Christian Dallmann ist gerade mal 25 Jahre alt und bereits eine respektable Grösse im Schweizer Supercomputergeschäft. Inzwischen fürchten sich sogar US-amerikanische Industriekolosse vor dem jungen Schweizer, der zusammen mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder François, dem Vater sowie einem Dutzend Angestellten seit ein paar Jahren die wohl leistungsfähigsten Computer «made in Switzerland» baut.
Und dies mit beachtlichem Erfolg: Erst vor einer Woche gewann Dalco - so heisst die Firma im Mehrheitsbesitz des Älteren der Dallmann-Brüder - eine Ausschreibung der Universität Zürich. Das Erstaunliche: Die Kleinfirma setzte sich in der Endausmarchung gegen die ungleich mächtigeren Mitbewerber IBM und Hewlett-Packard durch - immerhin die Nummern eins und zwei des internationalen Computergeschäfts.
Dallmanns Firma Dalco darf nun den leistungsfähigsten Computer der Schweiz in öffentlicher Hand bauen. Ausgestattet mit 512 Prozessoren dürfte die Maschine, wenn sie Ende Jahr an der Uni Zürich das erste Mal «hochgefahren» wird, die Leistungsdaten der Rechner im Tessiner Supercomputingcenter Manno und im Rechenzentrum der benachbarten ETH, wo bereits mehrere schnelle Dalco-Rechner im Einsatz stehen, deutlich übertreffen.
Die in glänzendes Schwarz gehüllte Maschine soll dem naturwissenschaftlichen Rechnen an der Uni Zürich neuen Schub verleihen. Der Auftrag wird auch reichlich Geld in die Kassen spülen. Gegen 1,2 Mio Fr Umsatz rechnen sich die Dallmanns aus. Bis Ende Jahr peilt das vollständig eigenfinanzierte Unternehmen einen Umsatz von total 15 Mio Fr an, nach 12 bzw. 9 Mio Fr in den Jahren zuvor.
Vater Franklin Dallmann darf zu Recht stolz auf seine Jungs sein. Er, der seinem Sohn hierarchisch unterstellt ist und für den Verkauf und das Marketing zuständig ist, trägt selbst grossen Anteil am Erfolg von Dalco - vor allem als Know-how-Träger. Während 13 Jahren arbeitete er nämlich bei Digital Equipment und später bei Compaq, die Digital Ende der 90er übernommen hat. Dallmann war so etwas wie der Hardware-Guru der Schweizer Niederlassung und galt als eigentlicher Prozessorspezialist, er war auch der Leiter der gewichtigen Server-Abteilung. Das in all den Jahren gesammelte Wissen stellt er jetzt seinen Söhnen zur Verfügung.
*Sein Name ist Matterhorn*
So auch beim Design des jüngsten Hochleistungsrechners für die Uni Zürich, der dereinst den stolzen Namen «Matterhorn» tragen wird. Noch allerdings steht die weltberühmte Bergspitze in Einzelteilen zerlegt in der Dalco-Fabrik in Volketswil, wo die Firma in einem unscheinbaren Bürogebäude eingemietet ist. Im Gang türmen sich die ersten nackten Gehäuse und warten auf den ersten Arbeitsschritt. Sie sind flach wie Pizzaschachteln und werden mit Standardkomponenten wie zwei 64-Bit-AMD-Prozessoren der Opteron-Klasse, einer Harddisk, einem Laufwerk, reichlich Arbeitsspeicher und vielen Ventilatoren bestückt.
Da die Rechenpower einer einzelnen «Pizzaschachtel» nie und nimmer reichen würde, um die geforderte Leistung zu erbringen, müssen total 256 dieser Einschübe über spezielle Verbindungstechniken zu einem so genannten Cluster zusammengeschlossen werden. Durch geschicktes Verteilen der Rechenlast wird so eine Leistung von mehr als einem Teraflops erzeugt. Betrieben wird der Rechner übrigens mit dem Gratisbetriebssystem Linux.
Dass sich eine kleine Firma wie Dalco gegen Konkurrenten wie IBM und HP durchzusetzen weiss, ist aussergewöhnlich - ein Wunder ist es nicht. Ein Grund sind die verbreiteten Industriestandards, die proprietäre Computertechniken selbst im Hochleistungsbereich allmählich verdrängen. Sie machen es möglich, dass selbst kleine Firmen die nötigen Komponenten eines Computers, mithin eines Supercomputers, auf dem Weltmarkt für wenig Geld zusammenkaufen können. Genauso einfach zugänglich ist das Wissen, wie man die Maschinen zusammensetzt. Der Erfolg der Firma Dell beispielsweise basiert denn auch im Wesentlichen auf einem ausgeklügelten Logistiksystem und weniger auf aussergewöhnlichen Ingenieurleistungen.
Genauso sieht es auch Christian Dallmann, der keinen Hehl daraus macht, dass einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren der Einkauf der Komponenten sei. Dabei verlässt sich Dalco meist nicht auf die lokalen Distributoren, sondern klopft direkt bei den Herstellern an. Seien es AMD, Intel, Kingston oder Hitachi, Dallmann verfügt über einen direkten Draht in die Headquarters. So komme er nicht nur schneller an das nötige Know-how heran, sondern könne die Komponenten auch zu Vorzugspreisen beziehen. Die Motivation der Lieferanten, direkt mit einer kleinen Firma wie Dalco zusammenzuspannen, liegt laut Dallmann im Rückfluss von Erfahrungen, die Dalco bei den Einsätzen im Hochleistungsbereich sammelt.
*Differenzierungsmerkmal ist die Ingenieurskunst*
Denn eins ist klar: Trotz Kommodifizierung bewegen sich die Hochleistungscomputer im Grenzbereich, wo die Ingenieurskunst immer noch den entscheidenden Unterschied bewirken kann. Besonders gefordert ist Dalco beispielsweise bei der Hitzeabfuhr, doziert Christian Dallmann. «Weil die Prozessoren immer mehr Energie aufnehmen und sehr viel Wärme abgeben, muss bei der Anordnung der einzelnen Komponenten im Chassis immer auch auf die kühlende Luftströmung geachtet werden, die möglichst ohne Hindernisse zirkulieren soll.» Der Vater hört gespannt zu und bemerkt, dass man auch die Kartonschachteln wieder mal wegräumen müsste, um ungehindert im Gang zirkulieren zu können.
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Supercomputer: Die schnellen Brüter aus Volketswil
Ein kleiner Familienbetrieb baut die schnellsten Computer der Schweiz - und lässt dabei amerikanische Informatikgiganten wie IBM und Hewlett-Packard alt aussehen.
Von Beat Schmid
am 04.11.2003 - 19:17 Uhr
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