«Wir haben noch nie einen Fall eingestellt», sagt Emanuel Lauber, Chef der Abteilung Strafsachen und Untersuchungen bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) in Bern. Seine Einheit, kurz ASU genannt, ist die gefürchtetste Ermittlungstruppe der Schweiz, die Spezialgarde des Finanzministers. Die etwa 20 Personen kümmern sich nur um schwere Steuerdelikte. Sie führen nur rund zehn Verfahren pro Jahr, diese aber mit enormem Einsatz. Ihren Marschbefehl erhalten die Fahnder vom Vorsteher des Finanzdepartements, nur mit seiner Unterschrift dürfen sie losschlagen wie Staatsanwälte in der Verbrechensbekämpfung – durchsuchen, beschlagnahmen, in Verrechnungssteuerfällen sogar festnehmen. Gemäss Verwaltungsstrafrecht entscheidet das Bundesstrafgericht über Beschwerden der Angeschuldigten. Pro Jahr führen ihre Strafuntersuchungen zu rund 30 bis 40 Millionen Franken Bussen und Nachsteuern, die auch die Kantone einziehen.

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Geheimoperation. Zum Fall Stoffel erteilen weder die ASU noch die ESTV Auskunft. Alle Verfahren stehen dort unter dem Schutz des Steuergeheimnisses, nicht einmal die Existenz eines Verfahrens wird bestätigt. Der Fall des Bündner Immobilienunternehmers ist allerdings in der Banken- und Fachwelt kaum zu verheimlichen, sein Fall hat selbst für die Verhältnisse der ASU-Ermittler eine gewaltige Dimension. Am 9.  Juni wurden nicht nur zahlreiche Büros in den Kantonen Zürich, Zug und Graubünden durchsucht, die mutmasslich eine Verbindung zu Remo Stoffel haben. ASU-Fahnder erschienen auch bei früheren Geschäftspartnern von Stoffel, durchsuchten und beschlagnahmten Akten und Computer, sie tauchten bei einer Revisionsgesellschaft und einer Anwaltskanzlei auf. Landesweit wurden Kontosperren über verdächtige Bankbeziehungen wie auch Grundbuchsperren verfügt.

Betroffen waren sogar Geschäftspartner, die sich längst im Streit von Stoffel getrennt hatten. So ein früherer Mitgesellschafter einer Baufirma, deren Konto gesperrt wurde, obwohl seit vier Jahren keine Beziehung mehr zu Stoffel besteht. Oder ein Generalunternehmer, bei dem unverhofft das Konto einer Tochterfirma gesperrt wurde, weil ein Geldtransfer mit Firmen von Stoffel entdeckt worden war. Von Sperren betroffen war auch Stoffels Widersacher Hannjörg Hereth, weil er früher Gemeinschaftskonten mit Stoffel bei der Bank Julius Bär unterhielt. Diese Kontosperren sind inzwischen aufgehoben.

Im Durchsuchungsbeschluss wird ausdrücklich erwähnt, dass die Dokumente von Stoffels neuer Dachgesellschaft XO Holding zu beschlagnahmen seien. Zur ASU-Ermittlung erklärt Stoffels PR-Berater nun: «Das Unternehmen ist sehr interessiert an einer raschen und umfassenden Klärung dieser aus der Vergangenheit stammenden Fragen und hat den Behörden seine uneingeschränkte Kooperation angeboten.»