Bizarr war er schon, der Abschiedsauftritt des Tidjane Thiam, doch eben auch symptomatisch. Angetreten war der Ivorer mit einem Star-Image, das er sich auch selbst verordnet hatte. Das zentrale Dilemma seines Regnums war, dass er diesem Nimbus mit aller Macht entsprechen wollte. Die Folge: Extreme Dünnhäutigkeit nach aussen gegenüber jenen, die seine in der Eigenwahrnehmung fabulöse Leistung nicht anerkennen wollten – und eine heftige Kontrollsucht nach innen, die ihn letztendlich das Amt kostete.
Da bildete der gestrige Auftritt ein passendes Schlussbouquet: Das Jahresergebnis war solide, aber eben durch mehrere Sondereffekte aufgehübscht. Doch der Welt-CEO suchte die grosse Anerkennung: Seht her, wie toll. Die Börse reagierte im frühen Handel dennoch mit einem Abschlag, die ZKB taxierte den Zahlenkranz des Schlussquartals als «enttäuschend». Auch der Schlussapplaus blieb Thiam verwehrt. Er geht als Unvollendeter.
Gottstein ist ein «Accidental CEO»
Dass sein Nachfolger einem Star-Image hinterherhechelt, darf als ausgeschlossen gelten. Thomas Gottstein zählt eher zur Spezies des «Accidental CEO», die auch in der Schweiz einige interessante Vertreter aufweist: Der neue SBB-Chef Vincent Ducrot etwa oder Sika-Vormann Paul Schuler. Sie gelangten nicht an die Spitze, weil ein anderer mehr Star-Appeal verströmte. Doch dann kamen sie schliesslich dennoch zum Zug, weil sie etwas hatten, was die vermeintlichen Stars zum Leidweisen der Aktionäre oft als Sekundärtugenden abtun: Fachkompetenz und Erfahrung.
Das Schöne für Gottstein wie für die anderen ist: Niemand erwartet von ihnen grosse strategische Würfe. So können sie einige Zeit ruhig schaffen. Das Schlechte: Irgendwann ertönt der Ruf nach dem Wunder-CEO von Neuem.