Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat eine Strafanzeige gegen Collardi und weitere Verantwortliche der Bank erhalten und ist aktiv geworden. «Basierend auf einem anonymen Hinweis vom Februar laufen bei der Zürcher Staatsanwaltschaft Vorabklärungen, ob ein Anfangsverdacht für strafrechtliches Fehlverhalten vorliegt», bestätigte ein Sprecher der Justiz gegenüber AWP einen Bericht des Branchenportals «Inside Paradeplatz».
Collardi, heute Partner bei der Genfer Privatbank Pictet, war von 2009 bis Ende 2017 CEO der Zürcher Privatbank Bär. Im Rahmen der drastischen Expansion unter seiner Ägide – so nun der Verdacht – gelangten diverse Problemfälle auf die Kundenliste. Im Februar war Julius Bär von der Bankenaufsicht Finma gerügt worden, weil bei zahlreichen Konten und Zahlungen Mängel in der Geldwäschereiabwehr feststellbar wurden. Bei den Vorkommnissen, die in die Ära Collardi fielen, seien «schwere Verstösse» gegen das Recht geschehen.
Im Zentrum standen mutmassliche Korruptionsfälle rund um den venezolanischen Ölkonzern PDVSA und den Fussballverband Fifa.
Argentinien, Venezuela, Zürichberg
Vor wenigen Tagen wurde zudem bekannt, dass Julius Bär wegen eines weiteren Geldwäschereifalls im Visier der Finma steht: Die Aufsichtsbehörde führt ein Enforcement-Verfahren im Fall eines argentinischen Unternehmers. Untersucht wird, ob bei bei der Betreuung des Kunden Vorgaben zur Geldwäschereibekämpfung verletzt wurden, berichtete die «Neue Zürcher Zeitung» am Mittwoch. Ein Sprecher der Bank Julius Bär bestätigte damals das Finma-Verfahren. Der Fall des argentinischen Unternehmers spielte offenbar in den Jahren 2007 bis 2016.
Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat aber noch kein Strafverfahren gegen Boris Collardi eröffnet; und dieser hat ohnehin als unschuldig zu gelten.
(AWP | rap)