Es gehört zu den angenehmen Seiten des Weinbaus, dass in den meisten Teilen Europas die Rebberge in besonders schönen Hügellandschaften liegen. Auch Toni Ottigers (52) Weingut Rosenau bietet alles, was ein für die Schönheiten der Natur empfängliches Gemüt zu begeistern vermag: Unten glitzert der Vierwaldstättersee, und im Westen erhebt sich majestätisch der Pilatus. Aber lassen sich denn in dieser Gegend auch trinkbare Weine erzeugen? Diese Frage werde ihm immer wieder gestellt, entgegnet Toni Ottiger schmunzelnd. Die
beste Antwort darauf sei jedoch nicht ein langer Sermon, sondern die Verkostung der verschiedenen weissen und roten Gewächse.
Doch bevor wir dies tun, gehts ab in die Reben. Es ist ein prächtiger Septembertag. Die Trauben hängen gesund und prall an den Stöcken. In wenigen Tagen kann mit der Ernte begonnen werden. Ottiger zeigt sich optimistisch. «Wir hatten einen warmen Frühling mit frühem Austrieb, dann einen einigermassen zufriedenstellenden, eher regnerischen Sommer, und jetzt kündigt sich ein schöner Herbst mit moderaten Temperaturen an. Wenn das Wetter mitspielt, werden wir dieses Jahr erneut einen ausgezeichneten Jahrgang keltern können.»
2007er verspricht sehr viel
Die Ernte, auch jene der Spätlesen, ist inzwischen abgeschlossen. Das Wetter hat mitgespielt. Ottiger zeigt sich begeistert. Nach dem schwierigen 2002er Jahrgang, der dank minutiöser Triage dennoch gute, aromatisch-elegante Weine hervorbrachte, und dem 2003er mit seinen kraftvollen, dichten Gewächsen zeichneten sich die ausgezeichneten nachfolgenden Jahrgänge – alle auf ihre spezifische Art – durch vielschichtige Fruchtigkeit, kraftvolle Eleganz und harmonische Balance aus.
Und jetzt der 2007er! «Ich persönlich glaube, dass die diesjährigen Weine noch um eine Stufe besser sein werden als jene der vorangegangenen Jahre», prophezeit Ottiger.
Über 25 Jahrgänge hat er inzwischen mit den Trauben seiner Reblagen in Kastanienbaum bei Luzern vinifiziert. 1981 pachtete er als junger Quereinsteiger das Weingut Rosenau, zu dem rund 1 ha Rebland gehörte. Schon während der Schulzeit habe er sich für ökologische Themen interessiert, erzählt Ottiger. Gleichwohl absolvierte er eine kaufmännische Lehre und arbeitete danach auf einer Bank. Doch der Wunsch nach einer beruflichen Neuorientierung wurde stärker. Ottiger machte eine Winzerlehre im Wallis und bildete sich im Forschungszentrum für Wein- und Obstbau in Wädenswil weiter. Danach überlegte er sich auszuwandern, ins Piemont oder gar nach Neuseeland. Doch als sich ihm die Gelegenheit bot, das auf der Südspitze der Horwer Halbinsel gelegene Weingut Rosenau zu übernehmen, zögerte er nicht lange. «Mich reizte die Herausforderung, gewissermassen vor der Haustür Neuland zu betreten.»
Schritt verlangte einiges an Mut
Das war zu Beginn der 1980er Jahre ein Wagnis, denn selbst in den grossen helvetischen Weinbaukantonen Wallis und Waadt wurden damals noch kaum Weine erzeugt, die sich qualitativ von der Masse mittelmässiger Tropfen abhoben. Was war da von den Gewächsen eines Weinbau-Winzlings wie dem Kanton Luzern, dessen Rebfläche auch heute nur gerade 30 ha beträgt, zu erwarten?
Überzeugt davon, dass sich auch in seiner Heimat gute Weine keltern lassen, machte sich Ottiger mit Enthusiasmus und Beharrlichkeit ans Werk. Es gelang ihm, in mehreren Schritten weitere an sein Gut angrenzende Parzellen zu pachten. Diese bepflanzte er, zusätzlich zu den beiden Hauptsorten Blauburgunder und Riesling x Sylvaner, mit weiteren weissen und roten Varietäten, die er teils reinsortig (Sauvignon blanc, Muscat Oliver, Garanoir und Regent), teils als Cuvées (Le Blanc, Le Rouge und ein Süsswein) abfüllt. 7 ha bewirtschaftet inzwischen der Luzerner Pionierwinzer.
Jetzt neu auch einen Merlot
Dazu zählt auch eine Parzelle an geschützter Südlage, die er 2004 mit Merlot-Reben bestockt hat. «Noch vor wenigen Jahren hätte man einen Winzer, der am Vierwaldstättersee diese Bordelaiser Sorte kultiviert, für verrückt gehalten», lacht Ottiger. Doch er hat sich die Sache gut überlegt. «Der häufige Föhn und das die Temperaturen ausgleichende Seeklima sorgen für optimale Bedingungen für den Weinbau. Dazu kommt, dass die Durchschnittstemperaturen während der letzten Jahre eindeutig über jenen lagen, die wir noch vor zwei Jahrzehnten hatten», erläutert er.
Zwar ist es zu früh, um das Merlot-Projekt beurteilen zu können, da die Stöcke noch nicht in vollem Ertrag stehen. Doch die Verkostung der insgesamt zwölf Weine, die Ottiger abfüllt, zeigt, dass seine Erzeugnisse den Vergleich mit jenen anderer Deutschschweizer Topwinzer nicht zu scheuen brauchen. Das hat sich inzwischen weit über die Kantonsgrenzen hinaus herumgesprochen und erklärt auch die Tatsache, dass seine Gewächse jeweils schnell ausverkauft sind.
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Die Weine können direkt ab Gut gekauft werden (Samstag 9 bis 12 Uhr, an anderen Tagen auf Voranmeldung):
Weingut Rosenau , 6047 Kastanienbaum
Tel. 041 340 42 88
www.weingut-rosenau.ch
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Sechs ausgewählte Weine: Weissweine
Rosenauer Riesling x Sylvaner 2006 Florales Bouquet mit dezenten Zitrusnoten. Fruchtig-frischer Körper, knackige Säure, herrlich süffig (16.– Fr.).
Rosenauer Sauvignon blanc 2006 Markante, vielschichtige Nase mit Aromen
von Brennnesseln, Holunderblüten und exotischen Früchten. Im Gaumen mittelgewichtig, nuancenreiche Fülle, angenehme Säure, gute Länge (22.– Fr.; ausverkauft).
Luzerner Cuvée Le Blanc 2005 Aus Pinot gris und weiss abgepresstem Pinot noir. Ausdrucksvolles Bouquet, dezente Röstnoten. Dichter, cremiger Körper, frische, belebende Säure, nachhaltig im Abgang (24.50 Fr.).
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Rotweine
Rosenauer Blauburgunder 2006 Feine, fruchtbetonte Nase mit Aromen von roten Beeren. Im Gaumen elegant, saftig, finessenreich (18.– Fr.).
Luzerner Cuvée Le Rouge 2005 Aus Pinot noir, Garanoir, Regent, weiss abgepresstem Pinot noir. Nobles Bouquet mit Aromen von dunklen Beeren und würzigen Noten. Voller, fleischiger Körper, harmonisch ausbalanciert, vielschichtige Aromatik, saftig-frischer Nachhall (24.50 Fr.).
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Süsswein
Rosenauer Süsswein 2005 Aus Pinot gris, Muscat Oliver und Riesling x Sylvaner. Expressive Nase mit Aromen von getrockneten Aprikosen, Lychee, Quitten und floralen Noten. Im Gaumen vollmundig, finessenreich,
schönes Süsse-Säure-Spiel, sehr langer, säuregestützter Abgang (Fr. 39.– /37,5 cl).