Die grosse Zürcher Privatbank Vontobel kommt nicht zur Ruhe. Gestern gab die Bank überraschend drei Abgänge aus dem Verwaltungsrat bekannt. Zurück tritt der Zürcher Universitätsprofessor und Rechtsanwalt Hans Caspar von der Crone, Vorsitzender des für den Jahresabschluss zuständigen Audit Committee. Ihm gleich tun es Heinz Roth und Heinrich «Henry» Wegmann, beide ehemalige Topmanager der Credit Suisse. Von der Crone und Wegmann gehen per sofort, Roth legt sein Mandat auf die ordentliche Generalversammlung im Frühling nieder.

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Dass der oberste Audit-Verantwortliche von der Crone wenige Tage vor dem Jahresabschluss von Bord geht, lässt bei Beobachtern die Alarmglocken läuten. Tatsächlich scheint von der Crones Abgang im Zusammenhang mit Bewertungsfragen des grossen Geschäftsbereichs der strukturierten Produkte zu stehen. Diese Produkte haben Vontobel zu einer führenden Investmentbank auf dem Platz Zürich gemacht und steuern einen grossen Anteil zum Unternehmensgewinn bei.

Laut verschiedenen Vontobel-Vertrauten hat von der Crone seit einiger Zeit auf eine grundsätzliche Anpassung des Geschäftsmodells der strukturierten Produkte gedrängt. Seit dem Konkurs der US-Investmentbank Lehman Brothers Mitte September ist das Geschäft mit solchen Produkten praktisch versiegt. Vontobel als grosse Anbieterin beschäftigt teure Spezialisten. Von der Crone soll eine dringende Debatte über die Zukunft und Grösse des Geschäfts gefordert haben sowie über die Frage, welche Produkte noch herausgegeben und welche von Drittanbietern verkauft werden sollen.

«Es gibt einen Konflikt»

Statt diese Diskussion zu führen, wurde von der Crone offenbar eröffnet, er würde im April 2009 an der ordentlichen Generalversammlung nicht mehr als Verwaltungsrat nominiert. Darauf hat von der Crone sein Mandat per sofort niedergelegt. Von der Crone wollte sich zu seiner Demission nicht äussern. «Selbstverständlich gibt es einen Konflikt», sagt er lediglich. Er ziehe die Konsequenzen, wenn «ich finde, dass die Zusammenarbeit nicht mehr stimmt».

Henry Wegmann, der bereits vor zwei Monaten seinen ordentlichen Rücktritt auf die Generalversammlung 2009 intern bekannt gegeben hat, legt aus Protest gegen die Art und Weise der Absetzung von der Crones sein Mandat jetzt ebenfalls per sofort nieder. «Dass die Bank von der Crone nicht mehr im VR haben wollte, hat mich völlig überrascht», sagt Wegmann der «Handelszeitung». Aus diesem Grund habe er seinen bereits angekündigten Rücktritt vorgezogen. «Dem Vorsitzenden des Audit Committee wenige Tage vor Jahresabschluss das Vertrauen zu entziehen, finde ich falsch», erklärte Wegmann. «Wenn einem ein Gesicht nicht mehr passt, kann man eine Trennung auch elegant vollziehen.» Der dritte zurücktretende Vontobel-VR ist Heinz Roth, wie Wegmann ein langjähriger CS-Manager. Roth war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Laut Vontobel-Sprecher Jürg Stähelin hängen die Rücktritte nicht mit Problemen bei den strukturierten Produkten zusammen. Aber: «In einer solchen Marktphase ist es normal, dass einzelne Geschäftsaktivitäten und die damit verbundenen Risiken kritisch hinterfragt und überprüft werden. So auch unser Geschäft mit strukturierten Produkten, das nach wie vor profitabel ist.»

Viele überraschende Wechsel

Die Bank ist zwar börsenkotiert, wird aber laut Unternehmenskennern durch die Familienstiftung von Ehrenpräsident Hans Vontobel dominiert. Wie ein rotes Band ziehen sich überraschende Wechsel in der obersten Leitung durch die Geschichte des Instituts. 2004 musste Vizepräsident Hans Geiger gehen, ein Jahr später war Präsident Peter Wagner an der Reihe.

Durch die jetzigen überraschenden Abgänge gebe es keine Änderungen beim Abschluss, sagt Sprecher Stähelin. Neu in den VR berufen werden sollen Ann-Kristin Achleitner (Professorin und Wissenschaftliche Direktorin an der TU München), Frank Schnewlin (ehemaliger Bâloise-Chef) und Philipp Cottier (ehemaliger Chef von Harcourt Investment Consulting).