Rund 40 Mio Fr. investierte der Migros-Konzern in sein neues Tiefkühllager im Verteilbetrieb in Neuendorf. Für die Planung und Realisierung des in seiner Art einzigartigen Tiefkühllagers (TKL) beauftragte die Migros die Jungheinrich GmbH als Generalunternehmerin für die gesamte Logistik.
Der nach eigenen Angaben hiesige Marktführer im Bereich Tiefkühlprodukte beliefert täglich über 500 Filialen in der ganzen Schweiz. Jährlich werden ab Neuendorf Güter im Wert von über 3 Mrd Fr. ausgeliefert, wovon der Anteil Tiefkühlumsatz 440 Mio Fr. beträgt. Als grösster Arbeitgeber der Region beschäftigt die Migros Verteilbetrieb AG (MVN) über 1200 Mitarbeitende, davon etwa 200 im Tiefkühllager. In einem Raumvolumen von rund 166000 m3 und einer Lagerhöhe von etwa 30 m sind 28000 Palettenplätze im neuen Tiefkühl-Hochregallager untergebracht.
Anlieferung auf Strasse und Schiene
Das neue Hochregallager verfügt für die Anlieferung der täglich rund 1000 Paletten über zwei getrennte Wareneingänge für Lastwagen und Bahn. Nach der Anlieferung der Artikel auf Europaletten durchlaufen diese die Wareneingangskontrolle. Jede Palette wird mit einem SSCC-Code als eindeutiges Identifikationsmerkmal gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung der Paletten wird in Zukunft wenn immer möglich bereits beim Lieferanten erfolgen, um den Abfertigungsaufwand im TKL auf ein absolutes Minimum zu beschränken.
Per Gabelstapler oder Handgabelhubwagen werden die Paletten an einem der Identifikationspunkte (I-Punkte) der automatisierten Fördertechnik übergeben. Beim Passieren der Profilkontrolle werden die angelieferten Paletten auf die maximal zulässigen Abmessungen und Gewicht kontrolliert und gleichzeitig mittels eines automatischen Barcode-Scanners identifiziert. Sind die so ermittelten Palettendaten konform, vergibt das Lagerverwaltungssystem einen geeigneten Lagerplatz und teilt diesen der Fördertechniksteuerung mit.
Über die Förderanlage gelangt die einzulagernde Palette auf einen der zwei Verschiebewagen, welche auf einer Stahlbühne innerhalb des Hochregallagers auf der selben Fahrbahn installiert sind. Dieser Verschiebewagen transportiert die Palette zu einer der insgesamt 14 Lagergassen mit je einem vollautomatischen Regalbediengerät, welches die Paletten übernimmt und auf den vom Lagerverwaltungssystem vergebenen Lagerplatz transportiert.
Das neue Hochregallager ist mittels zweier Hochgeschwindigkeits-Verschiebewagen mit den bestehenden Förderanlagen im Tiefkühl-Kommissionierlager verbunden. Somit ist der Artikelnachschub im bestehenden Kommissioniersystem sichergestellt. Dieser Nachschub an Artikeln wird vom Lagerleitsystem aufgrund von Mindestmengen auf den Kommissionierplätzen selbstständig und automatisch angestossen. Somit ist sichergestellt, dass für das Bereitstellen der Lieferungen an die Filialen jederzeit die benötigten Artikelmengen an den Kommissionierplätzen vorhanden sind.
Problem tiefe Temperaturen
Die besondere Herausforderung bei der Realisierung von vollautomatischen Logistiksystemen in Tiefkühllagern sind sicherlich die aussergewöhnlichen Temperaturbedingungen. Es gilt sicherzustellen, dass sowohl die mechanischen Komponenten als auch diejenigen der Steuerungen und der benötigten Sensorik bei permanenten Temperaturen von minus 30 Grad Celsius jederzeit einwandfrei funktionieren. Schon bei der Konzipierung der Anlage ist den speziellen Umständen Rechnung zu tragen.
Die laufende Wartung der Anlagen und das Beheben von allfälligen Störungen sind entscheidend für eine funktionierende Logistikkette im Unternehmen. Verschalungen wie auch die zu bedienenden Schalter und Taster müssen genügend gross dimensioniert werden, damit diese mit angezogenen Handschuhen problemlos demontiert, montiert und bedient werden können. Das durch Mützen und Kapuzen eingeschränkte Sichtfeld der Bediener erfordert spezielle Sicherheitsausrüstungen der Anlagen, da sonst gefährliche Situationen entstehen können.
Das Ziel der Migros-Verteilbetriebe, den gesamten Materialfluss im Tiefkühllager zu automatisieren und dadurch den Artikelnachschub an die Kommissionierplätze jederzeit sicherzustellen, wurde weitgehend umgesetzt. Die Aufenthaltsdauer der Mitarbeiter im Kühlbereich konnte erheblich reduziert werden. Die bisher notwendigen Lastwagentransporte von den Aussenlagern ins Kommissionierlager wurden mit dem Neubau des Tiefkühl-Hochregallagers eliminiert. Auch für das grösste Detailhandelsunternehmen ist und bleibt die Logistik eine strategische Erfolgsposition. Ab 2006 sollen sich die Gesamtinvestitionen von über 1 Mrd Fr. mit einem jährlich wiederkehrenden positiven Beitrag an den Betriebsgewinn von etwa 200 Mio Fr. auszahlen.