autos oder Medizinaltechnik investiert. «Der entsprechende Betrag für Nestlé», wissen die Verantwortlichen des Swiss Center, «wäre sieben Milliarden.» Denn wie die anderen Unternehmer glauben die Appenzeller daran, was Uli Sigg sagt: «In China ist alles möglich – und das Gegenteil.»

PCPC fliegt über Paris zurück, übrigens Business-Class. Der Berichterstatter folgt einen Tag später via München:

13 Stunden Nachtflug über die Wüste Gobi, Kasachstan, den Kaukasus, dann zwei Stunden Aufenthalt im Münchner Morgengrauen, schliesslich noch eine knappe Stunde Warten auf der Rollbahn, weil der Nebel in Zürich angeblich keine Landung zulässt.

Vor dem Abflug besucht der Journalist im erst vor einem Jahr eröffneten Luxushotel Westin, wo die Schweizer Delegation nächtigte, den Wellnessbereich. Wie auch die Bäder in den Zimmern, wo sich in einem Granitblock an der Fensterfront mit spektakulärem Ausblick auf die Skyline planschen lässt, verdankt das Wellnesszentrum seine schlichte Schönheit den Valser Thermen von Peter Zumthor, die eifrige chinesische Studenten in der Ausstellung von Schweizer Architektur im angebauten Bund Center besichtigen.

Wohlig entspannt danach in der grosszügigen Lounge beim Tsingtao-Bier, das besser schmeckt als das allgegenwärtige Heineken. Fliessende Regenbogenfarben und stumm flimmernde Bildschirme mit CNN, CNBC und MTV über der Theke, dahinter eine elfenhafte Barkeeperin, wie viele Chinesen wohl zehn Jahre älter, als sie aussieht. So lässt sich am besten über Geopolitik sinnieren. Was ist, wenn das 21. Jahrhundert tatsächlich das Jahrhundert der Chinesen wird? Es ist nicht das Schlechteste, was der Welt passieren kann.

«Betty’s Kitchen»

Plattform für Nestlé und Unilever

Geschnetzeltes mit Pilzen, in der Schale appetitlich angerichtet, begrüsst den Besucher auf der Website www.bettyskitchen.com.cn. Wer die chinesischen Schriftzeichen nicht beherrscht, fühlt sich allerdings in Bettys Küche völlig fremd, abgesehen von einer vertrauten gelben Büchse – unverkennbar ein Aromat-Streuer: Hier kocht Betty Bossi in den Diensten von Ringier.

«Dies ist eine Nation, die das Essen liebt», sagt Tim Murray, General Manager von Beijing Ringier International. Betty zeigt, wie Kochen geht. Und zwar multimedial, mit einem Kochmagazin, mit einer Buchreihe, einem Kochkurs, der Website samt Klub, Betty’s Kitchen Radio und ab 2004 auch Betty’s Kitchen TV. «Kein anderer Brand ist so breit aufgestellt», betont Tim Murray. Und deshalb bietet sein Unternehmen auch die ideale Plattform für Nestlé, Unilever und andere Giganten, welche die Chinesen mit ihren Erzeugnissen auf den Geschmack bringen wollen: «Wir machen ihre unbekannten Produkte bekannt.»

Ringier gibt auch Ausgehmagazine für Beijing und Shanghai sowie Reisebücher heraus, einzigartig ist der Verlag mit seinem Kochkurs: «Bei News- oder Businessmagazinen muss man am Kiosk die Nummer eins sein», weiss Tim Murray, «zum Kochen gibt es sonst nichts.» Das Magazin, im September 2002 lanciert, entwickelt sich prächtig. 200 000 Exemplare kommen in den Verkauf, monatlich über 5000 mehr, und die Kurve sollte bald exponentiell hochgehen.

Warum hat sich gerade Ringier dieses Geschäft geschnappt? Die börsenkotierten US-Konzerne müssten mit Restriktionen leben, glaubt Tim Murray, ein Familienunternehmen könne sich in den Emerging Markets viel wendiger bewegen. Er hat eine Ahnung, wo das alles hinführe: In der Schweiz kommt «Betty Bossi» auf eine Auflage von einer knappen Million – «wohl ein Weltrekord, was die Abdeckung angeht». China hat 1,3 Milliarden Konsumenten: Rechne!

Die Lobbyisten

Unsere Männer in China

Uli Sigg gilt als Botschafter der Schweiz in China, seit er 1980 für Schindler das erste Joint Venture mit einer einheimischen Firma überhaupt einging. Von 1995 bis 1999 liess er sich in der Botschaft in Beijing in die Dienste der Eidgenossenschaft nehmen. Dabei beriet er viele Unternehmer: So erklärte er einem Shampoo-Fabrikanten die Platzverhältnisse in chinesischen Badezimmern. Als Verwaltungsrat stiess er bei Ringier den Boom mit Betty Bossi auf Chinesisch an und brachte die Werbevermarkterin Infront mit der chinesischen Fussballliga ins Geschäft. Daneben sammelt er chinesische Kunst und sucht als Investor Gelegenheiten bei Privatisierungen, die «spontan, nicht wahnsinnig strukturiert» ablaufen.

Thomas Wagner kennt nach eigenem Bekunden China dank mehr als vierzig Besuchen besser als das Wallis. Der ehemalige Stadtpräsident von Zürich pflegte auch nach seiner Abwahl die Städtepartnerschaft mit Kunming. Und er nutzt nach seinem Rücktritt aus dem Stadtrat sein weit gespanntes Beziehungsnetz als Türöffner: «Ich muss mich nur daran gewöhnen, Rechnungen zu schreiben.» Seine Kontakte verhalfen Kaba zu einem Auftrag, für sechs Provinzen fälschungssichere Fahrausweise mit Chip zu liefern. Daneben lobbyiert der Präsident der Gesellschaft Schweiz–China für das Sport- und Kulturzentrum Wukesong in Beijing, bei dem die Zürcher Architekten Burckhardt + Partner den Wettbewerb, aber noch nicht den Bauauftrag gewannen.

Gérald Béroud baute als Soziologe die Schweizerische Fachstelle für Alkoholfragen in Lausanne auf und betrieb danach auch Forschung zum durchaus weit verbreiteten Drogenproblem in China. Als Sinologe, der fliessend Chinesisch – und auch Schweizerdeutsch – spricht, bietet er inzwischen mit Sinoptic (siehe unten) «services et études du monde chinois» an. Zu seinen Kunden gehören KMUs im Swiss Center Shanghai, wo er ebenfalls ein Büro betreibt. Aber er übersetzt auch Beschriftungen für Caran d’Ache, gestaltete eine Flash-Animation samt chinesischen Schriftzeichen für Hermès-Uhren oder suchte für einen Eissegler aus dem Vallée de Joux Informationen über schnell zufrierende Seen in der Inneren Mongolei.

Die Kontaktstellen

Unsere Adressen in China

Informationen und Kontakte zum Geschäft mit China erhalten Sie an diesen Adressen:

Swiss Business Hub China

c/o Embassy of Switzerland
Sanlitun Dongwujie 3
Beijing 100600, P.R. China
www.osec.ch

Swiss Business Hub China

c/o Consulate General of Switzerland
22F, Building A,
Far East International Plaza,
No. 319 Xianxia Road
Shanghai 200051, P.R. China
sbhchina@bei.rep.admin.ch, www.osec.ch

Swiss-Chinese Chamber of Commerce

Höschgasse 83, 8008 Zürich
info@sccc.ch, www.sccc.ch

Swiss Center Shanghai

21-C, 1078 Jiang Ning Road
200060 Shanghai, P.R. China
p.zwahlen@swisscenters.org, www.swisscenters.org

CH-ina Shanghai Office

21-C, 1078 Jiang Ning Road
200060 Shanghai, P.R. China
info@ch-ina.com, www.ch-ina.com

Sinoptic

Ch. des Allinges 6, 1006 Lausanne
info@sinoptic.ch, www.sinoptic.ch