Hinter seinem Namen stehen keine Grossbuchstaben, kein «HSG», kein MBA, auch kein Doktortitel. Der neue Chef der IVF Hartmann AG, der Neuhausener Herstellerin von Wundbehandlungs- und Hygieneprodukten, einem kerngesunden KMU mit rund 500 Mitarbeitern, kommt nicht von einer Eliteuniversität, er kommt von der Front. Gelernt hat Stephan Eckhart Drogist. Und wie die meisten Drogisten-Lehrlinge träumte er zunächst von einer eigenen kleinen Drogerie. «So ein Geschäft in einem Einkaufszentrum.» Er hatte sich schon gesehen als Inhaber einer modernen, erfolgreichen Drogerie, der Madame eine Gesichtscreme empfiehlt, dem Herrn einen Kräutertee, fürs Baby ein Wundpuder.

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Stephan Eckhart hätte sich zweifellos gut gemacht als Verkäufer: Sanfte Stimme, gut aussehend, unaufdringliches Auftreten, vertrauenswürdiges Benehmen, perfekt gekleidet. Die ersten Schritte seiner Karriere lenkte er denn auch in diese Richtung, bildete sich zum eidgenössisch diplomierten Drogisten weiter und lernte dabei einen Freund kennen, der ihm eine zukunftsträchtige Stelle in einer Drogerie in Arosa vermittelte. «Arosa», schwärmt er noch heute, «im Winter Skifahren, im Sommer Golf spielen, so hatte ich mir das Leben damals vorgestellt.» Eckhart hatte schon angefangen, sich ins Dorfleben zu integrieren, sang mit Freunden im Kirchenchor und engagierte sich im örtlichen Samariterverein. «Mir war klar», sagt er, «Arosa würde meine Heimat, und wo man heimisch werden will, da muss man sich hinein geben.»

Geplatzter Traum

Es kam, wie so oft im Leben, ein wenig anders als geplant. Die Drogerie, die er führte, war plötzlich nicht mehr zu kaufen, der Traum vom beschaulichen Leben im weissen Kittel war geplatzt. Eckhart musste sich nach Neuem umsehen.

Wenn einer weiterkommen will in dieser Branche, dann braucht er Vertriebs-, Marketing- und Führungserfahrung. Eckhart bildete sich zum eidgenössisch diplomierten Marketing-Leiter weiter und holte sich die Führungserfahrung da, wo immer mehr junge Schweizer wieder einen Sinn sehen: Im Kader der Armee. «Die Führungserfahrung, die man dort sammelt, kann hervorragend in das Berufsleben adaptiert werden», sagt der mittlerweile zum Obersten und Chef des kantonalen Schaffhauser Verbindungsstabes aufgestiegene Eckhart. «Keine Institution kann so hautnah und in so jungen Jahren Führungserfahrung vermitteln.»

War es in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts allein schon die Zugehörigkeit zur Offizierskaste, die einem Karrieristen Tür und Tor öffnete, so ist es heute die fundierte und in der Praxis geübte Führungsausbildung, die einem Bewerber mit Offiziersrang wieder gute Chancen einräumt. Eckhart jedenfalls hatte damals als Kompaniekommandant im legendären Schaffhauser Füsilierbattaillon 61 genug Erfahrung und Netzwerk im Grenzkanton, dass er sich auf ein Inserat in der «NZZ» als Verkaufsleiter für das Consumer Business bei der IVF Hartmann AG meldete. Heute, zwölf Jahre später, ist er deren CEO, und die Integration in die neue Wahlheimat betreibt der gebürtige St. Galler nicht mehr im Samariterverein, sondern neben der Armee auch als aktiver Vertreter des Unternehmens bei der Schaffhauser Industrievereinigung.

Als Arbeitgeber flexibel sein

«Mit 20 wollte ich die Welt verändern, mit 30 Arosa, jetzt die IVF Hartmann AG», scherzt Eckhart. «Change-Management» heisst das heute, und es beginnt in den Köpfen der Manager. «Ich möchte vermehrt neue Arbeitsmodelle anbieten», sagt er, «Jobsharing, Teilzeitmodelle. Als Vater einer vierjährigen Tochter und Ehemann einer beruflich engagierten Frau verstehe ich Paare, die neben dem Beruf ihre Familien nicht aus den Augen verlieren wollen. Da muss man als Arbeitgeber flexibel werden.» Er selber hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst täglich Zeit für seine Familie aufzubringen. Ein kleines Erfolgserlebnis ist für ihn persönlich, wenn er abends zuhause noch auf eine wache kleine Tochter trifft.

Stephan Eckhart war früher Florettfechter in der Nationalmannschaft. Seinen Führungsstil sucht er seither im direkten Gespräch mit dem Gegenüber. «Das Spannende beim Fechten», sagt er, «ist der direkte Kontakt mit dem Gegner, das gegenseitige sich Messen und die Tatsache, dass es kein Unentschieden gibt.» So lässt er die Geschäftsleitung täglich zu einer halbstündigen Sitzung zusammenkommen, um sie nahe beieinander und im täglichen Gespräch zu halten. «Die Kommunikation über E-Mail ist schon okay», sagt er, «aber im direkten Gespräch spürt man die Menschen viel besser.» «Hot spot» nennt sich das jeweils halbstündige GL-Trefffen nach dem Mittagessen, und es dient dazu, «das Team im Sinne des Unternehmens am Laufen zu halten.»

Momentan geht es Eckhart darum, die IVF Hartmann AG fit zu halten, die Marktposition auf dem Schweizer und dem internationalen Markt zu stärken und das Unternehmen innerhalb des Hartmann-Konzerns als ernst zu nehmendes Entwicklungs- und Produktionszentrum zu profilieren. Dabei muss sich der Standort Schweiz im Umfeld der internationalen Konkurrenz dauernd bewähren. «Wir haben hier in der Schweiz eine hohe Produktivität, eine hohe Arbeitsmoral, ein im internationalen Vergleich gutes Steuerniveau, eine gute Infrastruktur und eine hohe Lebensqualität.» Mit diesem Satz könnte er sich glatt als Leiter eines Standortmarketings bewerben. «Dann würde ich aber nicht nur neue Unternehmen nach Schaffhausen locken», sagt er, «ich würde zuerst die bereits anwesenden besser pflegen.»

Mit dem Mutterhaus im süddeutschen Heidenheim mit einem Umsatz von rund 1,3 Mrd Euro und über 10 000 Mitarbeitern in 36 Ländern hat Stephan Eckhart ein «sehr gutes Verhältnis». Die süddeutsche Kultur komme ihm dabei sehr entgegen, sagt er. «Wir arbeiten sehr erfolgreich hier in Neuhausen, und solange das so ist, gibt man uns viel Autonomie.» Auch schätzt er diesen Umgangston im Hause Hartmann, wo nicht «hire and fire» herrsche wie in amerikanischen Unternehmen, sondern wo es zur Unternehmenskultur gehöre, Karrieren von der Pike auf zu fördern, Leute im Hause aufzubauen und die Perspektiven nicht nur aufs nächste Quartal hinaus zu denken, sondern auf die nächsten fünf Jahre. «Süddeutsche und Schweizer sind sich darin ganz ähnlich», sagt Eckhart, «wir fühlen uns einfach besser, wenn wir verwurzelt sind.»

Er will die Welt umsegeln

Auf die Frage, welchen gelegentlichen Traum Stephan Eckhart in seinem Leben träume, gibt er nach kurzem Nachdenken die Antwort: «Die Welt zu umsegeln.» Nicht, dass er ein Segler wäre, beginnt er zu erklären, obwohl er sich durchaus zutrauen würde, diesen Sport noch zu lernen, er hat ja auch mit 40 noch Snowboarden gelernt für seine kleine Tochter. «Dieses Bild, die Welt zu umsegeln», sagt Stephan Eckhart, «das steht glaub ich für die Sehnsucht, mal etwas zu tun, das sehr lange dauert, etwas, bei dem man Zeit und Musse hat, bei dem man unabhängig ist vom täglichen Geschehen, selbst bestimmt, wo die Herausforderung darin besteht, das zu tun, was man sich selber persönlich wünscht.» Und wenn er zurück ist von dieser Weltumsegelung, sagen wir in 20 Jahren, wo wird er sein? «In den Bergen», sagt er, «vielleicht zurück in Arosa, natürlich nur in Abstimmung mit meiner Familie. Im Winter Skifahren, im Sommer den eigenen Kräutergarten pflegen. Es gibt nichts Schöneres, als so ein Bergfrühling, wenn die Blumenwiesen in eine Farbenpracht explodieren und die Kräuter ihren Duft verströmen.» Das hat er nicht vergessen, dass er am Anfang Drogist gelernt hat.

Profil: Steckbrief

Name: Stephan Eckhart

Funktion: CEO IVF Hartmann AG

Geboren: 27. Juli 1959

Wohnort: Dachsen ZH

Familie: Verheiratet, eine Tochter

Transportmittel: Volvo XC 90

Karriere:

1976-1980 Lehre als Drogist;

1983-1984 Fachhochschule Neuenburg, eidg. dipl. Drogist;

1985-1992 Geschäftsführer der Drogerie Spillmann, Arosa;

Seit 1992 bei der IVF Hartmann AG in verschiedenen Positionen tätig; seit 1. Januar 2004 CEO.Firma

DIe IVF Hartmann-Gruppe in Neuhausen ist eine 60-Prozent-Tochter des deutschen Hartmann-Konzerns, hat rund 500 Mitarbeiter und ist eine der grössten Arbeitgeberinnen im Raum Schaffhausen. Zusammen mit den Tochtergesellschaften setzte die Gruppe 2003 netto 108,4 Mio Fr. um und erwirtschaftete ein Ergebnis von 3,75 Mio Fr. Sie produziert rund 2000 Medizin-, Pflege- und Hygieneprodukte. Das Spektrum reicht von therapeutischen Pflastern über funktionelle Verbände, Erste-Hilfe-Produkte, Inkontinenzprodukte und ein Wattesortiment bis zu Spezialprodukten für den OP-Bereich.