Trends sind, zumindest in der klassischen Zukunftsforschung, ein Spezialfall
der Extrapolationen: Man geht von der Annahme aus, dass Daten der
Vergangenheit und deren Verknüpfung Regeln liefern, die auch in der Zukunft
richtungsweisend sind.
Dabei gibt es verschiedene Ebenen von Daten: Einerseits quantitative und
andererseits qualitative Daten, die sich scheinbar im Grad ihrer Objektivität
unterscheiden. Bei quantitativen Daten entsteht dabei schnell eine
Scheinsicherheit, die gefährlich sein kann. So zeigen die Geburtsdaten in
Grossbritannien von 1970 bis 1977 zwar einen nicht linearen Verlauf, machen
jedoch klar, dass der Trend negativ ist. Nimmt man dagegen nur die Daten von
1977 bis 1990, zeigt sich eine eher lineare positive Entwicklung. Ebenso
merkwürdige Erscheinungen sehen wir in der Schweiz gerade bei der
Rentenberechnung und der Frage der Lebenserwartung. Bei qualitativen Fragen
wird es noch schwieriger, denn die Position und Weltanschauung des
Betrachters tritt noch mehr in den Vordergrund. Aber immer sehen wir klar,
dass die entstehenden Prognosen oder Trendvoraussagen auf Daten der
Vergangenheit basieren.
Vergangene Ereignisse machen Trends
Unsere modernen Trendforscher sprechen nur in sehr sibyllinischen Worten
über ihre Methoden. Eine Ausnahme ist Matthias Horx, der deutlich sagt: «Die
Aufgabe der Trendforschung ist in allererster Linie Prognostik. Das widerspricht
der Idee der , denn alles, was man messen kann, wäre ja schon vorhanden.»
Aber auch «horxsche» Trends werden aufgrund einer umfassenden Lektüre von
Zeitschriften, Büchern, Katalogauswertungen und Befragungen gemacht.
Ehrlich gesagt, weiss niemand ganz genau, wie die eigentliche Gewichtung der
Quellen stattfindet. Der prognostische Teil besteht in der Zusammenführung
verschiedener Ergebnisse zu einem Trend und der Überzeugung, dieser Trend
werde in der Zukunft zumindest eine bestimmte Zeit weiterexistieren.
Grundlage aller existierenden Trends sind dabei Daten der Vergangenheit und
Gegenwart.
Für das Business der Zukunft wollen aber verschiedene Unternehmen Neues
beginnen und weniger den Pfaden der Vergangenheit folgen. Und genau jetzt
treffen wir auf die Gegentrends, die uns die Möglichkeit geben, neue Pfade,
neue Wege in die und in der Zukunft zu finden.
Es ist fast schon eine alte Wahrheit:Hinter jedem Trend verbirgt sich ein
Gegentrend. Doch damit nicht genug:Hinter jedem Trend kann sich sogar ein
ganzes Bündel von Gegentrends verbergen. Unsere Retrotrends sind natürlich
eine Antwort auf Trends, sind aber ihrer Natur nach selbst schon wieder
schwache Trends, die sich mit Daten belegen lassen. Für ein aufstrebendes
Unternehmen bieten sie die Chance, der Erste zu sein und nicht im Me-too-
Gerangel zu verschwinden.
Auch hier bietet Horx ein paar fast schon klassische Beispiele. Dem Trend zum
verfeinerten Geschmack steht ein sich langsam entwickelnder Trend
beispielsweise zum deftigen Essen gegenüber. Aber dem verfeinerten
Geschmack steht auch der Trend zur Prolikultur gegenüber (Stefan Raab ist
daran nicht ganz unschuldig). Dem Trend zum verfeinerten Geschmack steht
aber auch die Sehnsucht nach der neuen Einfachheit gegenüber.
Geschickte Kombinationen
Aus allen diesen Gegentrends lassen sich Kombinationen bilden, die dem
Unternehmen die Chance geben, selbst als neuer Trendsetter in den Markt zu
gelangen. Deutlich ist dies im Tourismus geschehen. Als der Trend zur
Virtualisierung ungeahnte Ausmasse annahm, entstand der Gegentrend zum
authentischen Erleben die Branche der Abenteuerreisen mit beschränkter
Haftung war geboren.
Das Gleiche gilt für den Trend zur Beschleunigung, die als Gegentrend die neue
Langsamkeit hat, was sich witzigerweise stark in der Restauration wiederfindet,
Slow Food ist mittlerweile ein «Renner».
Noch spannender wird es allerdings, wenn man in der Lage ist, Gegentrends zu
erkennen, die noch keine Bodenhaftung als sich entwickelnde und zu
beobachtende Gegentrends haben. Vielleicht haben wir die Fantasie, aus
bestehenden Trends zu erkennen, was noch gar nicht auf dem Markt ist, aber
schnell eine Marktchance haben könnte.
Die ganze Entwicklung des Cyberspace ist aus einem Gegentrend in der
Science-Fiction entstanden. In einer immer «smarter» werdenden Welt haben
wir vergessen, wie man Smart Food machen kann. Ein Gegentrend zum vollen
Kühlschrank könnte sein, dass der Inhalt wie Milch oder Obst einem
selbstständig mitteilt, wann er schlecht wird so praktisch können Gegentrends
sein. Ist der Trend zum Gegentrend also doch kein Widerspruch in sich selbst?
Nein, es ist der Gegentrend zum Trend.
Veranstaltungshinweis: Trendseminar
Am Dienstag, 14. Oktober, findet ein «Trendseminar» statt. Im Seminarhotel
Sempachersee referiert der im deutschsprachigen Raum führende Trend- und
Zukunftsforscher Matthias Horx über aktuelle Trends, Megatrends,
Gegentrends und Moden. Er zeigt, wie man die «Future-Fitness» von
Produkten und Unternehmen messen kann; der Schwerpunkt liegt dabei auf der
Tourismus-Branche. Am Roundtable nehmen Zukunftsforscherin Jeannette
Huber und Schweiz-Tourismus-Direktor Jürg Schmid teil. Baldige Anmeldung
(390 Fr. pro Person inkl. Mittagessen) über www.hotel-nottwil.ch.