Wer weitgehende Expansionspläne hegt, braucht gute Rahmenbedingungen. Diese Devise hatte beim Entschluss der Swiss Post Net AG und Parcel Logistics AG, im Frühjahr 2005 vom solothurnischen Kestenholz ins weiter östlich gelegene aargauische Oftringen umzusiedeln, Pate gestanden. Seither sind die symbiotischen Töchter der Schweizerischen Post dort unter dem Dach eines 12 Mio Fr. teuren, eigens auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Terminalneubaus vereint. Das im Rahmen eines mehrjährigen Mietvertrags schlüsselfertig von Alfred Müller AG, Baar, erstellte Objekt fungiert als operative und administrative Landeszentrale beider dem Post-Geschäftsfeld Logistics angegliederten Firmen. Um Businesskunden «ein hochkarätiges Partnernetz für jede erdenkliche Lösung» bieten zu können, soll das Spartenangebot progressiv erweitert werden.

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PostLogistics umfasst mehrere Dienstleister

Zum Pool gehören, neben Swiss Post NET (Übernachtzustellung) und Parcel Logistics (individuelle Lösungen), die PaketPost (Massenkanal), ExpressPost (Eilgut- und Kurierdienste) sowie Setz Gütertransport (Transport- und Lagerlogistik). Von deren Bündelung unter der neuen Marke PostLogistics versprechen sich die Strategen, den Kunden verstärkt Servicepakete aus einem Guss offerieren, potenzielle Synergien besser abschöpfen und die Sparte effizienter managen zu können. Dass ihre Rechnung aufgeht, beweist der Teamauftritt von Swiss Post Net und Parcel Logistics im 120 m langen, 70 m breiten, 9200 m2 Nutzfläche bietenden Hub Oftringen. Die 32 Mitarbeitenden, die pro Nacht 140 Fahrzeuge abfertigen, ergänzen sich bestens: Im Tandem decken sie ein breites Spektrum ab, von der Steuerung kompletter Supply Chains bis zur Betreuung diffiziler Sonderjobs.

Zur Demonstration des Prozessablaufs hatten unlängst die CEO Georg Burch (Swiss Post NET) und Stefan Spörri (Parcel Logistics) zu nachtschlafener, weil aktionsreichster Zeit gut zwei Dutzend Mitglieder des GS1 in ihre neue Operationsbasis geladen.

Nähe zur Autobahn ist ausschlaggebend

Der GS1 mit Sitz in Aarau war Anfang 2005 aus dem Zusammenschluss der Vereine EAN Schweiz (Basel), Schweizerische Gesellschaft für Logistik (SGL, Bern) und Efficient Consumer Responses (ECR, Biel) hervorgegangen. In seiner Begründung des Umzugs von Kestenholz konzedierte Burch, dass nicht nur chronische Kapazitätsengpässe, wachsende Marktanforderungen punkto Mehrwertdienstleistungen, der optimale Standort in der Nähe zum Autobahnkreuz A1/A2 und das Erweiterungspotenzial im 37844-m-Areal, sondern auch die «wohlwollende Unterstützung des Projekts seitens der Gemeinde Oftringen» den Ortswechsel beflügelt hätten.

Die 14-köpfige, im Februar 1999 aus der Taufe gehobene Swiss Post Net verkörpert die schweizerische Nachtsprung-Logistikerin der Schweizer Post und der TNT Logistics Innight Holding GmbH. Ihr jeweiliger Joint-Venture-Anteil beträgt 51% und 49%. Das Zentrum wird allabendlich von 22 Fahrzeugen über ebenso viele in- und ausländische Vorlauftouren angesteuert. Die Fracht muss dort spätestens um 22 Uhr eintreffen, just in time für die Einspeisung ins nationale Vertriebssystem nebst nachgeschalteter flächendeckender Distribution mit 65 Fahrzeugen in der Schweiz und Liechtenstein.

Das Volumen liegt bei durchschnittlich 11000 Sendungen pro Nacht; 2004 stellte Swiss Post Net 2,8 Mio Sendungen, 12% mehr als im Vorjahr, zu. Ihr Kerngeschäft dreht sich um die Belieferung von Shops (Nachschub verkaufsfertiger Produkte vor Ladenöffnung), Ersatzteilkunden (die Ware muss bei Arbeitsbeginn der Betriebe oder ambulanten Techniker vor Ort sein), Spitälern (Implantate für Patienten) sowie Garagen und Werkstätten (Autoersatzteile und Zubehör). Zum Servicespektrum gehört das Retourenmanagement defekter Geräte oder Komponenten.

Die auf massgeschneiderte Lösungen für Geschäftskunden fokussierte, im August 2003 ins Leben gerufene Parcel Logistics flankiert das Massengeschäft der PaketPost. Sie übernimmt alle von der Norm abweichenden Aufträge seien es Sonderlieferungen, der Austausch unverpackter Sendungen oder das Handling sperriger (bis 2,5 m Länge) und schwerer (maximal 35 kg) Ladungsstücke. Parcel Logistics' Tagespensum summiert sich auf rund 4000 Sendungen; 2004 wickelten ihre 18 Mitarbeitenden mit 72 Fahrzeugen 1,5 Mio Sendungen ab. Sie operiert neben Oftringen über fünf regionale Hubs.

Abgesehen vom Stammpersonal hält sie 89 Partner- und Servicefirmen unter Vertrag. Laut Spörri «sichern unsere komplementären Dienstleistungen nicht nur das standardisierte Massengeschäft; sie räumen ihm auch gelegentliche Markteintrittsbarrieren aus dem Weg». Die Basispalette der Firma besteht aus den Produkten ParcelPriority (Abholung und Zustellung innerhalb 24 Stunden), Parcel Exchange (Austausch von Sendungen wie Monitore, Drucker und Analysegeräte) sowie ParcelPickup (landesweite Rückholung). Ihr Bereich Lösungen umfasst EDV-Installationen, Spätabholungen, Stockwerksbelieferungen, Zustellungen mit Voravis, simple technische Tätigkeiten (Stichwort: Geräteaufbau) und Transporte unverpackter Sendungen.

Synergetische EDV-Dienstleistungen in Oftringen

Apropos EDV: Im Zentrum Oftringen arbeitet als Dritte im synergetischen Bunde die Swiss-Post-Nets-IT-Partnerin Eoscop Engineering GmbH. Ihr waren bereits Mitte 2001 in Kestenholz sämtliche branchenspezifischen Aufgaben, von der Softwareentwicklung über die Beratung bis zum Support, anvertraut worden. Die Post-Zwillingstöchter implementieren seit Mitte 2004 ein internetbasiertes Echtzeit-Sendungsverfolgungssystem (Real-time Track & Trace). Parcel Logistics ging technologisch noch einen Schritt weiter: Ihre Lieferfahrer arbeiten mit Scannern, die an den General Packet Radio Service gekoppelt sind. Der GPRS ist ein seit Februar 2002 von den drei Schweizer Netzbetreibern angebotener Datenübertragungsstandard.

Die Chefs von Swiss Post Net und Parcel Logistics haben sich das selbe Motto auf die Fahne geschrieben: Realisierung maximaler Effizienz bei minimaler Kapitalbindung. «Wir sind Mieter statt Eigner des Terminals, setzen auf schlankes Management, outsourcen alle Transport- und IT-Aktivitäten, selbst Teile der Personal- und Finanzadministration. So können wir uns voll auf das Kerngeschäft konzentrieren», bestätigten Burch und Spörri unisono vor der GS1-Delegation.