Vor anderthalb Jahren hatte jemand bei der Fluggesellschaft Swiss die Idee für einen Schoggibrunnen im Flugzeug, in den die Passagiere dann Fruchtstücke hätten tunken können.
Die Idee wurde nie umgesetzt – man stelle sich die Sauerei bei Turbulenzen vor! Doch die Episode zeigt, wie kreativ die Nachfolgerin der Swissair dabei ist, sich schweizerisch zu inszenieren – obwohl sie in deutschem Besitz ist. Das verkauft sich schliesslich gut.
Doch die Hatz nach Swissness kann peinlich werden. Wie der «SonntagsBlick» aufgedeckt hat, tischt die Airline Economy-Passagieren auf Langstreckenflügen Mahlzeiten auf, die günstig in Deutschland produziert wurden.
Obwohl sie mit «Produkten in bester Schweizer Qualität» wirbt. Die Swiss gibt zu, dass sie das «etwas irreführend dargestellt» habe. Heute schiebt sie nach, dass das Menü übrigens schon zu Swissair-Zeiten in Deutschland zubereitet worden sei.
Dutzende aus Deutschland
«Blick» weiss von einer weiteren absurden Praxis der Lufthansa-Tochter: Dutzende Mitarbeiter, Piloten wie Flugbegleiter, pendeln von weit weg mit dem Flugzeug zum Arbeitsort am Flughafen Zürich. Aus Sprachgründen überrascht es kaum, dass die meisten von Deutschland herfliegen.
Die Beweggründe: Laut Denny Manimanakis (49), Präsident der Gewerkschaft des Kabinenpersonals (Kapers), können sich viele Flugbegleiter kein Leben in einer eigenen Wohnung in Flughafennähe leisten. «Der Basislohn liegt zu Beginn bei 3400 Franken. Den 13. Monatslohn gibts erst ab dem sechsten Arbeitsjahr zumindest teilweise ausbezahlt.»
Dann sind die meisten aber schon wieder weg: Nicht mal die Hälfte bleibt mehr als drei Jahre an Bord. Traumberuf Stewardess? Das war einmal. Vor drei Jahren organisierte die Swiss sogar Mitarbeiter-Castings in Deutschland und Österreich.
Bedingungen für die Anreise
Ein Swiss-Sprecher sagt auf Anfrage, heute sei die Bewerbungslage wieder gut. «Für viele unserer Mitarbeitenden ist es ein Traumberuf, der sich im Wandel der Zeit wohl verändert, an Faszination aber nur marginal eingebüsst hat», sagt er über die Flugbegleiter.
Wie viele der Angestellten im Flugzeug nach Kloten pendeln, sagt er nicht. Kapers und die Pilotengewerkschaft Aeropers berichten von zahlreichen Fällen. Flugbegleiter gehen gegenüber Blick von über 100 Personen aus.
Total sind gegen 30 Prozent des Personals in Swiss-Flugzeugen Ausländer. Die meisten leben entweder in der Schweiz oder im nahen Ausland. Die Anreise darf nämlich nicht länger als drei Stunden dauern, sonst wären die Crews zu müde. Bei Pikettdienst muss man sogar innert einer Stunde einsatzbereit am Flughafen sein können.
Zahlen für Zubringerflüge
Für die Swiss ist das alles, was zählt: «Swiss schreibt ihren Mitarbeitenden den Wohnort nicht vor. Für uns zählt, dass unser Personal rechtzeitig, ausgeruht und entsprechend vorbereitet zum Flugdienst erscheint.»
Und wie lösen die Flugi-Pendler das Problem? Im Operation-Center der Swiss, wo sich die Crews vor den Flügen tummeln, stehen nur ein Dutzend Betten. «Blick» weiss: In den nächsten Tagen entscheidet das Management über einen Ausbau der Schlafplätze.
Pendler bezahlen für Transfers
Viele Pendler leisten sich darum eine geteilte Unterkunft in Flughafennähe, die sie bloss zum Schlafen nutzen. Zudem müssen sie die Flüge in die Schweiz bezahlen. Pro Jahr bekommen Mitarbeiter nur eine Handvoll Gratis-Tickets.
Auf die sogenannte Standby-Option, mit der sie auf allfälligen leeren Plätzen mitfliegen dürfen, haben sie keine Garantie. Sprecher Manimanakis: «Darum bezahlen die Pendler den Grossteil der Transfers selbst.» Der Swiss-Lohn scheint für diese Lösung gut genug zu sein.
Dieser Artikel erschien zuerst beim «Blick» unter dem Titel: «Crews pendeln aus dem Ausland im Flieger zur Arbeit».