Die Schweiz hat ein neues Unicorn – ein junges Unternehmen, das mit über 1 Milliarde Dollar bewertet wird. Und einen neuen Milliardär – Carsten Koerl. Der Deutsche, der in Teufen wohnt, ist Gründer, Chef und Mehrheits-Eigner von Sportradar mit Sitz in St. Gallen. Das Unternehmen ist seit dieser Woche 2,4 Milliarden Dollar wert.

Die Bewertung ist zustande gekommen, weil der bisherige Minderheitsaktionär EQT – eine Private-Equity-Gesellschaft aus dem Umfeld des schwedischen Milliardärsclans Wallenberg – seinen Anteil von 35 Prozent verkauft hat. Übernommen haben die Anteile zwei Firmen: erstens das Canada Pension Plan Investment Board, ein Unternehmen, dass die Spargelder des kanadischen Rentensystems investiert und rund 360 Milliarden Dollar verwaltet. Und zweitens die Private-Equity-Firma TCV aus dem Silicon Valley. TCV hat in fast alles, was in den letzten Jahren gross wurde, Geld gesteckt: Facebook, Airbnb, Tripadvisor, Orbitz und so weiter und so fort.

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Prominente Minderheits-Aktionäre – etwa Michael Jordan

Anteile verkauft haben auch weitere Minderheitsaktionäre neben EQT. Allerdings wurde nicht kommuniziert welche. Bislang zählten unter anderem die US-Basketball-Legende Michael Jordan, der Selfmade-Milliardär und Sportclub-Besitzer Mark Cuban sowie Ted Leonsis, ebenfalls Eigner von zwei Sportclubs, zu den Sportradar-Investoren.

Sportradar – das ist «Big Business mit Big Data» Made in Switzerland. Das Unternehmen ist ein globaler Marktführer in der Auswertung und Überwachung von Sportveranstaltungen in 13 Sportarten. Es analysiert gegen 200'000 Spiele pro Jahr und generiert daraus jeden Tag rund 5 Milliarden Datensätze. Diese wiederum verkauft sie an Sportverbände wie die Fifa, den Deutschen Fussballbund, die amerikanische NBA (Basketball), die NFL (Football) oder die ITF (Tennis). Zu den Kunden zählen aber auch Medienhäuser und – immer wichtiger – Anbieter von Sportwetten.

Sportradar zählt gelbe Karten im Fussball, Rückhandwinner im Tennis, Drei-Punkte-Würfe im Basketball und Touchdowns im Football. Alles, was sich irgendwie zählen und statistisch erfassen lässt, lässt die Algorithmen von Sportradar glühen. Das Unternehmen wandelt die Sportereignisse in Daten um – und monetarisiert diese.

Fifa als neuer Kunde

Vor einem guten Jahr gewann das Unternehmen die Fifa als Kunden. Im Auftrag des Weltfussball-Verbandes geht Sportradar nun gegen so genanntes Match-Fixing vor. Fallen in einem Spiel alle Tore nach Foul-Penaltys, schlägt die Sportradar-Software Alarm. Stehen die Wettquoten für ein WM-Spiel auffällig quer zur Stärke der Teams, ebenfalls. «Die Partnerschaft mit der Fifa ist für uns ganz klar ein Game-Changer», sagte Koerl damals.

Sportradar wächst schnell und arbeitet hoch profitabel. Konkret setzte das Unternehmen 2017 rund 290 Millionen Euro um. 2014 waren es erst 90 Millionen. Der Betriebsgewinn lag letztes Jahr bei 43 Millionen Euro. Aktuell beschäftigt das Unternehmen knapp 1700 Personen.

Ex-Adidas-Chef Herbert Hainer ist Präsident

EQT war gemäss Angaben der Nachrichtenagentur «Bloomberg» 2012 bei Sportradar eingestiegen. Einer seiner Fonds hatte damals umgerechnet rund 50 Millionen Euro investiert. Seither hat EQT Sportradar darin unterstützt, das Geschäft auszubauen und zu internationalisieren. Unter anderem über die Übernahmen von GSS, einem Sportdaten-Anbieter in Asien, und Sportman, einem Anbieter von Sportcontent in Bild und Ton. EQT dürfte seine Anfangsinvestition mehr als vervierfacht haben, zitiert «Bloomberg» eine Person, die «mit der Angelegenheit vertraut» sei.

Der Verwaltungsrat von Sportradar wird von Herbert Hainer präsidiert. Hainer war bis 2016 Chef des deutschen Sportartikel-Riesen Adidas.

Mindmaze ist nicht mehr allein

Nun steht er also einem Unicorn vor. Bislang gehört von den Schweizer Startup-Unternehmen nur Mindmaze in diesen exklusiven Club. Mindmaze ist ein Medtech-Unternehmen, das sich auf Technik zur Rehablitation nach einem Unfall oder einem Hirnschlag spezialisierte. Die Firma verbindet dabei bildgebende Verfahren, 3D-Technik und Virtual Reality. Dadurch wird der Heilungsprozess des Patienten beschleunigt, weil er sich gewissermassen selber trainiert.

Gerüchte, dass EQT bei Sportradar aussteigen will, kursieren bereits seit Monaten. Jetzt wird dieser Schritt vollzogen. Allerdings bleibt EQT, wie der zuständige Partner Dominik Stein betont, weiterhin Aktionär bei Sportradar. EQT würde einen Teil des Verkaufserlösen wieder in Sportradar-Aktien investieren.