Nächstes Jahr wird der Hauseigentümerverband Schweiz (HEV) hundertjährig. Für den Direktor Ansgar Gmür Grund genug, dieses «seltene Fest» mit einer Vielzahl von Aktivitäten zu begehen, unter anderem einem «Tag des Eigentums». Doch ausgerechnet Postchefin Susanne Ruoff will da nicht mitmachen. Sie hat dem umtriebigen Gmür einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Der HEV wollte das Jubiläumsjahr 2015 mit einer Sonderbriefmarke krönen und reichte ein Gesuch ein. Gemäss Artikel 42 der Postverordnung kann die Post Sondermarken herausgeben, ins-besondere «für wichtige nationale oder internationale Veranstaltungen, Bestrebungen nationaler oder internationaler Institutionen sowie für Organisationen von grosser allgemeiner Bedeutung».
Sonderbriefmarke zu Russland sorgte für Aufruhr
So gab der gelbe Riese 2014 spezielle Briefmarken heraus: zu 100 Jahre Schweizer Luftwaffe, 125 Jahre PilatusZahnradbahn, dem Internationalen Jahr der Kristallographie sowie anlässlich des 200-Jahre-Jubiläums der diplomatischen Beziehungen Schweiz-Russland, welche angesichts der Ukraine-Krise für negative Schlagzeilen sorgten.
Doch der HEV wird im kommenden Jahr keine Sondermarke erhalten. Wie Kurt Strässle, Leiter Briefmarken und Philatelie, Gmür mitteilte, hat Konzernleiterin Ruoff entschieden. «Wegen der vielen Anfragen müssen jedes Jahr zahlreiche an sich berechtigte Gesuche als überzählig ausgeschieden werden. Darunter fällt leider auch Ihre Anfrage», beschied Strässle dem HEV.
Vorwurf der Vetterliwirtschaft
Gmür lag diese Absage auf dem Magen. Er intervenierte zusammen mit dem HEV-Präsidenten, Nationalrat Hans Egloff, bei Bundesrätin Doris Leuthard. Diese erinnerte in ihrer Stellungnahme die beiden Herren daran, dass die Landesregierung zwar der Post die strategischen Ziele vorgebe, diese aber in ihrer operationellen Tätigkeit eigenständig sei. «Ich muss Sie um Verständnis bitten, dass es mir nicht zusteht, in diesen Entscheidungsprozess einzugreifen», schloss Leuthard ihr Schreiben.
Gmür konnte es nicht unterlassen, im Verbandsorgan «Hauseigentümer» gegen die Post zu gifteln. Er wittert Vetternwirtschaft mit Postpräsident Peter Hasler im Zentrum: «Der WWF (50 Jahre) und der Verband der Blasmusikanten (150 Jahre) bekamen eine Post-Sondermarke. Wahrscheinlich ist es Zufall, dass der Postpräsident Hasler Blasmusik spielt und er im WWF-Stiftungsrat war.» Besonders bitter sei, dass diese Institutionen alle wichtig seien, nur die Hauseigentümer nicht.
«Keine Checkliste»
Die Post will inhaltlich nicht auf Gmürs Kritik eingehen. Mediensprecher Bernhard Bürki präzisiert, dass die Post jedes Jahr rund 30 Gesuche für Sondermarken erhalte, jeweils aber nur 5 bis 10 bewilligen könne, so auch 2015. Bürki betont, dass die Post nicht gegen den HEV entschieden habe und es keinerlei Differenzen zum Verband und zu deren Direktor gebe. Auf die Frage, nach welchen Kriterien konkret entschieden werde, meint Bürki, es gebe «keine Checkliste». Also doch Willkür? Der Postsprecher verneint kategorisch.
Immerhin hat Gmür eines erreicht. So soll die Post-Konzernleitung über neue Vorschriften mit griffigen, nachvollziehbaren Kriterien für den Erlass von Sondermarken nachdenken. Denn die Absage hat bislang vor allem für Eines gesorgt: viel Ärger für nichts.
Weitere Themen lesen Sie in der neuen «Handelszeitung», ab Donnerstag am Kiosk oder mit Abo bequem jede Woche im Briefkasten.