Urs Rüegsegger, Geschäftsleitungsvorsitzender der St. Galler Kantonalbank (SGKB), hat Erklärungsbedarf. Am Montag, 4. Juli 2005, weilte er in Zürich bei der Tochtergesellschaft Hyposwiss. Grund: Drei Tage zuvor hatte die SGKB die sofortige Trennung von Urs Bolzern bekannt gegeben, dem Chef Private Banking der SGKB und CEO der Hyposwiss. Für Beobachter deutete nichts auf diesen abrupten Abgang hin. Und obwohl Bolzern im Organigramm auf der SGKB-Homepage noch immer in seiner angestammten Funktion erscheint, ist die Trennung sorgfältig eingefädelt worden: Mit dem UBS-Mann Markus Schmid wurde bereits der Nachfolger präsentiert. Er nimmt seine Arbeit bei der SGKB am 1. Oktober 2005 auf.
Nichts zu bemängeln
Die Hintergründe des Rauswurfs sind klar, obwohl sich die SGKB, die fünftgrösste Kantonalbank der Schweiz, nur folgenden Satz abringen lässt: «Unterschiedliche Auffassungen über die Führung und Ausrichtung des Private Banking.» Die strategische Marschrichtung von SGKB-CEO Rüegsegger steht schon lange fest: Wachstum im Private Banking durch Akquisitionen. Daraus lässt sich nur folgern, dass Bolzern organisches Wachstum bevorzugte. Denn sonst gabs an Bolzern offenbar nicht viel zu bemängeln: Der Private-Banking-Neugeldzufluss soll 2005 bislang gut gewesen sein. Dass die Erträge aus dem Vermögensverwaltungsgeschäft gruppenweit bereits ein Drittel ausmachen, ist grundsätzlich ihm zu verdanken. Überdies habe sich Bolzern «nichts zu Schulden kommen lassen», so SGKB-Sprecher Simon Netzle.
Ein anderer Hinweis für die Akquisitionsausrichtung der Bank: Mit Schmid holt sich die SGKB einen Mann mit reicher Investmentbanking-Erfahrung: Er war Leiter des Schweizer IPO-Teams der UBS und 2001 verantwortlich für das IPO der SGKB. Seither hat sich der Aktienkurs verdoppelt.
Vielleicht befürchtet Bolzern, dass sich die Struktur des SGKB Private Banking mit einer Akquisition erneut verändert. Denn nach dem Kauf der UBS-Tochter Hyposwiss 2002 sah sich die SGKB letztes Jahr gezwungen, die rechtlich selbstständige Einheit St. Galler Vermögensverwaltung in das Stammhaus zu integrieren.