Der frisch gebackene Zürcher SP-Nationalrat Tim Guldimann hat den wohl längsten Anreiseweg zur Nationalratssession: Der ehemalige Spitzendiplomat wohnt in Berlin. Guldimann ist der erste Auslandschweizer, der je als solcher ins eidgenössische Parlament gewählt wurde.
Ein Umzug von Berlin in die Schweiz stehe nicht zur Debatte, sagte Guldimann nach der Wahl am Sonntag zur Nachrichtenagentur SDA. «Ich bin Auslandschweizer, und Auslandschweizer wohnen im Ausland». In der deutschen Hauptstadt halten ihn auch seine Ehefrau, eine «Spiegel»-Journalistin, und seine zwei Töchter, die dort zur Schule gehen. Ob er sich in Bern ein «Pied à Terre» – also eine kleine Wohnung – zulegen wolle, wo er während der Sessionen wohnt, konnte er noch nicht sagen.
Der ehemalige Schweizer Botschafter in Berlin hatte auf der Liste der SP Kanton Zürich kandidiert und war mit dem viertbesten Ergebnis gewählt worden. Er schob sich noch vor die beiden Bisherigen Martin Naef und Thomas Hardegger.
Als einziger von 59 Kandidaten erfolgreich
Dass im Ausland lebende Schweizer das passive Wahlrecht auf Bundesebene haben, ist nichts Neues: Das Recht besteht seit der Gründung des Bundesstaates 1848, wie aus einer bundesrätlichen Stellungnahme von 2008 zu einer Motion hervorgeht. Erst 2003 stellte erstmals eine Partei eine separate Auslandschweizer-Liste auf: Die SVP Basel-Landschaft.
Von den insgesamt 59 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern, die auf 16 Listen zu den diesjährigen Wahlen angetreten waren, war Guldimann als einziger erfolgreich. Er ist nicht der erste Auslandschweizer im Parlament, aber der erste, der als Auslandschweizer gewählt wurde.
Vorgänger Traugott Wahlen kam nach Wahl zurück
In der Legislaturperiode 1999-2003 sassen zwei Auslandschweizer im Nationalrat: Ruedi Baumann (Grüne, BE) und seine Frau Stephanie Baumann (SP, BE). Sie waren allerdings nicht als solche gewählt worden, sondern während der Amtszeit nach Frankreich ausgewandert.
Ein seinerzeit prominenter Auslandschweizer war Bundesrat Traugott Wahlen. Der Vertreter der damaligen Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) – eine Vorläuferin der SVP – wurde 1958 in die Landesregierung gewählt. Der ETH-Professor für Landwirtschaft war damals für die UNO-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO in Rom tätig. Nach seiner Wahl zügelte er in die Schweiz zurück.
(sda/jfr)