Es tönt selbstgerecht aus der Teppichetage der Staatsbank: Chef Hansruedi Köng und seine acht Direktoren könnten nichts dafür, dass die Gewinne von Postfinance seit Jahren schrumpften. Externe Faktoren seien verantwortlich. Es wäre, so ein Verwaltungsrat, in einer solchen Situation unfair, die Geschäftsleitung dafür finanziell abzustrafen.
Der Verwaltungsrat will seinen Namen in diesem Zusammenhang nicht gedruckt sehen, derweil wird von der Medienstelle die These ins Licht gerückt, die Postbank sei ein Opfer der Umstände. Diese Argumentation zieht sich wie ein roter Faden durch die Kommunikation. So etwa: Gut zahlende Anleihen im Portefeuille mit hohen Zinscoupons seien am Auslaufen. Neu aufgenommene Anleihen zahlten fast nichts mehr.
Die Marge ist auf Sinkflug
Tiefe Zinsen führten dazu, dass Kundengelder kaum mehr rentabel angelegt werden könnten. Die Marge im Zinsgeschäft erodiere. Solange der Bund der Bank den Zugang zum Hypothekarmarkt verbiete, werde sich auch in Zukunft nichts daran ändern.
Interessant nur: Tiefe Zinsen dominieren das Geschäft von Postfinance nicht erst seit gestern. Die Gewinne sinken seit Jahren. Waren es 2013 noch 719 Millionen Franken, beträgt der zuletzt ausgewiesene Erfolg noch 229 Millionen.
Mitarbeitende müssen gehen
Umgekehrt proportional dazu verhalten sich die Gehälter der Geschäftsleitung: Sie beliefen sich 2013 auf rund 3 Millionen Franken, fünf Jahre später auf 4 Millionen. Die höchste Vergütung zugunsten des Bankleiters Hansruedi Köng stieg im selben Zeitraum von 529'000 auf 833'000 Franken.
Parallel dazu schrumpfte die Mitarbeiterzahl von 3921 auf 3746. Polemisch ausgedrückt: Der oberste Staatsbanker wurde fürstlich dafür belohnt, dass er Leute entliess.
Ex-Valiant-Banker im Vergütungsausschuss
Den hohen Anstieg der Topsaläre bewilligten die Mitglieder des Vergütungsausschusses: Marco Durrer, ein Ex-Banker der Konkurrentin Valiant, zusammen mit dem Zürcher Wirtschaftsanwalt und VR-Präsidenten Rolf Watter sowie mit dem Post-Finanzchef Alex Glanzmann.
Der Bundesrat skizzierte in der Antwort auf einen parlamentarischen Vorstoss von Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo Ende Mai die Verhältnisse: «Die durchschnittliche Vergütung einer Vollzeitstelle von Postfinance hat sich zwischen 2013 und 2018 um rund 3 Prozent erhöht, die der Geschäftsleitung um 43 Prozent und die des CEO gar um 64 Prozent.»
Bundesrat sieht keine Probleme
In Zeiten von Lohnstagnation würde sich mancher Büezer solche Aufschläge wünschen. Doch der Bundesrat befand, dass es «keine Anzeichen dafür gibt, dass Lohnpolitik und -entwicklung nicht mit der Eignerstrategie und dem Grundversorgungsauftrag im Einklang» stünden. Darauf beruft sich auch Postfinance. «Wir schliessen uns dieser Beurteilung an», so ein Sprecher. Jetzt, wo der Gewinn sinkt, will der Verwaltungsrat nichts von Verantwortung wissen.
Dabei hatte sich Postfinance das Unternehmertum gross auf die Fahne geschrieben. Als sie 2016 einen neuen Kadervergütungsplan für die Top 500 einführt, rühmt der Personalverantwortliche David Rohrbach, nun habe «auch Postfinance die Möglichkeit, herausragende Leistungen zu honorieren». Die Postbank fördere damit «das unternehmerische Denken und Handeln unseres Kaders».
«Eigenverursachte Schwächen»
Solche Verlautbarungen kommen in Bundesbern schlecht an. Claudio Kuster, Mitinitiant der Abzockerinitiative und rechte Hand von Ständerat Thomas Minder, sagt, das Verhalten von Postfinance sei «eine Farce und ein Schlag ins Gesicht jedes echten Unternehmers». Er fordert, dass das Vergütungssystem «grundlegend zu überarbeiten und an den Unternehmenserfolg zu koppeln» sei. Hinzu kämen «eigenverursachte Schwächen und eine unklare Strategie». «100'000-fache Kontosaldierungen und unzufriedene Kunden» seien ein klares Indiz dafür.
CVP-Wirtschaftspolitiker Leo Müller staunt, dass Postfinance die Tiefzinsphase «als exogenen Faktor» abtut. Für eine Bank sei der Finanzmarkt «ja immer ein externer Faktor». In dieser Logik müsste Köng auf Vergütungen verzichten, sollten die Zinsen steigen. Dies sei wohl kaum der Fall. Und SP-Wirtschaftspolitikerin Prisca Birrer-Heimo kritisiert: «Das ist eine ziemlich fragwürdige Entwicklung bei einem Staatsunternehmen.» Sie trage «nicht dazu bei, das Vertrauen in die Leitung und die Glaubwürdigkeit ihrer Forderungen nach einer Teilprivatisierung zu stärken».