Die Privatspitäler stehen vor enormen Herausforderungen. Die gegenwärtige Situation ist von einer starken Marktfragmentierung geprägt. Die Auslastung sinkt unter anderem wegen des Trends von stationärer zu ambulanter Behandlung. Die Verschuldung der Spitäler steigt, da aufgrund falscher oder aufgestauter Investitionen in der Vergangenheit Investitionen in Gebäude und technische Geräte nötig sind. Weiter besteht eine grosse politische Unsicherheit. Die Strukturprobleme im Privatspitalmarkt spiegeln sich im Rückgang der Anzahl selbstständiger Privatspitäler.
Zwischen 1997 und 2003 hat sich die Zahl selbstständiger Privatspitäler um 13 Einheiten (bzw. 9%) reduziert. Ein Ende dieses Prozesses ist nicht absehbar. Ausserdem ist zu beobachten, dass sich die Fallkosten von Privatspital zu Privatspital immer noch stark unterscheiden. Betriebswirtschaftlich suboptimal agierende Betriebe sind daher zu stabilisieren, sonst werden sie im Rahmen der fortschreitenden Konsolidierung vom Markt verschwinden. Die Ausweitung der Trägerschaft oder die Integration in eine Spitalgruppe sind zwei strategische Mittel, um aktiv an diesem Konsolidierungsprozess teilzunehmen.
Merkpunkte beim Verkauf
Für viele Direktionen von schweizerischen Privatspitälern ist es entscheidend, neue «Spitaltypen» zu evaluieren, welche den finanziellen Restriktionen sowie den marktbezogenen Anforderungen gerecht werden. Kooperationen stellen ein strategisches Szenario mit einer Vielzahl von Ausprägungsformen dar. Die Möglichkeiten gehen von einer rein vertraglichen Abmachung bis hin zu einer vollständigen Fusion. Der Verkauf eines Privatspitals durchläuft dabei verschiedene Phasen.
- In der Marketingphase werden potenzielle Investoren angesprochen. Für das Privatspital eröffnen sich dabei mehrere mögliche Strategien. Es kann allfällige nationale Investoren selektiv angehen oder aber mit Hilfe einer kontrollierten oder sogar öffentlichen Auktion breitere Kreise wie internationale Spitalgruppen oder Finanzinvestoren erreichen.
- In der Evaluationsphase informieren sich die Interessenten in Form einer so genannten Due Diligence (Kaufprüfung) über den gegenwärtigen Zustand des Spitals. Dabei werden vom Privatspital alle erforderlichen Daten und Informationen bereitgestellt und den Interessenten zugänglich gemacht.
- In der Verhandlungsphase werden mit den attraktivsten Interessenten bilaterale Verhandlungen geführt. Die Preisfindung und Vertragsausgestaltung werden dabei stark vom professionellen Verhalten der medizinischen und betrieblichen Führungsgremien der Spitäler wie auch vom öffentlichen Interesse abhängen.
Es ist wichtig, dass die am Verkaufsprozess beteiligten Personen des Privatspitals mit diesem Vorgehen vertraut sind. Es gibt in allen Phasen mögliche Stolpersteine, die im schlimmsten Fall zu einem Abbruch des Prozesses führen können. Von grosser Bedeutung ist insbesondere, dass die Bestandesaufnahme in der Vorbereitungsphase seriös und gründlich durchgeführt wird, weil alle nachfolgenden Phasen durch diese Arbeiten wesentlich beeinflusst werden. Erfahrungsgemäss wird jedoch in Privatspitälern häufig gerade diese Tätigkeit nicht konsequent umgesetzt.
Ärzte in die Ziele einbinden
Soweit möglich müssen die Interessen der Anspruchsgruppen derart abgestimmt werden, dass sie einem Verkauf des Privatspitals zumindest nicht hinderlich sind. Als wesentlicher Eckpfeiler muss bei Privatspitälern die Machtaufteilung zwischen Verwaltungs- resp. Stiftungsrat und der Direktion berücksichtigt werden. Beide Gremien müssen geeint den Verkauf unterstützen. Dies kann sichergestellt werden, indem die mit einem Verkauf zu erreichenden Ziele gemeinsam erarbeitet werden. Der Verkaufsprozess wird weiter massgeblich erleichtert, wenn die Kapitalgeber und die Ärzteschaft des Privatspitals bei der Zielfindung einbezogen werden.
Beispielsweise sind die Kapitalgeber wie Banken, Behörden und Stiftungen an einem Vorgehen interessiert, dass ihnen eine Optimierung der finanziellen Situation ohne Reputationsverlust ermöglicht. Auch für die Belegärzte müssen materielle und immaterielle Anreize geschaffen werden, damit sie unter einem neuen Eigentümer dem Privatspital die Treue halten.
Die Strukturen vieler Privatspitäler sind organisch gewachsen. Häufig bestehen rechtliche Strukturen, die einen Verkauf massgeblich behindern. Der Einfluss von allfälligen Stiftungen und Vereinen auf die Verkaufsfähigkeit des Privatspitals muss gründlich überprüft werden. In der Praxis trifft man beispielsweise noch auf dreistufige Strukturen mit Trägerverein, strategischer Managementgesellschaft und operativer Spitalführung. Diese Strukturen sind für Investoren häufig intransparent und tragen daher wenig zur Vertrauensbildung bei. Alle gesellschaftsrechtlichen Problemstellungen müssen soweit möglich vor dem Einstieg in den Verkaufsprozess gelöst werden.
Jeder Investor fordert einen «Business Case», damit er bereit ist, ein Unternehmen mit Kapital zu unterstützen. Es ist an der Direktion, die Entwicklungsmöglichkeiten des Privatspitals zu erarbeiten und potenziellen Interessenten zu kommunizieren. Dieser Ausblick muss einerseits die Strategie, die Marktpositionierung und die Wachstumspotenziale beinhalten. Andererseits muss jedoch auch eine glaubwürdige Finanzplanung mit möglichst positiven Cashflows vorgewiesen werden können.
Der zunehmende Wettbewerb im schweizerischen Privatspitalwesen forciert die Konsolidierung. Aufgrund des schwierigen Marktumfeldes sind mehr bisherige Eigentümer bereit, ein Privatspital zu verkaufen, als Investoren gewillt sind, ein Privatspital zu übernehmen. Viele Privatspitäler leben schon seit längerer Zeit von ihrer Substanz und dem Durchhaltewillen der Trägervereine und Banken. Früher oder später werden sie jedoch vor existenziellen Problemen stehen. Das betroffene Privatspital muss daher Transaktionen als strategisches Szenario prüfen und entsprechend sorgfältig planen, damit es sich von der grossen Anzahl potenzieller Verkaufsobjekte abhebt. Heutzutage erfüllen die meisten Privatspitäler die hohen Anforderungen eines erfolgreichen Verkaufs noch nicht. Es ist an der Zeit, sich der Neuausrichtung und der Zukunftsgestaltung zu stellen, solange dies noch aktiv möglich ist.
Gustav Baldinger, Senior Manager Corporate Finance & Recovery, PricewaterhouseCoopers; Nico Waldmeier, Senior Consultant PWC, Zürich.