Für wohlhabende Privatpersonen sind Family Offices so etwas wie die eigene Bank. Bereits vor knapp 200 Jahren gründeten die reichen Familien Morgan, Guggenheim, Dupont und Vanderbilt in den USA das erste Family Office. Lange blieb diese Institution ausgewählten Familien mit umfangreichen Vermögenswerten vorbehalten. Die laufend breitere Streuung des Reichtums in den entwickelten Ländern sorgte aber erst jüngst für eine rasche Expansion. Die Vertraulichkeit ist allerdings geblieben. Wie viel Geld die Familiy Offices verwalten, ist streng geheim. Immerhin gibt es Schätzungen über diese Art der Vermögensverwaltung weltweit. Pierre-Alain Wavre, Leiter des Pictet Family Office, geht von annähernd 4000 Gesellschaften weltweit aus, wobei die Mehrheit auf Nord- und Südamerika entfällt, während sich 200 im asiatisch-ozeanischen Raum befinden und von den rund 500 europäischen Firmen etwa 300 ihren Sitz in der Schweiz haben. Das ist kaum zufällig: Der hiesige Finanzplatz gilt als global wichtigste Drehscheibe für das Geld der Superreichen.
Gesamtsicht der Kunden
Hinter einem Family Office verstecken sich ganz verschiedene Geschäftstypen. Zum einen gibt es Gesellschaften, die sich ausschliesslich auf finanzielle Investments konzentrieren, während anderseits die breit aufgestellten Family Offices sämtliche Dienstleistungen bis zu den weichen Concierge Services offerieren. Innerhalb der Branche wird differenziert zwischen dem Single Family Office (SFO) und dem Multi Family Office (MFO), das entweder völlig unabhängig oder als Zweigstelle einer Bank fungiert (siehe Kasten).
Für Peter Schuppli, Managing Partner Cottonfield Family Office in Zürich, zeichnet sich ein MFO in erster Linie durch die Unabhängigkeit aus: «Wir vertreten immer die Gesamtsicht des Kunden.» Dazu zählt er eine umfassende Vermögensstrukturierung nach Anlageklassen, die bankunabhängige Konsolidierung, die Auswahl der besten Manager und eine professionelle Begleitung der Kunden bei Direktanlagen.
Die unabhängigen Family Offices haben nach der Finanzkrise eine zusätzliche Nachfrage erlebt. Teilweise massive Vermögenseinbussen sorgten für die Erkenntnis, dass ein gut überwachter Anlageprozess mit dem Ziel des Kapitalerhalts vor unkontrollierten Verlusten schützt. Das hängt auch mit einem veränderten Investitionsverhalten bei den Family Offices zusammen. Früher galt der Grundsatz, das Geld über Generationen hinweg zu erhalten. Der Börsenboom in den 90er-Jahren verleitete viele Manager jedoch dazu, das Vermögen in riskantere Finanzinstrumente wie etwa Hedge-Fonds, Private Equity und weitere alternative Anlagen zu investieren. Zwei Einbrüche an den Aktienmärkten im letzten Jahrzehnt haben in den Büchern entsprechende Spuren hinterlassen.
Fehlen einer Langfriststrategie
Die Investitionsstrategien sind bei den einzelnen Family Offices gemäss einer Studie von J.P. Morgan sehr heterogen. Oftmals wird eine Strategic Asset Allocation auf lange Frist gar nicht definiert. Im Unterschied zu anderen institutionellen Anlegern wie Pensionskassen oder Versicherungen investieren Family Offices in traditionelle und exotische Anlageklassen wie etwa Kunst, Luxus-Liegenschaften oder Shipping. Bei der Befragung von 25 Family Offices mit Schwerpunkt Schweiz wurde deutlich, dass diese Institute bei der Vermögensverwaltung in der Regel sehr kostenbewusst agieren.
Für Ultra High Net Worth Individuals werden vermehrt auch unabhängige Entschädigungsmodelle wichtig. Während banknahe Family Offices einen Prozentsatz des Anlagevermögens oder der Rendite als Aufwand verrechnen, orientieren sich die eigenständigen Multi Family Offices bei der Verrechnung zu einem guten Teil am zeitlichen Einsatz. Cottonfield-Chef Peter Schuppli legt grossen Wert auf eine Trennung von inhouse erbrachten Leistungen und Outsourcing. Als Mitglied der Aquila-Gruppe besorgt das Stammhaus der Gruppe operative Aufgaben wie Accounting, Revision, IT und das Controlling. Dazu kommen von einem zentralen Anlagekomitee solide Ideen für einen bankunabhängigen Investitionsprozess. Die Partner können sich bei diesem Modell auf ihre Kernaufgaben der Kundenberatung konzentrieren.