Kritiker in den USA fürchten eine nationale Bedrohung. Darum forderten sie von der zuständigen US-Behörde CFIUS, den Kauf von Syngenta durch den chinesischen Staatskonzern ChemChina zu stoppen. Doch das Gremium folgte diese Ängsten nicht und gab den Weg für die Übernahme nahezu ohne Auflagen frei. Welche Bedeutung hat diese Entscheidung für den 43-Milliarden-Dollar-Deal? Die wichtigsten Fakten:
Der aktuelle Zeitplan für den Syngenta-Kauf
Mit der Zustimmung des «Komitees für ausländische Investitionen in den USA» (CFIUS) dürfte die grösste Hürde für den ChemChina-Deal überwunden sein. Zwar werden weitere Wettbewerbsbehörden – vor allem in den USA, in Brasilien und der Europäischen Union – den Zusammenschluss unter die Lupe nehmen. Deren Zustimmung sollte aber kein grosses Problem darstellen, schreibt Markus Mayer, Analyst von Baader Helvea Equity, in einem Kommentar. ZKB-Analyst Philipp Gamper meint: Mit dem Entscheid durch das CFIUS «erscheint auch der anvisierte Abschlusstermin der Transaktion realisierbar».
ChemChina hat sein Angebot zweimal verlängert, das aktuelle gilt bis zum 13. September. Bisher blieb das Syngenta-Papier deutlich unter der Offerte von umgerechnet 453 Franken pro Aktie. Gelingt die Transaktion, wäre dies die bisher grösste chinesische Übernahme im Ausland. Der Kauf ist auch ein wichtiger Schritt in der Strategie Chinas, die Entwicklung seiner Landwirtschaft durch moderne Methoden wie Biotechnologie und eine Konsolidierung der Branche voranzubringen.
Die Aussichten für die Syngenta-Aktie
Bisher haben sich die Anleger Syngenta gegenüber zurückgehalten. Ende der Vorwoche hatte das Papier bei 380,80 Franken geschlossen. Die Nachrichten aus den USA haben dem Titel heute Flügel verliehen: Er stieg um 12 Prozent auf ein Jahreshoch von 428,50 Franken.
Das dicke Plus stellt den grössten Kurssprung der Syngenta-Aktie seit dem milliardenschweren Übernahmeangebot von US-Agrochemieriese Monsanto im Mai 2015 dar. Wer dem Titel in den vergangenen Monaten die Treue gehalten hatte, wird jetzt belohnt.
Noch notiert die Aktie unter dem Angebotspreis. Dass erklärten Händler vor allem mit den ausstehenden Bewilligungen. Es wird aber eine positive Entwicklung erwartet. Ein Börsianer sprach von einem «kartellbezogenen Discount». Er sagte: «Je mehr Wettbewerbsbehörden zustimmen, umso näher dürfte der Kurs gegen 450 Franken steigen.»
Die Marktmacht nach der Übernahme
Die Entscheidung in den USA war für Syngenta auch darum so wichtig, weil der Konzern fast ein Viertel seines Umsatzes dort erwirtschaftet. Er ist in den Vereinigten Staaten der grösste Anbieter von Pestiziden und auch ein wichtiger Player im Saatgut-Markt. Durch die Übernahme von Syngenta könnte die chinesische ChemChina aussserdem ein wichtiger globaler Mitspieler in der Branche werden.
Das Geschäft mit Pflanzenschutzmitteln und Saatgut steht wegen niedriger Getreidepreise, den Turbulenzen in den Schwellenländern und der Rezession in Brasilien seit einiger Zeit unter erheblichem Druck. Die gesamte Branche befindet sich derzeit in einem tiefgreifenden Umbruch.
Andere Mega-Deals werden aktuell auf den Weg gebracht: Dow Chemical möchte mit Dupont fusionieren und Bayer hat Monsanto im Visier. Dessen Kaufabsichten gegenüber Syngenta waren im Vorjahr abgewehrt worden, jetzt widersetzt sich der US-Agrarkonzern dem deutschen Riesen. Einzig BASF hat derzeit keine offiziellen Ambitionen.
Mögliche Folgen für die Schweiz
Der Widerstand gegenüber einem Kauf durch ChemChina erreicht nicht annähernd das Ausmass, wie es bei Monsanto der Fall war. Dennoch wurden Bedenken wegen der Übernahme laut. Diese betreffen vor allem die hiesigen Arbeitsplätze. Syngenta beschäftigt in der Schweiz rund 3300 Mitarbeiter.
Es besteht die Sorge, dass der Kauf durch den chinesischen Staatskonzern Jobs in der Schweiz kosten könnte. Sowohl ChemChina als auch Syngenta haben Zusagen gemacht, dass dies nicht passieren werde. Der Hauptsitz des Unternehmens soll in Basel bleiben, die Führungsriege von Syngenta soll gesetzt bleiben. Auch Bundespräsident Johann Schneider-Ammann bemühte sich, die Sorgen zu zerstreuen. Im Gegensatz zu den geplanten Deals der Konkurrenz soll sich durch die Syngenta-Übernahme nur die Aktionärsstruktur ändern.
Die Gewerkschaft Unia fürchtet trotz der Zusicherungen des Unternehmens mittelfristig um Jobs. Das sei aktuell über die Zusage der ersten fünf Jahre hinaus nicht absehbar, sagt Christos Maloussis, Analyst bei der IG Bank. Doch sei Syngenta zu wichtig auch in der Gesamtkonstellation mit ChemChina. «Ich kann mir auch längerfristig nicht vorstellen, dass der Standort Schweiz stark leidet.»
(mit Material von Reuters und Bloomberg)