Jetzt haben schon sieben der zehn umsatzstärksten Schweizer Firmen mit dem globalen Rohstoffgeschäft zu tun. Vor zwanzig Jahren, 1998, hatte es nur ein Commodity-Konzern in die Spitzengruppe geschafft, nämlich Glencore, hervorgegangen aus dem Trading-Imperium des legendären Marc Rich. Heute nun liest sich die Rangliste der Umsatzmilliardäre im Land vollends wie das Wörterbuch einer exotischen Sprache: Vitol, Glencore, Trafigura, Mercuria, Cargill, Gunvor. Zusammen setzten diese Rohstoffriesen im letzten Jahr fast 1 Billion Franken um.
An der Spitze dabei: Vitol. Die Gruppe mit Sitz in Genf schaffte durch den Handel mit Energieprodukten über 225 Umsatzmilliarden – und dies mit bloss 5400 Angestellten. Das krasseste Verhältnis bietet hier übrigens Cargill: Der Genfer Konzern arbeitet im Getreide- und Ölhandel sowie im Fracht- und Schiffsbetrieb; und er schaffte es, dass jeder helvetische Mitarbeitende 250 Millionen Franken umsetzte.
Zwischen die Rohstoffriesen schiebt sich auch dieses Mal – fast sagt man: natürlich – Nestlé (Rang 6 mit 91 Milliarden Franken Umsatz und über 300'000 Mitarbeitenden). Ferner schaffen es Roche und Novartis auf die Ränge 8 und 9.
Das ist typisch dafür, wie sich die Schweizer Wirtschaft bei ihren Flaggschiffen präsentiert – nämlich zweigeteilt. Es gibt die unerschütterlichen Schwergewichte, deren Umsatzsprünge zwar begrenzt sind, welche aber ihre Führungsrolle über Jahrzehnte hinweg spielen. Und es gibt eine Art «Flugsand» des Big Business – Giganten, die kommen und gehen.
Oder erinnern Sie sich noch an Petroplus, André & Cie, Xstrata, Transocean? Sie gehörten unlängst noch zu den wichtigsten eingetragenen Firmen im Land.
Sind Sie auf der anderen Seite bereits vertraut mit BHP Billiton, MSC beziehungsweise der MET Group? Das sind Multimilliarden-Konzerne, die ihren Sitz erst in jüngster Zeit in die Schweiz verlegt haben.
Vom Industrieland zum Land der Rohstoff-Giganten: Die 10 grössten Schweizer Konzerne, Umsatzentwicklung seit 1993.
Dabei wird zugleich klar, dass nicht etwa die Börsenkonzerne unter den Grössten im Land eine Hauptrolle spielen, sondern Familiengesellschaften, Genossenschaften respektive Partner- und Privatunternehmen aller Art. In Zahlen: 14 der 25 umsatzstärksten Schweizer Unternehmen sind nicht an der Börse kotiert.
Liftmannschaften und Neustarts
Das Ranking der «Handelszeitung» wurde gemeinsam mit dem Wirtschafts-Informationsdienst Bisnode Schweiz in Urdorf erarbeitet. Es hat inzwischen 179 Umsatzmilliardäre ausgemacht – sechs mehr als noch vor einem Jahr. Und grundsätzlich zeigt es, dass 2018 für die Riesen der helvetischen Wirtschaft ein gutes Jahr war.
Sechs von sieben erfassten Konzernen konnten den Absatz steigern, viele davon zweistellig (wobei der – zumindest gegenüber dem Euro – auch 2018 leicht steigende Franken vielen internationalen Firmen half, den Jahresabschluss aufzuhübschen). Die rund 150 Grossfirmen, für die Vergleiche möglich sind, steigerten ihre Umsätze im Schnitt um 6,5 Prozent. Das war mehr als 2017 (+5,1 Prozent), es war deutlich mehr als 2016 (+3,6 Prozent) sowie viel mehr als 2015 (–3,9 Prozent) und 2014 (+2,6 Prozent).
14 Schweizer Unternehmen schafften in dieser Erhebung die Milliardenhürde, darunter einige Konzerne, die man im Sport wohl als «Liftmannschaft» bezeichnen würde: Sie waren schon mehrmals im erlauchten Kreis – fielen aber auch mehrfach wieder heraus. Das gilt für die Energiedienst Holding, für Interdiscount, für den Flugzeughersteller Pilatus, für Rieter und Tamedia.
Prominente neue Mitglieder sind Audemars Piguet, die Industriegesellschaften Metall Zug, Schweiter und Würth sowie der Medikamentenhändler Zur Rose. Plus zwei Konzerne, die jüngst neu entstanden sind: Der Augenheilkonzern Alcon, den Novartis aus seinen Fittichen entliess, stieg mit knapp 7 Milliarden Umsatzfranken auf Rang 37 ein, hinter Sika, vor Barry Callebaut. Schwergewichtiger ist der zweite Neustart: Siemens Building Technologies, die verselbstständigte Gebäudetechniksparte in Zug, beschäftigt rund 28 000 Menschen und setzte im letzten Jahr gut 7,6 Milliarden um: Rang 34, direkt nach der Post.
Der Vergleich bestätigt: Es ist zur Normalität geworden, dass ein Riese in einer Branche die anderen weit distanziert. Bei den Nahrungsmitteln erreicht Nestlé 13-mal so viel Umsatz wie die zweitplatzierte Barry Callebaut; bei den Bauzulieferern verkauft Lafarge Holcim fast das Vierfache von Sika; im Non-Food-Grosshandel setzt Dufry viermal mehr um als Valora; im Maschinenindustriefeld verkauft ABB fast dreimal mehr als Liebherr.
Die Macht der Skaleneffekte
Ähnliche Mehrfachverhältnisse liessen sich in weiteren Feldern finden, ob in der Telekommunikation (mit Swisscom), in der Pharmabranche (mit Roche und Novartis als Dominatoren), im Detailhandel (mit Coop und Migros) oder beim Bau (Implenia).
Die grössten Sprünge im Ranking schafften drei völlig unterschiedliche Firmen: Bei Google Switzerland schätzen die Bisnode-Experten den Umsatz neu auf 1,9 Milliarden – Rang 108 nach 123 im Vorjahr. Der Mischkonzern Conzzeta (Mammut, Bystronic) steigerte den Absatz um rund einen Fünftel: von Platz 130 auf Platz 111. Und mit dem Biotherapeutica-Hersteller CSL Behring sprang eine bernische Firma von Rang 101 auf Platz 87.
TOP 100
Die grössten Unternehmen der Schweiz: Wer sind die Umsatzmilliardäre in der Schweiz? Wo sind sie domiziliert? Welche Branchen schwingen obenauf? Die digitale Liste zu den Top-100-Unternehmen können Sie ab sofort online hier bestellen. Die Liste der grössten Banken und Versicherungen erscheint am 11. Juli 2019 in der «Handelszeitung». Die digitalen Listen können Sie ab Erscheinungsdatum online bestellen: www.handelszeitung.ch/top70
Top 500
«TOP 500 – Die grössten Unternehmen der Schweiz 2019» erscheint am 22. August 2019. Die Sammlung umfasst statistische Daten und Kennzahlen von Unternehmen aus der Schweiz und aus Liechtenstein. Alle Fakten der umsatzstärksten Schweizer Firmen aus rund 80 Branchen sowie Banken und Versicherungen. Alle Informationen finden Sie hier.
(rap)