KAFFEEMASCHINEN. Spätestens seit dem Trainingslager der brasilianischen Fussball-Nati im Frühjahr 2006 ist die Thermoplan in Weggis nicht nur Kaffeekennern, sondern der breiten Öffentlichkeit ein Begriff. Das Unternehmen gilt als eigentlicher Senkrechtstarter unter den Schweizer Herstellern von Kaffeevollautomaten für den gewerblichen Bereich. Thermoplans Aufstieg ist eng verknüpft mit der Expansion der Starbucks-Kette. Seit 1999 arbeitet Thermoplan mit den Amerikanern aus Seattle zusammen, und seither ist die Firma jährlich um jeweils 20% gewachsen. Heute steht in jedem der über 13500 weltweit verstreuten Starbucks-Lokale mindestens eine Thermoplan-Kaffeemaschine. Thermoplan-Chef Dominic Steiner beschäftigt inzwischen 170 Personen und hat 2006 die Umsatzschwelle von 100 Mio Fr. überschritten. Auch in diesem Jahr verzeichnet er kräftiges Wachstum, in den ersten neun Monaten ein Plus von 21%.
Starbucks kritisierte Schweizer
Allerdings kursierten in den letzten Wochen in der Branche Gerüchte, Starbucks werde demnächst den Vertrag mit Thermoplan kündigen. Die Spekulationen waren nicht ganz aus der Luft gegriffen, wie Recherchen der «Handelszeitung» zeigen. Die Gerüchte haben ihren Ursprung wohl in einer im Frühjahr gemachten Äusserung des Starbucks-Chefs Howard Schultz. Er kritisierte die Maschinen aus Weggis öffentlich als «zu funktionell» und sprach davon, es sei nun an der Zeit, wieder einmal Änderungen vorzunehmen. Die Verantwortlichen von Thermoplan reagierten und entwickelten ein neues Modell. «Die ersten 50 neuen Vollautomaten haben wir bereits ausgeliefert und in Starbucks-Lokalen installiert», erklärt dazu Steiner. Am 26. November soll zudem in Seattle der entsprechende Vertrag unterzeichnet werden. «Ein Zusatzvertrag, der sich auf das neue Modell bezieht», betont Steiner. Für die herkömmlichen Maschinen gibt es eine vertragliche Vereinbarung zwischen Starbucks und Thermoplan bis 2010 mit der Option auf Verlängerung. Zur Gerüchteküche meint Steiner nüchtern: «Es wird viel dummes Zeugs geredet.» Klar ist allerdings, dass andere Firmen nur zu gerne in die Fussstapfen der Weggiser treten möchten. Weit zu suchen braucht man sie nicht, denn die sechs grössten Produzenten von Vollautomaten für den gewerblichen Bereich befinden sich alle in der Schweiz. Neben Thermoplan sind dies M. Schaerer im Berner Moosseedorf, Franke in Aarburg, Cafina (Melitta) im aargauischen Hunzenschwil, Egro Coffee Systems in Niederrohrdorf SO und HGZ (Rex Royal) in Dällikon ZH. Einzig La Cimbali ist dort angesiedelt, wo man eigentlich die Hersteller solcher Maschinen zuerst vermuten würde, nämlich in Mailand. Für José Tunon, den Marketingverantwortlichen von HGZ, ist Neid gegenüber Thermoplan in diesem Falle der falsche Weg. Denn das ganze Schweizer Vollautomatenwunder beruhe wesentlich auf dem Deal zwischen Starbucks und dem Weggiser Unternehmen, stellt er klar. «Thermoplan ist ein Glücksfall, ein Türöffner für die ganze Branche.» Tatsächlich haben im Sog von Starbucks heute Fastfoodketten wie McDonald’s, Burger King und Subway fast alle grösseren Hotelketten und selbst die Möbelhäuser von Ikea Vollautomaten aus der Schweiz aufgestellt. Hinter dem Gerücht, Thermoplan sei bei Starbucks bald aus dem Rennen, vermutet Tunon vor allem Wunschdenken gewisser Konkurrenten.
Schweizer sind Pioniere
Weitet man den Kaffeemaschinenmarkt über den gewerblichen Bereich auf die Haushalt- und die halbautomatischen Kolbenmaschinen aus, so wird die Liste der erfolgreichen Produzenten etwa mit Namen wie Jura, Aequator oder Saeco noch länger. «Zufall ist diese Konzentration nicht, und sie hat historische Ursachen», erklärt dazu Hans Gattlen, CEO von Egro. Diese Firma war es nämlich, welche die Vollautomatentechnologie bereits vor 40 Jahren in der Schweiz entwickelt hatte. Sie setzte sich allerdings erst mit dem Espresso-Boom in den 90er Jahren durch. Sämtliche Schweizer Hersteller richten sich heute stark international aus. «Weltweit ist das Marktpotenzial noch riesig», erklärt Bernhard Künzler, Marketingleiter von M. Schaerer. Cappuccino und Latte Macchiatto liegen neuerdings auch bei den Milliardenvölkern Chinas und Indiens im Trend. Die Branche erwartet deshalb auch in den nächsten Jahren hohe Wachstumsraten von 15 bis 25%. Noch mehr erhofft sich Ego Coffee Systems, denn die Firma will 2008 eine laut Gattlen «geradezu revolutionäre neue Produktgeneration» lancieren.Die Konkurrenten, die in diesen Tagen an der Branchenmesse Igeho in Basel auf Tuchfühlung gehen konnten, horchen bei solchen Ankündigungen natürlich auf. Die Botschaft soll wohl auch bis zu Starbucks in Seattle vordringen: Damit der Herr über bald 14000 Kaffeehäuser in Zukunft nicht allein mit Thermoplan weiterplant.
Die Endhersteller beziehen ihre Teile mehrheitlich von Zulieferern, dem Rückgrat der Branche
Präzises «Swiss made» ist vor allem auch in den neuen Märkten in Asien gefragt, wo die Kaffeekultur jetzt so richtig entdeckt wird.
Dabei lassen sich Vollautomaten nicht so leicht kopieren. Denn es sind komplexe Geräte mit ausgeklügelter Mechanik und Elektronik. Gemeinsam ist den meisten Herstellern in der Schweiz, dass sie sich auf Entwicklung, Endmontage und Vermarktung konzentrieren, die Teile jedoch mehrheitlich von Dritten beziehen. «Vier Fünftel unserer Komponenten stellen wir nicht selber her», erklärt Dominic Steiner, Chef des Kaffeemaschinen-Vollautomaten-Herstellers Thermoplan. Die lange Kette von Zulieferern ist aber ebenfalls in der Schweiz angesiedelt. Und sie bildet das eigentliche Rückgrat der hiesigen Kaffeemaschinenbauer. Beispiele: Die Prima-form in Thun fertigt Spritzgussformen, die zur Herstellung von bestimmten Kunststoffteilen benötigt werden. Serto in Aadorf TG liefert Rohrverschraubungen. Adval Tech in Niederwangen BE versorgt die Branche mit Baugruppen, Brita in Neudorf LU mit Filtern, die Ems-Chemie mit polymeren Werkstoffen. Das Kleinunternehmen Keller Laser AG in Trimmis mit 50 Beschäftigten schneidet Bleche zu. Diskret im Hintergrund, aber umso mächtiger agiert das Familienunternehmen Eugster/Frismag in Romanshorn: Die Firma ist selber einer der grössten Kaffeemaschinenhersteller, verkauft die Geräte aber nicht unter eigener Marke, sondern produziert für Dritte, unter anderem für Jura. Ingenieurwissen aus der Schweiz hat auch den Maschi-nen von Saeco zum Schub verholfen. Beim Aufstieg dieser Firma hat der Zürcher Ingenieur Arthur Schmed eine Pionierrolle gespielt.