Für die Bundesanwaltschaft als Anklägerin ist klar: Privatbankier Oskar Holenweger soll wegen Geldwäscherei zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden. Ganz anders Holenwegers Verteidigung: Sie verlangt, entweder auf die Klage nicht einzutreten oder aber den Bankier freizusprechen – und ihm ausserdem eine Genugtuung zuzusprechen.
Die Bundesanwaltschaft hat am Freitag vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona ihre Strafforderungen präzisiert. Von der beantragten teilbedingten Freiheitsstrafe über zweieinhalb Jahre seien sechs Monate unbedingt auszusprechen, unter Anrechnung der 49 Tage Untersuchungshaft. Die unbedingte Geldstrafe sei auf 400 Tagessätze à 300 Franken festzusetzen.
Verteidiger Lorenz Erni plädierte am Morgen dahingehend, auf die Anklage gegen seinen Mandanten gar nicht einzutreten oder ihn dann vollumfänglich freizusprechen. Zudem verlangte er für Holenweger unter anderem für die Schädigung seines Rufes mindestens 50'000 Franken Genugtuung sowie Schadenersatz.
Vorbehalten sei eine spätere Geltendmachung des Schadens, der Holenweger wegen dem erfolgten Notverkauf seiner Tempus-Bank und seines Ferienhauses entstanden sei.
Im Rahmen ihrer letzten Redemöglichkeiten kreuzten Anklagevertreter Stefan Lenz und Verteidiger Erni am Freitagnachmittag nochmals die Klingen. Der Anklagevertreter rechtfertigte dabei erneut den Einsatz von Ramos.
Zusammenarbeit mit Kriminellen
Dass ehemalige Straftäter, darunter auch Schwerstkriminelle, mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten würden, sei nichts Neues, argumentierte die Anklage. Ebenso wenig könne erstaunen, dass solche Personen in der Regel nicht für Gottes Lohn arbeiten würden. Eine "Erfolgsbeteiligung" sei Ramos allerdings nie zugesichert worden.
Holenweger sei es gelungen, für seinen Kampf gegen die Strafverfolgungsbehörden alte Weggefährten aus Politik und Wirtschaft einzuspannen. Sein Fall habe mit Indiskretionen auch einzelnen Medienleuten schmackhaft gemacht werden können.
Sicherungen durchgebrannt
Erni konterte, dass er nur ein verantwortungsvolles Verhalten der Strafverfolgungsbehörden einfordere. Es sei ihm unverständlich, wie leichtfertig sie mit den Angaben von Ramos umgegangen seien. Alle Sicherungen seien durchgebrannt, und man habe auf jegliche Prüfung verzichtet.
Am Morgen hatte Erni nochmals seine Ansicht bekräftigt, dass das ganze Untersuchungsverfahren gegen seinen Mandanten ungesetzlich gewesen sei und die erhobenen Beweise deshalb nicht verwendet werden dürften, weil der Anfangsverdacht einzig auf den Angaben des mehr als fragwürdigen Informanten Ramos basiert habe. Unabhängig davon habe sich aber Holenweger ohnehin in keiner Weise strafbar gemacht.
Urteil am Gründonnerstag
Die Bundesanwaltschaft lastet dem Zürcher Privatbankier an, als Drehscheibe für Bestechungszahlungen des französischen Industriekonzerns Alstom fungiert zu haben. Zudem soll er für einen verdeckten Ermittler 830'000 Euro an vermeintlichem Drogengeld gewaschen haben.
Laut Anklage hat sich Holenweger der mehrfachen Urkundenfälschung, der Gehilfenschaft zu ungetreuer Geschäftsbesorgung, der qualifizierten Geldwäscherei und der Bestechung fremder Amtsträger schuldig gemacht.
Das Gericht wird sein Urteil voraussichtlich am kommenden Gründonnerstag um zwei Uhr nachmittags verkünden.
(cms/sda)