Sie kommen und fotografieren wieder. Die häufig grossen Reisegruppen mit nicht selten 50 bis 100 meist freundlich dreinschauenden Menschen aus dem Fernen Osten prägen die Szenerie in Schweizer Ferienorten während dieses Sommers deutlich stärker als vor Jahresfrist.

Der optische Eindruck täuscht nicht. In Grindelwald, einem der bevorzugten Schweizer Reiseziele der Asiaten, hat die Zahl ihrer Logiernächte gegenüber dem Vorjahr um 75% zugenommen. «Bei den Japanern sind es sogar 90%», sagt Margrit Brawand von Grindelwald Tourismus. Ähnlich tönt es im Wallis. Im gesamten Kanton haben im Juni ebenfalls 90% mehr Japaner übernachtet als in der gleichen Vorjahresperiode, wie Tourismusdirektor Urs Zenhäusern bestätigt.

Besonders von der Rückkehr der Asiaten kann Zermatt profitieren, das im Juni über alle Gästemärkte gesehen um 30% zulegen konnte. Aufatmen auch in Luzern, wo neben den ebenso wichtigen Nordamerikanern dieses Jahr wieder deutlich mehr Asiaten anzutreffen sind. Gegen 25% dürfte das Plus gegenüber dem Vorjahr betragen, schätzt Stefan Schär von Luzern Tourismus. Dieselbe Steigerungsrate vermelden die Titlis-Rotair-Bergbahnen in Engelberg. In Genf werden für die Monate Juli und August 30% mehr japanische Logiernächte als im Vorjahr erwartet.

*Noch keine Rekordwerte*

Sind diese Zuwachsraten Beleg für einen asiatischen Reiseboom in die Schweiz? Jein. «Die aktuellen Zahlen liegen auf einem ähnlichen Niveau wie 2002», relativiert Brawand die auf den ersten Blick massive Steigerung. Vor zwei Jahren waren die Zahlen aber keineswegs berauschend. Die Asiaten-Hochburgen in der Zentralschweiz und dem Berner Oberland mussten einen empfindlichen Rückgang hinnehmen, der mit der schwächelnden Konjunktur im Fernen Osten zusammenhing. Mit entsprechender Vorsicht werden die Zuwächse auch in den anderen Destinationen gedeutet. Man will zuerst abwarten, wie sich die kommenden Jahre entwickeln.

Dennoch gibt es bereits heute Grund zum Optimismus. Bei Schweiz Tourismus (ST) laufen die Fäden und damit auch Zahlen aus den Ferienregionen zusammen. «Die asiatischen Reisemärkte sind in diesem Jahr die klaren Gewinner», verkündet Sprecherin Silvia de Vito. Um über 10% übersteigt die Anzahl Logiernächte von Japanern und Koreanern gesamtschweizerisch den Vorjahreswert. In absoluten Zahlen werde damit auch der Sommer 2002 übertroffen, sagt sie.

Damit wird das Argument des Basiseffekts gegenüber dem wegen Sars sehr schwachen Vorjahr relativiert. Der Aufwärtstrend ist real. Sehr viel versprechend sind auch die Prognosen, die ST in Zusammenarbeit mit der Basler Konjunkturforschungsstelle (BAK) für die Zukunft herausgibt. Demnach soll sich die Zahl der Hotelübernachtungen aus China von 120000 im letzten Jahr auf 240000 bis Ende 2006 verdoppeln. Bis 2015 sollen es sogar 800000 werden, was dem heutigen Wert der niederländischen Besucher entsprechen würde. Zum Vergleich: 2003 verbrachten 560000 Japaner eine Nacht in einem Schweizer Hotel. Der Grund für die euphorischen Erwartungen ist eine am 1. September dieses Jahres in Kraft tretende Regelung in China, wonach Reisegruppen nicht nur geschäftlich, sondern auch zu Ferienzwecken in die Schweiz reisen dürfen.

*Ausgabefreudige Asiaten*

Die asiatische Kundschaft gilt als besonders lukrativ, da sie ausgabefreudig ist. Das beobachtet auch Frank Bumann in Zürich. «Ein Chinese gibt hier durchschnittlich rund 450 Fr. pro Tag aus», so der Tourismus-Direktor. In zwei Jahren wird die Schweizer Wirtschaft dank den Touristen aus China laut Prognose rund 100 Mio Fr. umsetzen. Der durchschnittliche deutsche Gast lässt nur 125 Fr. liegen. Bumann macht keinen Hehl daraus, dass er sich bezüglich Marketing und Bearbeitung der asiatischen Gästemärkte mehr finanzielle Unterstützung aus anderen Branchen wünschen würde. «Obwohl unzählige Geschäfte an der Bahnhofstrasse profitieren, bleibt die ganze Promotion den Hotels vorbehalten.» Bumanns Aussichten sind nichtsdestotrotz optimistisch. Sein vor-dergründiges Ziel ist, die zu erwartenden Gästemassen aus Japan und China für länger als nur eine Nacht in den Zürcher Hotels zu halten.

Die Hoffnung auf volle Betten und frequentierte Bergbahnen wird in den Ferienorten auch durch die positive Entwicklung der vorderhand kleinen asiatischen Märkte genährt. «Die Gästezahlen aus Indien, Korea, Taiwan und Hongkong nehmen bei uns laufend zu», sagt Albert Wyler, Geschäftsführer der Titlis-Rotair-Bergbahnen. In Genf hat die Zahl der koreanischen Touristen 2003 um 23% zugenommen und steigt unentwegt weiter. Bei Genf Tourismus ist man bemüht, für die asiatischen Gäste massgeschneiderte Angebote zu entwickeln. So wurden zum Beispiel geführte und speziell auf japanische Bedürfnisse ausgerichtete Weindegustationen kreiert.

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