Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam kann aufatmen. Kurz vor dem Regierungswechsel in Washington legte die Grossbank ihren grössten Rechtsstreit mit einer Milliardenzahlung endgültig bei. Der Ivorer kann sich nun verstärkt auf den Konzernumbau und die Umsetzung der angekündigten Sparmassnahmen konzentrieren. Auch wenn Analysten nach zwei Jahren mit milliardenschweren Verlusten für 2017 erstmals wieder einen Gewinn erwarten, liegen die mittelfristigen Finanzziele noch in weiter Ferne. Der für das zweite Halbjahr angepeilte Teil-Börsengang des Schweizer Geschäfts gilt zudem als Kraftakt. Immerhin ist eine weitere Kapitalerhöhung derzeit kein Thema.
Auch die Investoren reagierten erleichtert, dass der Vergleich mit dem US-Justizdepartement wegen Tricksereien mit komplexen Wertpapieren in den USA vom Tisch ist, auch wenn die Strafe mit 5,3 Milliarden Dollar happig ausfällt. An der Börse stieg die Credit-Suisse-Aktie am Donnerstag um 1,2 Prozent. «Die Anleger freuen sich über jede Altlast, die abgehakt ist», erklärte EFG International-Fondsmanager Urs Beck. «Die Kosten sind zweitrangig.» Er könne sich bei der Beurteilung der Bank nun wieder stärker auf das operative Geschäft konzentrieren.
Vergleich kommt Credit Suisse teuer zu stehen
Wie die Deutsche Bank, die UBS und viele andere internationale Grossbanken kaufte auch die Credit Suisse vor der Finanzkrise faule US-Hypotheken auf, bündelte sie in Wertpapieren - sogenannte «Residential Mortgage Backed Securities (RMBS)» - und verkaufte diese an grosse Anleger weiter. Als der US-Immobilienmarkt einbrach, blieben die Investoren auf riesigen Verlusten sitzen. In dem Verfahren gegen die Credit Suisse stellte das US-Justizministerium fest, dass die Bank Kredite an den Mann brachte, die Mitarbeiter in Emails als «kompletten Mist» bezeichneten.
Der kurz vor Weihnachten bereits ausgehandelte und nun besiegelte Vergleich kommt Credit Suisse teuer zu stehen. Als Geldbusse werden unmittelbar 2,48 Milliarden Dollar fällig. Darüber hinaus muss die Bank über einen Zeitraum von fünf Jahren Entschädigungszahlungen an Kunden von insgesamt 2,8 Milliarden Dollar leisten, indem sie ihnen etwa Schulden und Zinszahlungen erlässt oder erschwinglichen Wohnraum finanziert. Die Gesamtrechnung könnte zudem noch steigen, denn die Bank ist in ähnlichen Fällen noch immer mit Verfahren der Staatsanwälte in New York und New Jersey konfrontiert.
Analysten erwarten 2016 Milliarden-Verlust
Die Belastungen übersteigen die für den Fall gebildeten Rückstellungen von 550 Millionen Dollar bereits jetzt bei weitem. Entsprechend legt Credit Suisse zusätzliche rund zwei Milliarden Dollar beiseite, so dass Analysten für 2016 nun mit einem Verlust in der Grössenordnung von zwei Milliarden Franken rechnen.
Das wirft Thiam in seinen Bemühungen, die Bilanz zu stärken, wieder zurück. Nach Ansicht der Barclays-Analysten gehört Credit Suisse zu den am schwächsten kapitalisierten Grossbanken Europas. Unter den wenigen Instituten, die noch schlechter abschneiden, ist die Deutsche Bank zu finden. Konzernchef John Cryan möchte bei der Neuausrichtung des Frankfurter Geldhauses am liebsten ohne frisches Kapital auskommen, völlig ausschliessen könne er eine Kapitalerhöhung jedoch nicht, sagte er in einem Fernseh-Interview. Solange die Anleger nicht genau wissen, wie die Strategie der Deutschen Bank künftig aussieht, dürfte sie allerdings Mühe haben, von den Anlegern mehr Geld zu bekommen.
Credit Suisse ist hier schon weiter. Als eine seiner ersten Massnahmen als Bank-Chef zapfte Thiam den Kapitalmarkt an und nahm sechs Milliarden Franken ein. Mit seinem Plan, das riskante Investmentbanking zurückzufahren und stärker auf die stabilere Vermögensverwaltung zu setzen, hat er bei den Investoren zudem offene Türen eingerannt. Zudem hat Thiam den nächsten Pfeil bereits im Köcher. Der Börsengang des Schweizer Geschäfts soll weitere zwei bis vier Milliarden in die Kasse spülen.
(reuters/ccr)