Der Zusammenschluss mit der Lufthansa ist für die Swiss ökonomisch sinnvoll. Aber damit sind die zahlreichen Probleme, mit denen sich die Schweizer Airline konfrontiert sieht, nicht vom Tisch. «Die Swiss hat jetzt zwar einen starken Partner, aber im Europageschäft müssen beide Unternehmen noch einige Hausaufgaben erledigen», sagt der Airlineexperte Dieter J. Schneiderbauer von Mercer Management Consulting. «Vor allem bei der Regionalflotte müssen die Kosten nochmals stark gesenkt werden.»

Kurzfristig werde zwar aus politischen Gründen nur die bekannt gegebene Reduktion der Swiss-Flotte um mindestens 13 Flugzeuge im Segment der Regionalflieger und der Abbau von bis zu 1000 Arbeitsplätzen innerhalb der nächsten 18 Monate vollzogen. «Doch das ist nur ein erster Schritt», ist Schneiderbauer überzeugt. «Angesichts des gewaltigen Konsolidierungsdrucks wird die Lufthansa nicht darum herum kommen, sich über Synergien der im Regionalverkehr tätigen Air Dolomiti, Germanwings, Lufthansa Cityline und der Swiss Gedanken zu machen.»

Auch Mario Kristl, Airlineanalyst bei der Helaba Trust, erwartet mittelfristig harte Sanierungsschritte im kränkelnden Europageschäft der Swiss, wo teilweise nur eine Auslastung von 60% erreicht wurde. «Im Europageschäft gibt es für die Swiss weiterhin starken Gegenwind, denn die effektiven Probleme sind noch nicht gelöst, aber die Konkurrenz durch die Billigflieger ist gnadenlos.» Die Kosten bei der Swiss sind insbesondere im Europageschäft nach wie vor zu hoch. Gleichzeitig ist die Airline ebenso wie die Lufthansa mit den riesigen Überkapazitäten im Markt konfrontiert. «Damit die Swiss profitabel wird, muss die Lufthansa durchgreifen.» Das würden die Deutschen zwar nicht sofort tun. «Aber nach einer Weile wird man intensiv nach Synergien in der Verwaltung, im Verkauf, bei den Vertriebskanälen und bei der Flotte suchen», ist Kristl überzeugt. Ziel Nummer eins werde sein, die Kosten zu reduzieren. «Mittelfristig wird es deshalb bei der Swiss zu einem weiteren Stellenabbau kommen.»

Auch für Thomas Bieger, Professor am Institut für öffentliche Dienstleistungen und Tourismus der Universität St. Gallen ist klar: «Man wird das Netzwerk optimieren, denn der Kostendruck in Europa ist riesig. Andererseits werden neue Geschäftsmodelle im Airlinebereich vermehrt an Gewicht gewinnen, beispielsweise solche, die Punkt-zu-Punkt-Verbindungen anbieten. Die Megahubs stossen bezüglich ihres Wachstums auch an ihre Grenzen, es besteht ein Markt für effiziente kleinere Hubs.»

*Folgen für den Hub Zürich*

Airlineexperten rechnen nicht nur bei der Zahl der Arbeitsplätze mittelfristig mit Einschnitten, sondern auch beim Hub Zürich. «Wenn die Integration der Swiss in die Lufthansa später einmal vollzogen ist, werden die Deutschen darauf hinwirken, dass der Hub Zürich zumindest für Interkontinentalflüge an Bedeutung verliert», sagt Airlinespezialist Heiko Schulz von der Münchner Beratungsfirma Monitor Group. Aufgrund des Branchenwettbewerbs werde die Lufthansa gewungen, Schritt für Schritt Passagiere auf ihre Hubs in München und Frankfurt umzuleiten. Geschwächt werde langfristig allerdings nicht nur der Hub Zürich. «Die Zahl der Hubs wird in ganz Europa abnehmen, denn es ist ökonomisch nicht zu rechtfertigen, dass jede Metropole in Europa einen eigenen Hub unterhält.» Die Reduktion der Drehkreuze in Europa verlaufe parallel zur Konsolidierung bei den Airlines. «Wir werden weitere Fusionen im europäischen Airlinemarkt sehen», sagt Schulz. Der Zusammenschluss der Air France mit der KLM war der erste Schritt, die Übernahme der Swiss durch die Lufthansa der zweite. Bereits wird über ein Zusammengehen von British Airways mit Iberia spekuliert.

Derzeit wird Europa von den drei grossen Allianzen Oneworld mit British Airways, SkyTeam mit Air France-KLM und der Star Alliance mit der Lufthansa dominiert. Schulz: «Aus diesen drei Allianzen werden in einigen Jahren drei grosse Carrier werden.» Diese Langfristentwicklung erachtet auch Thomas Bieger von der Universität St. Gallen für plausibel: «Allianzen sind nur ein Zwischenschritt.» Auch hier werde der Konsolidierungsdruck anhalten. «Es spricht viel dafür, dass aus den bisherigen grossen Allianzen Oneworld, SkyTeam und Star Alliance später die drei grossen Airlines British Airways, Air France und Lufthansa werden und die kleineren Allianzmitglieder integriert werden.»

*Unique vor harter Runde*

Zu schaffen machen den Airlines in Europa auch die Flughafengebühren. «Angesichts des brutalen Wettbewerbs werden die Flughafengebühren noch stärker zur Diskussion gestellt werden», glaubt Helaba-Trust-Analyst Mario Kristl. «Das sehen wir derzeit in Frankfurt, wo die Lufthansa den Druck erhöht hat.» Vor dem Hintergrund der grossen Marktmacht der Star Alliance in Zürich muss sich Flughafenbetreiberin Unique auf harte Verhandlungen einstellen.

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