Für den Wiederaufbau der weltberühmten Pariser Kathedrale Notre-Dame wird nach Einschätzung von Versicherungsexperten in erster Linie wohl der französische Staat aufkommen müssen. «Im Allgemeinen sind Kirchen in Frankreich Eigentum des Staates und dieser versichert sich selbst», erklärte der Schweizer Rückversicherungskonzern Swiss Re am Dienstag. «Dies sollte auch bei Notre-Dame der Fall sein.»
Eine wichtige Rolle dürften bei der Instandsetzung des Pariser Wahrzeichens indes auch private Spender spielen. «Es liegt wirklich an dem französischen Staat und den Wohltätern, bei der Wiederherstellung und dem Wiederaufbau zu helfen», sagte Robert Read, Leiter des Bereichs Kunst und Privatkunden des Versicherers Hiscox, eines Teils des Versicherungsmarkts Lloyd's of London, zur Nachrichtenagentur Reuters.
Zwei der reichsten Franzosen als Spender
Weite Teile des gotischen Bauwerks auf der Seine-Insel Île de la Cité wurden beim verheerenden Feuer, das Montagabend ausbrach, zerstört. Die Einsatzkräfte und Ermittler suchen weiter nach der Ursache, Anzeichen für eine bewusst herbeigeführte Katastrophe gebe es bislang aber nicht. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte an, die Kathedrale wieder aufzubauen. Das dürfte wahrscheinlich Hunderte Millionen Euro kosten. Zwei der reichsten Franzosen kündigten bereits Spenden von zusammen 300 Millionen Euro an.
«Die Gerüstkosten werden enorm sein, die Sicherung des Gebäudes wird enorm sein. Die Kosten für die Renovierung des (britischen) Parlaments zeigen die Zahlen», sagte Hiscox-Experte Read. Er schätzt, dass die Restaurierung von Notre-Dame bis zu 20 Jahre dauern könnte. Für Kulturgüter und Kunstschätze von grossem Wert gebe es in den meisten Ländern Staatsgarantien, sagte Vincent Dubois, Experte für Kunstversicherung beim Schweizer Versicherer Helvetia. «Es gibt üblicherweise keine spezifischen Reserven dafür. Im Bedarfsfall wird ein Budget zugesprochen.»
Potenzieller Verursacher haftbar?
Swiss Re zufolge bleibt zu klären, ob ein potenzieller Verursacher des Brandes für Schäden haftbar gemacht werden kann. Notre-Dame wurde zu Zeitpunkt des Unglücks renoviert. Branchenkreisen zufolge verfügt der Auftragnehmer über eine «Typischerweise wäre das für zig Millionen Euro», sagte Hiscox-Experte Read. «Aber effektiv wird das ein Tropfen auf den heissen Stein sein, verglichen mit den tatsächlichen Kosten für die Wiederherstellung der Kathedrale.»
In der Regel nicht versichert sind Swiss Re zufolge Kunstwerke und Reliquien, da sie oft unbezahlbar seien. Leihgaben von Privaten dagegen seien versichert. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo sagte, dass viele Kunstwerke in Notre-Dame vor dem Brand in Sicherheit gebracht werden konnten.
(reuters/gku/mlo)