Immer extravagantere Spielwelten treiben Lego und Co. zu immer weiteren Rekorden. Dank digitaler Weiterentwicklungen ist kein Ende der Erfolgswelle in Sicht. An der perfekten Rundum-Vermarktung wird noch gefeilt.

Café, TV-Studio, Popstar-Tourbus, Kreuzfahrtschiff und Klinik mit Neugeborenenstation - im Kinderzimmer gibt es inzwischen kaum noch etwas, was nicht im Kleinen nachgestellt werden kann. Für das Osternest steht in den Regalen der Spielwarenhändler inzwischen beinah jede erdenkliche Themenwelt bereit. Die Designer bei Lego sprechen so auch kaum noch von neuen Produkten, sondern von «Universen» und «Erfahrungen».

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Grossen Anteil am Erfolg

Die Spielwelten haben einen grossen Anteil am derzeitigen Erfolg der Branche. Lego-Chef Jørgen Vig Knudstorp holte das Unternehmen mit Sitz im dänischen Billund von 2004 an aus einer tiefen Krise - auch mit Hilfe der Themenwelten.

«Ich glaube, das Lego, zu dem ich gekommen bin, war verwirrt, was seine Idee und seinen Fokus anging», sagt er. Knudstorp brachte Lego wieder dazu, sich auf den Stein zu konzentrieren - und von da aus zu überlegen: «Wie können wir die ganze Zeit neue Anwendungen für diesen Klotz finden?» Mit den Themenwelten ist man fündig geworden.

Und nicht nur beim dänischen Klötzchenbauer läuft das Geschäft damit blendend. Der Playmobil-Hersteller Geobra Brandstätter erwartet für das erste Jahresquartal ein zweistelliges Absatzplus.

Auf Erfolgskurs dank Themenwelten

Auch die Spielwarenfirma Schleich ist mit einem Umsatzwachstum von 14 Prozent auf Erfolgskurs. Wesentlich dazu beigetragen habe die neue Strategie, neben Einzelfiguren verstärkt auf Themenwelten zu setzen. «Wir planen in 2016, den Anteil der Spielwelten am Gesamtumsatz auf circa ein Drittel anzuheben», sagt Schleich-Chef Dirk Engehausen.

Im Kleinen abbilden, was sich draussen tut, lauten Motto und Herausforderung für die Branche. So alt die Idee sein mag, so viel Potenzial steckt noch in den Spielwelten. Zum Beispiel in Sachen Vermarktung.

Die Themenwelt «Nexo Knights», die Lego im Januar auf den Markt gebracht hat, begleitet etwa eine Fernsehserie, in der die Geschichte von fünf Rittern erzählt wird. Für die Spielzeugproduzenten ist das Geschichtenerzählen um die Spielwelten herum ein Hilfsmittel, um die Kinder zu ködern. «Sie haben Tablets, sie sehen Fernsehshows», sagt Joakim Nielsen, der mit der kreativen Leitung des Projekts «Nexo Knights» betraut ist. «Indem wir grössere Geschichten kreieren, können wir all diese Erfahrungen miteinander verbinden.»

Einstieg ins Filmgeschäft

Lego-Serien gibt es auch zu den Spielwelten «Lego Friends» und «Ninjago» oder zu schon existierenden Geschichten wie «Star Wars». In Zusammenarbeit mit «Angry Birds» ist verkaufswirksam zum Kinostart des Films die passende Lego-Themenwelt in die Regale gekommen.

Auch das Familien-Unternehmen Simba Dickie prüft derzeit den Einstieg ins Filmgeschäft, wie Firmenchef Michael Sieber im Januar ankündigte. Bereits vor einigen Jahren gab es einen Zeichentrickfilm mit den hauseigenen Bobby Cars: Ausgestattet mit eigenen Charakteren düsten sie durch die Gegend. Ähnliches sei nun in der Planung.

In der Digitalisierung steckt noch Potenzial

Die Vermarktung ist das eine, aber auch in der Digitalisierung steckt noch Potenzial. Es gehe darum, die Kinderzimmer-Welt und das digitale Spielen der Kleinen zu vernetzen. «Kinder sehen diese Grenzen nicht, wie wir sie sehen», meint Nielsen. «Für sie sind das nicht zwei verschiedene Dinge.» Deshalb sei es für die Kinder auch ganz normal, die Spielwelt der Ritter samt Burg zu bauen und später Teile des Spielzeugs mit der Tablet-Kamera einzuscannen und in einem Computerspiel zu verwenden.

«Viele Kinder bewegen sich heute sicher auf allen Kanälen und erwarten, dass wir unsere Spielewelten auch digital verlängern», sagt auch Playmobil-Vertriebschef Axel Schmitz. Ravensburger etwa hat sein Digital-Erfolgsprodukt Tiptoi auf Spielwelten erweitert: Im September kommen vier Spielkulissen auf den Markt, die sich wie Tiptoi-Bücher mit einem interaktiven Stift bespielen lassen.

Übertreiben sollten es die Hersteller aber nicht, meint Kinderpsychologe Holger Simonszent. «Das ist natürlich kommerziell bedingt, dass da Bedürfnisse geschaffen und dann entsprechend auch beworben und vertrieben werden.» Grundsätzlich brauche ein Spielzeug aber nicht viel Schnickschnack: «Da reicht die Fantasie normalerweise aus, dass man auch mit einfachem Spielgerät Spass haben kann.»

(sda/ccr)