Müscheli, Hörnli, Krawättli, Edelweissli, Rosetinli, Sennenherzli, Spätzli: 120 verschiedene Trockenteigwaren werden in der über 30 Grad heissen Fabrikhalle von Pasta Premium in Frauenfeld im Drei-Schicht-Rhythmus hergestellt. Vor dem Fabrikgebäude steht in eisiger Kälte ein Tankwagen. Dieser pumpt aber nicht Benzin durch den Schlauch in die Fabrik, sondern Hartweizengriess. Bereits geliefert wurde die Eisuppe aus 600000 Freilandeiern, die wöchentlich für die Teigwarenmarken Bschüssig, Ami, Ernst, La Chinoise, Trattoria und Eigenmarken verbraucht werden.
Vom leitenden Angestellten zum Unternehmer
Unternehmer Markus Kick überwacht die Produktion. Vor einem Jahr noch war der 53-jährige Maschineningenieur hier als Betriebsleiter von Hero Pasta Nova angestellt. Hero aber wollte die Teigwarenfabrik abstossen. «Der Verkauf hat nichts mit der Profitabilität der Fabrik zu tun», betont Thomas Amstutz, Mitglied der Hero-Konzernleitung, «die Teigwarenproduktion passte einfach nicht mehr in die fokussierte Konzernstrategie von Hero.»
Drei ausländische Firmen buhlten um die Pasta-Braut, aber sie waren nicht an der Produktion, sondern nur an den Marken und am Markt Schweiz interessiert. «Denn es herrscht in Europa eine Überkapazität von 25 bis 30%», erklärt Kick. 55 Stellen standen auf dem Spiel, und einmal mehr sollten altbekannte Schweizer Marken in ausländische Hände übergehen.
Und wieder sollte eine weitere Teigwarenfabrik verschwinden. Das wollte Kick verhindern. 1920 existierten in der Schweiz 78 Teigwarenfabriken, heute sind es nicht einmal ein Dutzend. Zudem war Kick der Betrieb ans Herz gewachsen.
Auch Hero war von einem Management Buyout begeistert. Zusammen mit seinem Freund Beat Grüter schrieb Kick zehn Banken an, um den Kauf, der laut Kick «ein paar 10 Mio Fr. betrug», zu tätigen. Die Zürcher Kantonalbank schlug zu und begleitete den Kaufprozess. 25% der Pasta Premium AG gehören heute Kick, 75% Grüter, der den Verwaltungsrat präsidiert, aber bisher nicht operativ tätig ist.
In der Fabrik in Frauenfeld werden nicht nur Markenteigwaren produziert und abgepackt, sondern auch Eigenmarken, zum Beispiel für Denner. «Schweizer Markenartikelhersteller kommen nicht darum herum, Eigenmarken für den Detailhandel zu fabrizieren, sonst erzielen sie nicht genügend Volumen», meint Kick.
Noch produzieren Migros und Coop mehr als Kick
Gleich neben der Abpackung für Denner steht eine Suppenflädlipackung, die den Schriftzug Migros trägt. «Diese Sorte stellen wir praktisch für alle Händler her», sagt Kick. Migros und Coop gehören aber nicht zu ihrem engeren Kundenkreis. Schliesslich besitzen die beiden Grossverteiler eigene Werke.
Im Geschäftsjahr 2004 wurden laut dem Marktforschungsinstitut ACNielsen im Schweizer Detailhandel Teigwaren im Wert von 170,6 Mio Fr. verkauft. Die grösste Teigwarenproduzentin ist die Migros mit ihren beiden Fabrikationsstätten Pasta Buchs und Walter Leuenberger, die zusammen jährlich 23000 t Teigwaren herstellen. Pasta Gala von Coop produziert 15000 t. Bereits auf Platz 3 folgt Pasta Premium. Sie setzt mit 11000 t rund 32 Mio Fr. um. Ertragszahlen gibt Kick nicht bekannt, er sagt nur so viel: «Wir schreiben schwarze Zahlen.»
Den grössten Teil seiner Produktion, nämlich 57,7%, verkauft Pasta Premium an den Detailhandel, 30,4% an den Gastrobereich, 0,5% an die Industrie und 4,6% sind Copacking, das sind Bio-Teigwaren für Morga.
«Wir spüren die Konzentration im Schweizer Detailhandel», erklärt Kick. So gehörte Waro, bevor sie Coop schluckte, zu ihren grossen Abnehmern. Mit den deutschen Discountern könnte sich die Situation wieder verbessern. Bereits habe Aldi angeklopft, aber man konnte sich noch nicht über den Preis einigen.
Schweizer kaufen immer mehr ausländische Pasta
Nicht nur die Konzentration im Detailhandel, sondern auch die ausländische Konkurrenz machte den Schweizer Teigwarenherstellern zu schaffen. 1970 wurden erst 7% der Teigwaren in der Schweiz importiert, heute sind es bereits 37%. Dabei wird mit ungleich langen Spiessen gekämpft: Italienische Pastagiganten wie Barilla verfügen dank ihrer Marktmacht über riesige Werbebudgets. Zudem konkurrenzieren die immer beliebteren Frischteigwaren die Hersteller von Trockenteigwaren. Seit 1991 sind die Exporte der Schweizer Teigwarenproduzenten um fast die Hälfte geschrumpft. Bei einer Zollbelastung von bis zu 20% kämpften die inländischen Produzenten auf verlorenem Posten. Das ändert sich jetzt: Seit dem 1. Februar erheben die EU-Länder keine Zölle mehr auf Teigwaren aus der Schweiz, und die Schweizer Teigwarenproduzenten erhalten bei der Ausfuhr die Zölle für den von ihnen importierten Hartweizen zurück.
Kick erwartet von den gefallenen Zollschranken einen Wachstumsschub für seine Fabrik. Noch exportiert Pasta Premium nur 6,5% nach Deutschland und Österreich. Aber bereits laufen Verhandlungen für ein Spezialprodukt mit dem österreichischen Recheis, welche den Teigwarenproduzenten Fetz übernommen hat.
Den Hartweizen bezieht Kick zu 80% aus den USA und Kanada. Somit kann er im Ausland ohne Margenverlust tiefere Preise verlangen. Das Wachstum für die Schweizer Nahrungsmittelindustrie liegt im Ausland. Das beweisen die Industriebetriebe von Migros, die ihr kräftiges Wachstum von 4,4% hauptsächlich dem Export mit einem Wachstum von 14,1% im vergangen Jahr verdanken.
Das Image von Bschüssig ist etwas verstaubt
Kick hat sich zum Ziel gesetzt, in drei bis fünf Jahren Gala von Coop zu überholen und hinter Migros zum zweitgrössten Produzenten aufzusteigen. Er setzt nicht nur stark auf den Export, sondern will auch das Marketing verstärken. «Hero hat das Marketing vernachlässigt», meint Kick. Im Frühjahr will er eine neue Werbekampagne in den Printmedien schalten. Das ist angesichts des etwas verstaubten Images von Markennamen wie Bschüssig auch bitter nötig.