«Ohne konkurrenzfähige und zuverlässige Energie geht nichts»: Holcim-Präsident Rolf Soiron bringt das Dilemma der Schweizer Energiepolitik auf den Punkt. Weg von der günstigen, aber risikoreichen Kernenergie, schrien Bundesrätin Doris Leuthard und das Parlament nach dem Unglück von Fukushima – doch den höheren Strompreis ist kaum jemand bereit zu bezahlen.
Unklare Rahmenbedingungen. Der Bundesrat will die Kernkraftwerke bis spätestens 2050 vom Netz haben. 40 Prozent des Strommixes müssen bis dann ersetzt werden. Wind, Sonne und Wasser sollen die Lücke füllen. Doch die Hochrechnungen sind ernüchternd. Laut der Landesregierung wird bis 2035 nur ein Fünftel der Stromlücke durch neue erneuerbare Energien gedeckt sein. Konsequenz: Atomstromimporte oder der temporäre Bau wenig nachhaltiger Gas-Kombikraftwerke. Axpo-Chef Heinz Karrer: «Ich gehe mit heutigem Wissensstand davon aus, dass die Strompreise mittelfristig wieder anziehen werden.» Grosse Würfe sind in der vertrackten Energiepolitik bis 2025 praktisch ausgeschlossen. «Viele Rahmenbedingungen sind heute noch unklar», so Karrer.
Hingegen dürfte sich das Konsumentenverhalten ändern. Siemens-Schweiz-Chef Siegfried Gerlach: «Häuser sind heute die grössten Energiefresser. Mit der Sanierung der Gebäudehülle benötigt ein Haus aus den sechziger Jahren viermal weniger Energie.» Heute verbrauchen die 1,64 Millionen Gebäude im Land 46 Prozent des inländischen Gesamtenergieverbrauchs. Und Neubauten werden laut Zukunftsforscher Georges Roos künftig eine ausgeglichene oder gar positive Energiebilanz ausweisen. «2025 braucht kein neues Wohnhaus mehr eine externe Energiezufuhr», sagt er. Solarzellen und Co. wandeln Wohnhäuser zu kleinen Kraftwerken, glaubt Roos.
Doch der Weg ist steinig. Bis 2025 stammen gemäss Szenario des Bundes nur fünf bis sieben Prozent des Strombedarfs aus Solarenergie. Der Erfolg «hängt langfristig insbesondere auch von der Entwicklung einer wettbewerbsfähigen Speichertechnologie ab», so Karrer. Das Pièce de Résistance, denn Strom lässt sich bis heute nur schlecht speichern.