Seit der Deregulierung des europäischen Luftverkehrs, die Ende der Achtzigerjahre einsetzte, ist nun der siebte CEO eines schweizerischen interkontinentalen Aviatik-Konzerns am Werk. Der im internationalen Vergleich rekordverdächtige Verschleiss an Topmanagern bei Swissair und Swiss zeigt schonungslos auf: Keiner der sieben Kapitäne hat bislang ein tragfähiges Konzept gefunden, mit (zu) kleinem Heimmarkt und anhaltendem Preiszerfall aus der Schweiz heraus eine profitable Airline führen zu können. Nun ist es Christoph Franz, ein Ex-Lufthansa- und Ex-Deutsche-Bahn-Manager, der wieder einmal die Quadratur des Kreises vollbringen soll. Und als der Neue sich am 17. August anlässlich der Halbjahres-Pressekonferenz erstmals öffentlich vernehmen liess, gab es vorsichtigen Applaus. Was auch nicht erstaunt: Defätisten liebt man hier zu Lande nicht, vor allem wenn es um unsere Lieblings-Airline geht – es ist schliesslich die einzige, die wir noch haben. Also gaben sich die Zeitungskommentatoren zart patriotisch. «Der Schock einer erneuten Radikalkur bei der Swiss ist vorerst ausgeblieben», schreibt etwa die «Basler Zeitung», «auch das Bekenntnis zum EuroAirport hört man hier sicher gerne.» Und der «Tages-Anzeiger» notiert: «Der Verlust ist im ersten Halbjahr massiv gesunken. Der Abfluss der Barmittel hat sich deutlich verlangsamt. Das sind Zeichen, die Hoffnung machen.»

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Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und so ist es auch jetzt. Wer mit gegenwärtigen und ehemaligen Swiss-Verwaltungsräten Gespräche führt, hört immer wieder: «Der Franz, der packts.» So war es immer bei dieser Firma. Als 1997 Philippe Bruggisser im Swissair-Cockpit auftauchte, wurde dieser – auch von uns Journalisten – in den Himmel gelobt. Als Mario Corti kam, hiess er bald einmal «SuperMario». Und als André Dosé übernahm, mutierte dieser zum neuen Hoffnungsträger. Doch machen wir uns nichts vor: Genährt wird diese Hoffnung nicht von realen betriebswirtschaftlichen Fakten, sondern von der Angst, die Operation Swiss könnte in einer Bruchlandung enden. So gesehen, ist die Hoffnung die Kehrseite der Angst, wir könnten ein zweites Grounding erleben – eine unerträgliche Vorstellung.

Wenn wir diese unguten Gefühle beiseite schieben und einen ungeschminkten Blick auf die Schweizer Aviatik werfen, sehen wir Folgendes: Alle Chefs in Zeiten der deregulierten Luftfahrt von Otto Loepfe bis André Dosé waren beseelt von dem Gedanken, dem Sieben-Millionen-Volk einen profitabel operierenden, global agierenden Netzwerk-Carrier zu erhalten. Loepfe versuchte 1993 die Fusion mit drei weiteren Airlines, um so den Heimmarkt künstlich zu vergrössern. Bruggisser versuchte das Gleiche über eine brutale Akquisitionsstrategie. Dosé versuchte es über eine Discount-Airline à la Crossair, die aber trotz tiefen Kosten in ihrer Geschichte nie wirklich Geld verdient hat. Allesamt sind sie gescheitert, doch das darf nicht verwundern: Es existiert keine Airline in Europa, die mit einem vergleichbar kleinen Heimmarkt unabhängig eine so grosse Flotte wie jene der Swiss profitabel betreiben könnte. Die Austrian Airlines beispielsweise hat sich einer Allianz angeschlossen, die Flotte reduziert, bedient für die Star Alliance unter Führung der Lufthansa ab Wien die Destinationen im Osten und lebt nicht schlecht damit.

Für eine derart unbeschönigte Sichtweise fehlt hier zu Lande seit jeher der Weitblick. Noch jeder CEO der Swissair oder Swiss war in einem fein gesponnenen System politischer, regionalpolitischer und wirtschaftlicher Interessen gefangen. Nicht zuletzt zeigen das auch André Dosés Tagebuchnotizen, die er nun zu einem Buch verarbeitet hat, aus dem BILANZ exklusiv einen Vorabdruck bringt (siehe Artikel zum Thema «Vorabdruck: André Dosés Rückblick 1. Teil»). Für den Neuen heisst dies: Kosten sparen, Liquidität verbessern, den Bargeldabfluss stoppen. All dies sind sinnvolle Massnahmen. Ein Überleben der Swiss sichern sie nicht.