Der sich im Umbau befindende und finanziell angeschlagene Stahlkonzern Swiss Steel erhält frisches Geld. Die Aktionäre haben am Dienstag den Weg für die umstrittene Finanzspritze frei gemacht. Mit Frank Koch soll ein neuer CEO den Konzern in die Zukunft führen.

Nicht alle Aktionäre haben an der ausserordentlichen und virtuell abgehaltenen Generalversammlung der 200 Millionen Euro schweren Kapitalerhöhung zugestimmt. Am Ende waren es laut Mitteilung nur gut zwei Drittel der knapp 90 Prozent an der GV vertretenen Aktienstimmen, die zugunsten des Verwaltungsrats entschieden.

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Die Annahme der Finanzspritze war aber trotz des Widerstands einiger Aktionäre so gut wie klar. Schliesslich hatte Grossaktionärin BigPoint von Investor und Amag-Eigentümer Martin Haefner mit einem Anteil von knapp 50 Prozent ihre Zustimmung zugesichert.

Widerstand aus Russland

Gegen das Vorhaben dürfte sich die zweite Grossaktionärin Liwet um den russischen Milliardär Viktor Vekselberg ausgesprochen haben. Liwet stört sich nicht primär an der Kapitalaufnahme, sie fordert aber, dass BigPoint allen Aktionären von Swiss Steel ein Übernahmeangebot vorlegen muss.

Vor rund einem Jahr hatte die Finanzmarktaufsicht Finma BigPoint von dieser Pflicht befreit, obwohl BigPoint im Rahmen einer Finanzierungsrunde die dazu verpflichtende Schwelle von einem Drittel überstieg. Liwet hat dagegen bei der Übernahmekommission (UEK) eine Anzeige eingereicht.

Nebst Liwet sprach sich vorab eine Gruppe von Aktionären, die unter dem Namen "Interessengemeinschaft der unzufriedenen Kleinaktionäre der Swiss Steel" (IGUK) auftritt, gegen die Kapitalerhöhung aus. Die Transaktion ohne öffentliches Kaufangebot und die damit verbundene Gewinnverwässerung geht laut IGUK zu Lasten der Minderheitsaktionäre.

Steigt der BigPoint-Anteil?

Durch die am Dienstag beschlossene Kapitalaufnahme könnte der Einfluss von BigPoint und Investor Haefner auf die Geschicke bei der früheren Schmolz+Bickenbach noch grösser werden. BigPoint hat sich nämlich dazu bereit erklärt, alle eigenen Rechte zum Bezug neuer Aktien auszuüben und allenfalls Aktien von anderen Aktionären zu übernehmen, welche sich nicht an der Kapitalerhöhung beteiligen.

Das frische Geld will das hoch verschuldete Unternehmen laut eigenen Angaben zur Stärkung des Eigenkapitals und zur Verbesserung der Finanzierungs- und Kreditbedingungen einsetzen.

Neuer Chef

Anlässlich der Generalversammlung ist wie angekündigt Jens Alder als Verwaltungsratspräsident abgetreten. Alder sieht seine Aufgabe nach dem Zustandekommen der beschlossenen Kapitalerhöhung als erfüllt an. Für die verbleibende Amtszeit bis zur GV 2021 übernimmt der bisherige Vizepräsident Heinrich Christen die Leitung im Verwaltungsrat.

Und am Montagabend gab Swiss Steel einen Wechsel in der Chefetage bekannt. Der amtierende CEO Clemens Iller tritt zurück und will damit den Weg für einen "personellen Neuanfang in der Führung des Konzerns" frei machen. Sein Nachfolger Frank Koch soll spätestens Anfang 2022 das Zepter übernehmen und den geplanten Umbau umsetzen.

Und auch die Kleinaktionäre werden keine Ruhe geben. Heute, am Tag der Abstimmung im Verwaltungsrat, haben sie sich bereits wieder gemeldet. Und drücken ihren Frust aus. Zum Beispiel über den heutigen Rücktritt von VR-Präsident Jens Alder, der nach bloss anderhalb Jahren das Handtuch wirft. Die Kleinaktionäre, zusammengefasst in der IGUK (IG der unzufriedenen Kleinaktionäre) monieren, dass unter der kurzen Regentenschaft Alders der Swiss Steel-Aktienkurs von 47 auf 22 Rappen eingebrochen sei. «Minus über 50%, Aufgabe wirklich erledigt?», fragen die Kleinaktionäre in ihrem Brief. Und spielen auf ein Diktum Alders an, der meinte, seine Aufgabe sei bei Swiss Steel erledigt.

Streit um Swiss Steel: Martin Haefners finaler Kraftakt

Der Amag-Erbe will das Tauziehen mit Kleinaktionären und Viktor Vekselberg gewinnen.

Auch sein Nachfolger im Präsidium, Heinrich Christen, wird von der IGUK heftig kritisiert. Die Kompetenz, ein kotiertes Stahlunternehmen zu führen, habe er sich offenbar als «Tätschmeister» des «Entrepreneur Of The Year»-Wettbewerbs angeeignet, den er bei seinem früherem früheren Arbeitgeber EY jahrelang organisierte.

Jedenfalls wird der Haefner-Vertraute Christen künftig voll gefordert sein, um den schwer angeschlagenen Stahlkonzern wieder in ruhigere Wasser zu steuern. Immerhin ist sein neues Mandat als VR-Präsident stattlich dotiert: 250 000 Franken in Cash und 250 000 Franken in Aktien.

(awp/bar/tdr)