Ein zweites Seebeben hat der Tourismusdestination Südostasien gerade noch gefehlt. Schon vorher hat Luzi Matzig befürchtet, die Situation in Südthailand könnte sich bald dramatisch verschärfen. Der Chef der lokalen Incoming-Agentur Asian Trails sieht die Arbeitsplätze Tausender gefährdet. «Das wäre schlimm, da wir in Thailand keine Arbeitslosenversicherung haben», so der Schweizer, der seit Jahren in Asien lebt. Der Grund für Matzigs Pessimismus: Es kommen praktisch keine Touristen mehr nach Südthailand. Seit Ende Dezember der zerstörerische Tsunami das Gebiet verwüstet und viele Menschen mit sich genommen hat, herrscht im Tourismus Flaute. «Im Januar und Februar haben sich die Ankünfte gegenüber dem Vorjahr um 82% reduziert», sagt Matzig.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Wieder mehr Gäste wünscht sich auch Henry Widler, geborener Schweizer und eingebürgerter Thai. Er betreibt in Südthailand sechs Hotels. Vier davon haben seit Ende Dezember zwischen 70 und 90% der Kundschaft eingebüsst. Und das in der Hochsaison.

Tiefsaisonpreise im Angebot

Widler und viele andere Hoteliers haben nun die Preise gesenkt. Für die vier schwach ausgelasteten Häuser hat er bereits ab Februar die Tiefsaison-Tarife ausgeschrieben, die normalerweise ab Mai gültig sind. Dazu werden überall Spezialaktionen wie zum Beispiel vier Nächte zum Preis von drei oder sechs Nächte zum Preis von vier lanciert.

Auch viele Airlines haben ihre Flugpreise für den Interkontinental-Verkehr reduziert und offerieren den lokalen Passagieren billige Arrangements, wie Luzi Matzig festgestellt hat. So zum Beispiel die Thai Airways. Obschon gemäss Silvia Stoll von Thai-Airways-Schweiz die Buchungsstände für den März wieder erfreulich waren, ist für Mai und Juni eine Aktion mit Tickets Zürich-Phuket retour für 888 Fr. lanciert worden. Regulär im Internet gebucht kostet diese Strecke bei Thai oder Swiss zwischen 1700 und 2900 Fr.

Eine Ankurbelung des Geschäfts erhoffen sich von solchen Massnahmen auch die Schweizer Reiseveranstalter. Der Asien-Spezialist Tourasia gibt die Preisreduktionen der thailändischen Hoteliers 1:1 an seine Kundschaft weiter. «Bei einigen Hotels bieten wir zusätzliche Sparaktionen wie Zimmer-Upgrade oder kostenloses Essen an», so der Geschäftsführer Stephan Römer. Dank eines vielfältigen Angebots hat Tourasia den grossen Teil seiner Thailand-Kunden an die Ostküste und den Golf von Siam umbuchen können. Für Südthailand ist die Nachfrage indes um 85% eingebrochen.

Löcher klaffen auch in den Buchungssystemen der grossen Schweizer Generalisten. Der Reservationsstand bei Hotelplan zeigt für die Periode Januar bis Oktober 2005 in Thailand ein Minus von 40%, für die Malediven 60% und Sri Lanka 70%. Auch der Branchenleader Kuoni bleibt in den betroffenen Destinationen um 30 bis 40% hinter dem Vorjahr zurück. Die daraus erwachsenen Verluste sind happig. Hotelplan etwa sind aufgrund des Tsunamis rund 12 Mio Fr. durch die Lappen gegangen, dazu kommen operative Kosten von 500000 Fr. sowie Ertragsausfälle wegen eines Hotelbetriebsunterbruchs auf den Malediven.

Reduktionen um 450 Franken

Aber gerade für die beliebten Taucherinseln sind die Veranstalter dringend auf neue Kunden angewiesen, denn die traditionell stark nachgefragte Destination wird auch im Sommer mit einem grossen Charterflugzeug angeflogen. Es handelt sich dabei um eine 313-plätzige Maschine der Edelweiss, die sich Kuoni mit Hotelplan und kleineren Anbietern teilt. Nun sollen attraktive Preisrabatte das Risiko von vielen leeren Plätzen etwas vermindern. Eine Woche im Viersternhotel im Mai ist bei Kuoni über das Internet bereits heute mit einer Reduktion von fast 450 Fr. gegenüber dem Katalogpreis ausgeschrieben. Dies seien Sonderaktionen im üblichen Rahmen, sagt Kuoni-Sprecherin Eve Baumann.

Klar ist jedoch: Wenn die Nachfrage nicht bald anzieht, werden die Tarife im April weiter purzeln. Tourasia-Geschäftsführer Römer ist aber zuversichtlich: «Ich gehe von einer Normalisierung der Situation innert Kürze aus.»

Daran mag Luzi Matzig noch nicht recht glauben. «Viele Schweizer haben leider eine falsche Einstellung und glauben, dass man nicht mit ruhigem Gewissen nach Phuket reisen und sich dort ausruhen könne, wo vor drei Monaten viele Menschen ertrunken sind.» Er und Hotelier Henry Widler sind überzeugt, dass der zum Stillstand gekommene Tourismus vor Ort nur bedingt über preisliche Anreize wieder zum Leben erweckt werden könne. Beide wünschen sich eine intensivere und objektivere Berichterstattung durch die Medien.