Ziemlich wilde Zeiten, könnte man denken, durchlebt der CFO der Ascom. Das Technologieunternehmen hat sich in seiner Geschäftsstrategie gerade neu orientiert. Aber Thomas Casata scheint keinesfalls gestresst zu sein, wie er da zum Interview empfängt, eher ein bisschen auf Trab, in Fahrt, konzentriert, schnell im Denken, präzis im Reden. Aufregende Zeiten scheint er zu lieben, wenn man seinen Lebenslauf betrachtet: Boston Consulting Group, Bally, Esec, Ascom, immer in Bewegung, immer im Umbruch. «Dynamisch» nennt er das, «eine dynamische Umgebung mit entsprechenden Herausforderungen.» Vor allem, wenn er an seinen vorherigen Arbeitgeber zurückdenkt, den Chamer Hersteller von Maschinen für die Montage von Mikrochips, Esec.

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«Man muss das mögen», lächelt er und hängt elegant eine klare Positionsmarkierung hinten an: «Ich schätze es, dass man in einem solch dynamischen Umfeld schnell in eine gewisse Position vordringt, in der man Dinge beeinflussen und vorwärts bringen kann.»

Sechs Jahre war Thomas Casata bei Esec, bevor er hierher zu Ascom wechselte. «Eine fantastische Zeit», erinnert er sich an das äusserst volatile Geschäft in der Halbleiterbranche. «Wir haben mehr als einen Zyklus mitgemacht und mussten bei jeder Wende schnell reagieren. Sätze wie kommen in einem derartigen Unternehmen nicht vor.»

Berater frisch ab Uni

Das Suchen nach Lösungen scheint der rote Faden im Leben des Finanzexperten Thomas Casata zu sein. «Mein CV ist mit einigen Stellenwechseln versehen», lächelt er, «aber jeder neue Abschnitt hat mir sehr viel gebracht.» Angefangen hat Thomas Casata als Berater bei «The Boston Consulting Group» in München. «Der Vorteil, wenn man als Berater arbeitet», sagt Casata, «liegt darin, dass man rascher mit einer Fülle von unterschiedlichsten Aufgaben konfrontiert wird, als wenn man eine einzelne, klar definierte Tätigkeit in einem Unternehmen ausübt.»

Die Beratertätigkeit bezeichnet er als konzeptionelle und menschliche Herausforderung. «Als Berater direkt von der Universität war es äusserst wichtig, von Anfang an die Akzeptanz des Kunden zu erhalten und für ihn kontinuierlich gute Lösungen zu finden.» Den Anspruch, etwas besser zu können, besser zu wissen, den hat Casata damals gar nicht erst erhoben.

«Klar hat man von aussen eine etwas andere Sicht auf ein Unternehmen. Man kann von aussen kommend auch ein paar unangenehme Dinge sagen, weil man weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft intern im Unternehmen verankert ist. Der Anspruch ist jedoch, gute Lösungen zu finden.»

Nach drei Monaten gingsvoll zur Sache

Mit 29 Jahren fand er es an der Zeit, operativ tätig zu werden. Er kam zu Bally. «Mach doch den Einkauf, hatten sie mir damals gesagt, wir trauen dir das zu», erzählt er. «Ich hatte noch nie Führung übernommen, nie Linienverantwortung, und nun sollte ich ein Einkaufsvolumen von 250 Mio Fr. bewältigen und 50 Leute führen.» Aber eines scheint bei Thomas Casata klar verankert zu sein: Chancen muss man packen. «Klar brauchte ich Hilfe, anfangs. Ein paar Wochen Schonzeit, ein gutes Coaching vom Chef. Aber nach drei Monaten gings voll zur Sache.» Damals bei Bally hat er sich sein Führungsverständnis angeeignet: «Führung ist individuell und hängt mit der Person des Mitarbeitenden zusammen», sagt er. «So wie einer gerne arbeitet, so muss man ihn führen. Man muss auf das Führungsbedürfnis der Leute eingehen. Man merkt schnell, ob einer gern eng geführt werden will oder ob er nur ein Ziel braucht, aber auch genug Freiraum, um dieses Ziel zu erreichen.»

Die Jahre bei Bally waren schwierig, aber zugleich faszinierend. «Das Produkt brachte sehr unterschiedliche Menschen zusammen, vom erfahrenen Schuhmacher über den Designer bis zum Verkäufer.» Die Folgejahre bei Esec aber waren keinesfalls leichter. Hat er einen Hang zu Unternehmen in Schwierigkeiten? «Es hat sich einfach ergeben», sagt er zuerst, dann nach einer halben Sekunde des Nachdenkens: «Sport ist, wenn mans trotzdem schafft.»

Bei Esec bot sich Thomas Casata die Chance, sein Profil zu verbreitern. Wieder war er für den Einkauf verantwortlich, aber zugleich auch für die Finanzen und das Rechnungswesen der Division Equipment. Nach ein paar Monaten wurde ihm die Position als CFO angeboten. «Ich hab ihnen gesagt: Das wäre eine neue Erfahrung für mich», erzählt Casata seine Geschichte. «Ihr geht ein Risiko ein. Aber ich war stolz darauf, diese Chance zu bekommen.»

Hat er nie Angst vor einer Aufgabe, die ihm angeboten wird? «Meine Einstellung ist, dass neue Aufgaben auch neue Erfahrungen bedeuten. Ich traue mir jeweils einen nächsten Schritt zu. Und wenn mir jemand anders diesen Schritt ebenfalls zutraut, dann haben sich zwei gefunden.» Nach sechs Jahren bei Esec kam der Umbruch, Esec wurde von Unaxis übernommen, und der Zeitpunkt war günstig, eine neue Chance zu suchen.

No sports

Nun ist Thomas Casata also CFO bei Ascom und übernimmt dort jene Aufgabe, die vorher der heutige CEO Rudolf Hadorn ausfüllte. Wie ist das, wenn der Chef selber mal CFO war? «Eine grosse Hilfe», kommt da wie aus der Pistole geschossen. «Ich kann von der grossen Erfahrung profitieren, die Rudolf Hadorn hat. Gleichzeitig hat er seine frühere Verantwortung losgelassen und konzentriert sich jetzt voll auf die Aufgaben als CEO.»

Überhaupt scheint Rudolf Hadorn perfekt dem Führungsanspruch von unten zu entsprechen, den Thomas Casata so formuliert: «Rudolf Hadorn will einen Sparring-Partner, und er will, dass ich mich auch persönlich exponiere. Darüber bin ich sehr froh.»

Die Führungscrew bei Ascom hat sich eingelebt, wichtige Schritte zur Vereinfachung der Unternehmensstruktur und Neuausrichtung sind gemacht. Wird es nun ruhiger um Ascom? «Man wird immer wieder von uns hören», sagt Thomas Casata. «Schliesslich haben wir eine Wachstumsstrategie, und die werden wir verfolgen. In den nächsten zwei, drei Jahren wird man die Erfolge sehen.»

Smart ist Thomas Casata im Auftreten, erfolgsorientiert im Formulieren seiner Sätze. Was macht der Mensch, wenn er mal ein paar Minuten für sich alleine hat? «Lesen», kommt die Antwort sofort. «Belletristik. Urs Widmer zum Beispiel. Er ist schnell, präzise im Stil, das fasziniert mich, das liebe ich. Oder Vargas Llosa, der Peruaner lockt mich nach Südamerika, das wäre eine Reise wert.» Aber für lange Reisen ist momentan keine Zeit. Casata ist mit einer Französin verheiratet, hat zwei Söhne, fünf und sieben Jahre alt, da ist solide Anwesenheit gefragt. Reisen führen ihn zurzeit nach Frankreich oder nach Italien, woher ein Teil seiner Familie stammt.

Treibt Thomas Casata Sport? «Nein.» Kein Joggen, um den Stress abzubauen, keinen Marathon, um die Leistungsfähigkeit zu beweisen? «Nein. No sports.» Ist er ein aggressiver Mensch? «Konflikte sind natürlich, wenn aus verschiedenen Überzeugungen unterschiedliche Ansichten abgeleitet werden», kommt er wieder in Fahrt. «Aber man muss versuchen, Konflikte integrativ zu lösen, man muss versuchen, zusammenzukommen. Erst wenn das nicht geht, braucht es einen Entscheid aus der Hierarchie heraus. Etwas zusammen erarbeiten», so bringt Thomas Casata sein Engagement auf den Punkt, «hat unendlich viele Vorteile gegenüber einem hierarchischen Entscheid.» Eine ungewöhnliche Einstellung. Aber eine mit Zukunft.



Der Berater, Einkäufer, Finanzchef: Steckbrief

Name: Thomas Casata

Funktion: CFO, Ascom

Geburtsdatum: 16. März 1965

Wohnort: Cham ZG

Familie: Verheiratet, zwei Söhne

Karriere:

1990 Abschluss Betriebswirtschaft an der Universität Stuttgart

1991 Projektleiter, The Boston Consulting Group, München

1994 Leiter Beschaffung, Bally, Schönenwerd

1998 CFO, Esec-Gruppe, Cham

2004 CFO, Ascom, Bern

Firma:

Ascom ist ein internationaler Dienstleistungsanbieter für Telekommunikationssysteme, integrierte Sprach- und Datenkommunikation, drahtlose und drahtgebundene Sicherheitslösungen. In dem hoch spezialisierten Technologiebereich ist Ascom als Systemintegrator und Dienstleister für Gesamtlösungen entlang der ganzen Wertschöpfungskette tätig. Nach einem Verlust im Vorjahr von 68 Mio Fr. wurde die Firma neu ausgerichtet. Das erste Halbjahr 2004 brachte wieder Gewinne. Ascom unterhält Niederlassungen in 22 Ländern und beschäftigt weltweit rund 4200 Mitarbeiter.