Jedem Kind der Neunzigerjahre, das nicht im tiefsten Amazonas aufgewachsen ist, dürften die Wesen des Pokémon-Universums noch in Erinnerung sein. Nun stehen Pikachu und Co. vor einer unerwarteten Renaissance. Der japanische Gamehersteller Nintendo hat sich endlich überwunden – und bringt die kleinen Kreaturen aufs Smartphone.

Pokémon Go heisst das neue Spiel und nutzt eine Erweiterte Realität (sogenannte «Augmented Reality») als Spielumgebung. Das bedeutet, dass die Spieler in der echten Welt unterwegs sind, um die Monster mit dem Handy aufzuspüren und einzufangen. Diese verstecken sich laut Anbieter in ihren «natürlichen» Habitaten. Das Game nutzt GPS-Standortdaten und ermöglicht so die Pokémonjagd in der echten Welt – für alle Fans der Gameboy-Spiele dürfte damit ein Kindheitstraum in Erfüllung gehen.

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Aktien springen in die Höhe

Solche Fans gibt es offenbar viele. Das Spiel wurde am vergangenen Mittwoch in den USA, Australien und Neuseeland über den Google Play Store und im App Store von Apple veröffentlicht und in wenigen Tagen bereits millionenfach heruntergeladen. Die Aktien von Nintendo sind seit der Veröffentlichung um 25 Prozent in die Höhe geschnellt. Immer wieder brechen die Server unter dem enormen Andrang zusammen. Der internationale Start des Spiels musste deshalb sogar verschoben werden.

Dabei hatte Nintendo lange Zeit bewusst keine Smartphone-Apps herausgebracht, um den eigenen Konsolen keine Konkurrenz zu machen. Der Gamehersteller schlitterte in eine jahrelange Krise, Anleger liefen in Scharen davon. Pokémon Go könnte nun die Wende bringen. Das Nintendo-Teilunternehmen The Pokémon Company hat dafür mit Niantic einen Pionier der Augmented-Reality-Branche an Bord geholt. Doch das Spiel ist für die Gamer und für den Konzern nicht ohne Risiken.

Räuber und Wasserleiche

Kriminelle in den USA haben sich laut Medienberichten die Tatsache zu Nutzen gemacht, dass die Pokémons an bestimmten Orten in der echten Welt gefangen werden müssen – und Spieler an einem sogenannten Poké-Stop ausgeraubt. Eine andere Nutzerin fand auf der Suche nach einem Wasserpokémon eine Wasserleiche – ob sie das Pokémon dann doch fangen konnte, ist nicht überliefert.

Niantic und The Pokémon Company warnen die Gamer auch davor, mit dem Auto auf Pokémon-Safari zu gehen. Zudem sollten «alle Spieler ihre Umgebung im Auge behalten und nur mit Freunden an unbekannte Orte gehen». Amerikanische Nachrichtensender berichteten von zahlreichen Verletzten durch Unachtsamkeit auf der Pokémon-Suche.

Grösser als Tinder und Twitter

Laut BBC war Pokémon Go nach zwei Tagen bereits auf 5,2 Prozent aller amerikanischen Android-Geräte installiert. Das Spiel wurde doppelt so oft heruntergeladen wie die Dating-App Tinder. Nach Angaben der Statistikwebseite Similarweb dürfte Pokémon Go bis Ende Woche auf Android mehr Nutzer haben als Twitter.

In der Schweiz ist das offizielle Startdatum noch nicht bekannt. Für alle, die nicht länger warten können, gibt es im Internet bereits zahlreiche Tipps, wie das Spiel schon jetzt heruntergeladen werden kann.